Probenbeginn in Bad Hersfeld Festspiele versprechen "Big Show" mit einer Gangster-Ballade
Schillernde Figuren und mitreißende Musik in einer zwielichtigen Hinterhof-Atmosphäre - so skizzieren die Bad Hersfelder Festspiele ihre Saison-Premiere. Bei der "Dreigroschenoper" wird die Mackie-Messer-Geliebte von zwei sehr unterschiedlichen Künstlerinnen gespielt.
Mit großer Vorfreude und Neugier auf die Ensemble-Mitglieder sind Intendanz, Regie und Schauspieler zum Proben-Auftakt bei den Bad Hersfelder Festspielen zusammengekommen. Das Kreativ-Personal traf sich am Dienstag zu einer Leseprobe und einem Kennenlernen. Festspiel-Intendant Joern Hinkel verglich es mit einem "Blind Date".
Nun sind noch rund sechs Wochen Zeit, bis mit der Premiere von "Die Dreigroschenoper" das Freilicht-Theaterfestival am 21. Juni eröffnet wird. "Es wird eine bunte, schrille und wilde Gangster-Ballade mit viel Poesie und Humor, aber wenig Zeigefinger und Belehrung, dafür mit ganz viel Musik", so Hinkel.
"Es muss glamourös und düster sein"
Den 1928 uraufgeführten Bertolt Brecht-Klassiker in die Gegenwart zu übertragen und für Kenner und Neulinge gleichermaßen ansprechend zu inszenieren, ist die Aufgabe für Regisseur Michael Schachermaier. Das sei "einschüchternd und herausfordernd zugleich", befand der Österreicher.
Er wolle die Bühne in der Stiftsruine in einen zwielichtigen Hinterhof verwandeln und mit Licht und Schatten Atmosphäre erzeugen. Er werde einen Ort kreieren, an dem sich Huren, Gangster und Polizisten begegnen. "Es muss glamourös und düster zugleich sein."
Mackie Messer ist warmherzig und gefährlich
"Die Dreigroschenoper", sagte Schachermaier, "ist ein vielseitiges, funkelndes und dramatisches Sammelsurium. Vor allem sind es die schillernden Figuren und die sprühende Musik, die diese Geschichte zu einem spannenden Musik-Theatererlebnis machen." Er verspricht eine "Big Show".
Musikalisch weltbekannt ist "Die Moritat von Mackie Messer". Verkörpert wird der Verbrecher Macheath, genannt Mackie Messer, von Simon Zigah, der schon von 2006 bis 2009 in Bad Hersfeld auf der Bühne stand. "Nun ist es wie nach Hause gekommen." Auf diese große und einmalige Bühne zurückkehren zu dürfen, sei etwas Besonderes, so Zigah. "Ich habe jahrelang daran gedacht." Intendant Hinkel freut sich auf Zigahs besondere Ausstrahlung: "warmherzig und gefährlich" zugleich.
Auf der 1.400 Quadratmeter großen Bühne wird sich Zigah einen Konkurrenz- und Existenzkampf mit einer so genannten Bettel-Mafia liefern. Deren Boss, "Geschäftsmann" Peachum, wird gespielt von Götz Schulte. Die Rolle von Peachums Frau Celia wurde mit Katharina Pichler und die Rolle der Tochter Polly mit Gia Osthoff besetzt.
Besonders im Blickpunkt stehen auch Anna Loos und Lilo Wanders, die sich die Rolle der Jenny und Mackie Messer-Geliebten und -Verräterin teilen werden. Loos ist unter anderem bekannt für ihre Auftritte in der ZDF-Krimireihe "Helen Dorn" und der Fernsehserie "Weissensee" (ARD), zudem hat sie schon Musical-Erfahrung ("Cabaret") gesammelt.
Das Freilicht-Theater empfindet Loos als herausfordernd: Es könne viel Unvorhergesehenes passieren. "Beim Singen fliegt einem eine Mücke in den Mund oder es kann regnen. Und auf dieser großen Bühne braucht man eine umso größere Präsenz."
Auf diese Präsenz ist Intendant Hinkel gespannt: Loos verleihe ihren Figuren oft eine brüchige Zerrissenheit und eine glühende Rastlosigkeit. "In allem Strahlen schwingt bei ihr immer ein Abgrund mit. Das macht sie für mich zu so einer faszinierenden Darstellerin."
Travestie-Künstlerin will keine Doublette spielen
Lilo Wanders, die in den letzten fünf Vorstellungen für die terminlich verhinderte Anna Loos einspringen wird, freut sich auf ihre Auftritte mit einer eigenen Note. Sie werde eine gewisse Eigenständigkeit in ihrer Rolle zeigen und keine Doublette liefern wollen, kündigte die Travestie-Künstlerin an.
Loos und Wanders kennen sich übrigens seit langem. Früher spielten sie mal zusammen Theater auf der Hamburger Reeperbahn. Und Loos war als Babysitterin für die Kinder von Lilo Wanders (bürgerlich Ernie Reinhardt) im Einsatz, wie die beiden erzählten.
Freuen dürfen sich die Zuschauer in Bad Hersfeld auch auf Aljoscha Stadelmann. Bekannt ist er aus "Tatort"-Krimi-Rollen und der TV-Reihe "Harter Brocken" (ARD). Dort spielt er einen trottelig wirkenden, aber schlauen Polizisten, in Bad Hersfeld ist er der Polizei-Chef Tiger-Brown.
Auf dem weiteren Programm der Festspiele, die bis zum 18. August laufen werden, stehen eine Neuinszenierung des Broadway-Musicals "A Chorus Line", die Komödie "Der Vorname", das Schauspiel "Wie im Himmel" und für Kinder eine Wiederaufnahme des Stücks "Das kleine Gespenst".
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 07.05.2024, 19.30 Uhr
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