Neue Ausstellung in Bad Wildungen So prächtig lebte Napoleons Bruder in Hessen
Jahrzehnte haben sie in Depots geschlummert, jetzt strahlen sie in neuer Pracht: Eine Ausstellung in Bad Wildungen zeigt Möbel aus den Residenzen der hessischen Kurfürsten. Star der Ausstellung ist Jérôme Bonaparte, der jüngste Bruder von Kaiser Napoleon.
Zarte Stoffe, goldene Beschläge, pompöse Kerzenleuchter: Im Schloss Friedrichstein in Bad Wildungen (Waldeck-Frankenberg) zeigt die Museumslandschaft Hessen Kassel (mhk) in einer neuen Ausstellung Original-Möbel aus den Residenzen von König Jérôme Bonaparte, dem Bruder Napoléons, und der hessischen Kurfürsten vor 200 Jahren.
Die gelbe Fassade des Schlosses prägt das Stadtbild der kleinen Kurstadt. Bisher wurden hier Sammlungen zur Militär- und Jagdgeschichte gezeigt. Ab sofort können Interessierte dazu im Gästetrakt Möbel im Empire-Stil bewundern.
'König Lustig' als Star der Ausstellung
Jérôme Bonaparte ist der Star der neuen Ausstellung. Er feierte und spielte gern und wurde deshalb auch König Lustig genannt. Ebendieser Jérôme thront mit Krone und Purpurmantel auf einem Gemälde. Eine Besonderheit, wie Ausstellungskuratorin Antje Scherner weiß.
"Das ist der Zensur durch die Lappen gegangen", erklärt sie. Jerome habe eigentlich einen blauen Ornat tragen müssen, rot habe ausschließlich seinem Bruder, dem Kaiser, zugestanden. Ob das Ärger für den kleinen Bruder gegeben hat, ist nicht überliefert.
Immerhin durfte Jérôme sich König von Westfalen nennen. Eigens für ihn hatte Napoleon ein künstliches Königreich geschaffen. Dazu gehörten fast ganz Norddeutschland, Westfalen und Nordhessen – mit Kassel als Hauptstadt.
Das Furnier als Markenzeichen der Empire-Möbel
Jérôme residierte im Schloss Wilhelmshöhe und stattete seinen Hof mit Möbeln im Empire-Stil aus, dem Stil des Kaisers. Napoleon habe damit einen eigenen Stil erschaffen, so die Kuratorin, sein jüngster Bruder habe diesen dann mit nach Nordhessen gebracht.
Gezeigt werden in Bad Wildungen Kommoden aus edlem Mahagoniholz, Sofas und Sessel aus Samt und Seide. Schränke, Kommoden und Sofas haben vergoldete Beschläge und ein ganz besonderes Furnier. Es lohne sich, bei den Stücken ganz genau auf die Oberfläche zu schauen, so Scherner. "Wie mit der Maserung gearbeitet wurde, wie das Leben des Holzes aktiviert wird" - das sei eine große Stärke der Empire-Möbel.
Kultur und eine tolle Aussicht
Einst standen die herrschaftlichen Möbel im Schloss Wilhelmshöhe und im Kurfürstenpalais am Kasseler Friedrichplatz, das im 2. Weltkrieg den Bomben zum Opfer fiel. Die Möbel konnten gerettet werden, fristeten aber seither ihr Dasein im Depot.
Den besonders schönen Stücken in der Ausstellung könnten weitere folgen, berichtet Natascha Callebaut, Pressesprecherin der mhk. Man habe noch mehr Möbel im Depot und hoffe, den reichhaltigen Schatz bei weiteren Sonderausstellungen zu zeigen.
Übrigens: Nicht nur die Ausstellung lohnt für einen Besuch. Von der Terrasse hat man bei gutem Wetter eine spektakuläre Fernsicht: schaut man Richtung Westen kann man den Blick über den Kellerwald schweifen lassen, nach Osten reicht die Aussicht bis hinter die Domstadt Fritzlar (Schwalm-Eder).
Sendung: hr4, 05.04.2023, 14.15 Uhr
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