Von New York nach Hessen Naomi Beckwith übernimmt die künstlerische Leitung der documenta 16 in Kassel

Naomi Beckwith vom Guggenheim Museum in New York wird die künstlerische Leitung der documenta 16 übernehmen. Das hat die internationale Findungskommission bestimmt. Die nächste Weltkunstausstellung findet 2027 statt.

Naomi Beckwith
Naomi Beckwith übernimmt die künstlerische Leitung der documenta 16. Bild © Stefanie Küster/hr

Weißer Rauch kündigt die Wahl eines neuen Papstes an, bei der neuen künstlerischen Leitung der documenta 16 reichte eine Mail. Der Inhalt: die Einladung zur Pressekonferenz im UK14, einer Eventlocation nahe dem Fridericianum. 

Dort hat am Mittwoch der Geschäftsführer der documenta, Andreas Hoffmann, die wichtige Personalie bekannt gegeben: Naomi Beckwith, stellvertretende Direktorin und Chefkuratorin des New Yorker Solomon R. Guggenheim Museums, wird die künstlerische Leitung der documenta 16 übernehmen.

"Besessen" von der documenta

"I am obsessed with documenta", sie sei besessen von der documenta, sagte Beckwith bei ihrer Vorstellung. Es sei ein "absolutes Geschenk, die Ausstellung leiten zu dürfen. Bezugnehmend auf die vergangene documenta im Jahr 2022 betonte sie, als Leitung habe sie keine Toleranz für Rassismus, Antisemitimus und jegliche Form von Diskriminierung in der Ausstellung.

Die 48-jährige Chicagoerin tritt die Nachfolge des indonesischen Künstlerkollektivs Ruangrupa an, das die umstrittene documenta fifteen im Jahr 2022 kuratiert hat. Die Schau war von massiven internationalen Antisemitismus-Diskussionen überschattet worden.

Eine Frau in einem blauen Blazer kniet vor einem Mann in einem grauen Sakko. Sie unterhalten sich. Der Mann hat eine Hand auf seiner Brust. Im Hintergrund sind mehrere sitzende und stehende Personen sowie leere Stühle zu sehen. (Naomi Beckwith und Bernd Leifeld)
Sichtlich erfreut über die Benennung von Naomi Beckwith als künstlerische Leiterin der documenta 16 ist der ehemalige documenta-Geschäftsführer (1996 - 2014) Bernd Leifeld. Bild © Stefanie Küster/hr

Gremmels: "Mir fällt ein Stein vom Herzen"

"Die hochkarätige Findungskommission hat eine erstklassige Auswahl getroffen, so Oberbürgermeister Sven Schoeller. "Es gab nicht wenige, die die documenta im vergangenen Jahr bereits tot gesagt hatten. Aber wir haben immer an die documenta geglaubt."

Kunstminister Timon Gremmels (SPD) betonte, ihm falle "heute ein Stein vom Herzen". Die documenta sei eine Institution von großer auch internationaler Strahlkraft, aber auch von großer Verantwortung.

Verzögerungen im Findungsprozess

Ursprünglich hatte die Künstlerische Leitung schon früher berufen werden sollen. Allerdings sorgte die Aufarbeitung des Antisemitismus-Eklats um die documenta fifteen im Sommer 2022 für Verzögerungen.

Für die Entscheidung, wer die Geschicke der weltgrößten Kunstschau lenken soll, hatte die Findungskommission, bestehend aus Yilmaz Dziewior, Sergio Edelsztein, N'Goné Fall, Gridthiya Gaweewong, Mami Kataoka und Yasmil Raymond, lediglich knapp ein halbes Jahr Zeit. Erst im Juli 2024 waren sie mit der Suche nach einer künstlerischen Leitung beauftragt worden.

Pressekonferenz zur neuen künstlerischen Leitung der documenta 16: Eine Gruppe von drei Frauen und fünf Männern steht nebeneinander. Sie tragen formelle Kleidung und lächeln in die Kamera. Einige tragen lila Bänder mit Schildchen um den Hals.
Pressekonferenz in Kassel (v.r.): Mitglied der Findungskommission Gridthiya Gaweewong, documenta-Geschäftsführer Andreas Hoffmann, Kunstminister Timon Gremmels, künstlerische Leitung documenta 16 Naomi Beckwith, Oberbürgermeister Sven Schoeller, Mami Kataoka, Yilmaz Dziewior, Sergio Edelsztein, Mitglieder der Findungskommission. Bild © Stefanie Küster/hr

Erste Findungskommission trat zurück

Die Expertengruppe war bereits die zweite Findungskommission, die mit der Aufgabe betraut wurde. Die erste Kommission kam gar nicht dazu, ihre Arbeit aufzunehmen. Nach dem Rückzug eines israelischen Mitglieds und einer Diskussion um Antisemitismus-Vorwürfe gegen ein weiteres Mitglied trat das gesamte Gremium im November 2023 zurück.

Die Weltkunstschau in Kassel gilt neben der Biennale in Venedig als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst. Die documenta 16 soll vom 12. Juni bis 19. September 2027 stattfinden.

Weitere Informationen

Weltkunstausstellung documenta

Die documenta fand erstmals 1955 statt, zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Damals organisierte der Kasseler Maler und Akademieprofessor Arnold Bode im zerstörten Museum Fridericianum eine umfassende Übersichtsausstellung zur europäischen Kunst des 20. Jahrhunderts. Sein Ziel war es, die während des Nationalsozialismus als entartet diffamierten Künstler zu rehabilitieren und Deutschland in die Reihe der Kulturnationen zu integrieren.

Seither hat sich die documenta im zunächst vier-, später fünfjährigen Rhythmus zur weltweit bedeutendsten Ausstellungsreihe für Gegenwartskunst neben der Biennale in Venedig entwickelt. Seit 1972 kuratieren wechselnde künstlerische Leitungen die Ausstellung. Sie werden jeweils von einer international besetzten Findungskommission bestimmt.

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Redaktion: Katrin Kimpel und Stefanie Küster

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe