Probleme mit Lärm, Naturschutz, Anwohnern Wenn das liebste Open-Air-Festival auf der Kippe steht

Open-Air-Festivals haben ein eigenes Flair und dadurch viele Fans: Coole Bands mitten im Wald, Theater vor historischer Kulisse - das ist besonders. Aber mitunter auch problematisch. Einige Festivals standen in den vergangenen Monaten kurz vor dem Aus.

Musiker auf einer gelb-rot erleuchteten Bühne.
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Ab April bis weit in den September hinein finden in Hessen jede Menge Festivals statt. In der Stadt genauso wie auf dem Land, mal mit Musik, mal mit Theater. Manche Festivals werden von professionellen Veranstaltern ausgerichtet, andere werden von kleinen Vereinen mit ehrenamtlichen Helfern gewuppt.

Derzeit ist für sie eine kritische Phase. Ticketverkäufe müssen starten, um das wichtige Weihnachtsgeschäft mitzunehmen. Deswegen müssen Locations feststehen und Bands gebucht werden. Doch unter anderem der Standort ist immer wieder ein Problem. Beispiele aus Hessen.

Das Golden Leaves Festival und der Standort

Festivalbühne mit Publikum
2023 war das Chemnitzer Trio Blond einer der Topacts des Golden Leaves Festivals. Bild © Stefan Holzem

Das Golden Leaves Festival begeistert seit zehn Jahren mit Indie, Rock und Pop im Schlosspark in Darmstadt-Kranichstein. Aber damit ist seit diesem Sommer Schluss. Rund um das Veranstaltungswochenende hatte es extrem viel geregnet, so dass der Park insbesondere durch den Aufbau der Bühnen und das tanzende Festivalpublikum stark in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Deswegen entschied die Stiftung Hessischer Jägerhof, die den Park unterhält, dass künftig keine Veranstaltungen dieser Dimension mehr auf dem Außengelände des Jagdschlosses stattfinden sollen. Gekommen waren fast 7.000 Besucher. Für 2024 brauchte das Festival also einen neuen Standort. Der war zwar bald gefunden - das Gelände am Steinbrücker Teich sollte es sein.

Aber es gab enorme bürokratische Hürden: Zum Beispiel sollten Getränkelieferanten und die Bühnencrew nicht aufs Gelände fahren dürfen. Ein zeit- und nervenraubendes Hin und Her mit den verschiedenen Ämtern habe begonnen, erzählt Dominik Schmidt, der Vorstand des Veranstaltervereins.

Am 7. Dezember dann die gute Nachricht: Ein Runder Tisch mit Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) brachte den Durchbruch. Das Festival 2024 kann tatsächlich am neuen Standort stattfinden.

Barock am Main und der Nachbarschaftsstreit

Ein einzigartiges Theaterfestival ist das Barock am Main in Frankfurt Höchst. Seit 2005 spielt die Truppe um den Schauspieler und Volksbühnen-Leiter Michael Quast Molière-Stücke auf hessisch. Dreieinhalb Wochen lang Theater unplugged, also ohne technische Verstärkung, vor rund 10.000 Besucherinnen und Besuchern - und in der Regel auf der Bühne im Garten des Bolangaro-Palastes.

Michael Quast als "Geiziger" bei Barock am Main 2023
Michael Quast als "Geiziger" bei Barock am Main 2023 Bild © Frankfurter Volksbühne

Der wird allerdings gerade renoviert, deshalb musste die Theater-Truppe ab 2017 in den Hof der Höchster Porzellanmanufaktur ausweichen. Dort brach allerdings ein Streit mit einem Anwohner aus, der bislang nicht gelöst werden konnte.

Deswegen beschloss Quast, Barock am Main für 2024 abzusagen, wie er kürzlich mitteilte. Er suche nach einer Alternative, wie er dem hr bestätigte. Sonst hätten die rund 60 Menschen, die in das Festival involviert sind, keine Einnahmen. Für 2025 hofft er auf eine Rückkehr in den Bolongarogarten. Ob das auch klappt, ist noch unklar.

Love Family Park: Immer wieder dieser Lärm

Das Festival Love Family Park musste schon mehrmals den Standort wechseln: von Hanau nach Mainz-Hechtsheim, dann nach Rüsselsheim. Immer wieder gab es Probleme mit Lärm und Naturschutz. In diesem Jahr wagte die Stadt Frankfurt das Experiment: Das Festival durfte aufs Rebstockgelände, 10.000 Menschen tanzten einen Tag lang zu Elektromusik, es gab drei Bühnen.

Die Stadt schaute dabei besonders kritisch auf den Lärmpegel, das Müllkonzept und die Reaktionen der Anwohner. Eine Zeit des Bangens für den Veranstalter Cosmopop, der sich lange fragte: Darf das Festival auch 2024 stattfinden?

Am 11. Dezember dann die Entscheidung: Auch im nächsten Jahr dürfen die Sounds am Rebstock wummern. Allerdings nur mit 65 Dezibel, es wird auch nur noch zwei Bühnen geben und die Besucherzahl bleibt auf 10.000 begrenzt. Dafür kann das Festival an zwei Tagen stattfinden. Techno-Papst Sven Väth hat immerhin schon zugesagt.

Ein Festival will wachsen: das Sound Garten Open Air

Mitten in der Corona-Krise wurde das Sound Garten Open Air in Bad Sooden-Allendorf (Werra-Meißner) ins Leben gerufen, ein Deutschpop-Festival, dass zum Erfolgsprojekt wurde: Bis zu 10.000 Besucher strömen seither jedes Jahr ans Werra-Ufer. Auch die auftretenden Musiker und Musikerinnen wurden immer prominenter: Wincent Weiss, Johannes Oerding, LEA oder Max Giesinger ließen sich zu diesem Event aufs Land locken.

Der Festival-Betreiber Hessensound wollte deshalb die Bühne erweitern und dafür ein altes Bootshaus zurückbauen - traf dabei aber auf großen Widerstand in der bei Magistrat und Stadtverordnetenversammlung. Doch dann schaltete sich die Fangemeinde ein: Initiativen wurden gegründet, Unterschriften gesammelt und es kam zu einem Bürgerentscheid, bei dem 80 Prozent der Wahlberechtigten pro Festival stimmten.

Und jetzt steht fest: Die Bühne kann vergrößert werden, das Sound Garten Open Air kann auch 2024 wieder stattfinden. Voraussichtlich auf der Bühne: Stars wie Mark Foster und Wincent Weiss.

Weitere Informationen

Sendung: hr2, 18.12.2023, 7.35 Uhr

Redaktion: Yvonne Koch, Sonja Fouraté

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Quelle: hessenschau.de