Von Komponieren bis Dirigieren Hochschulprojekt kreiert Musik für Stummfilme
Ein Konzertsaal, der zum Kino wird, ist der Schauplatz des Projekts "Musik für Stummfilme". An der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt vertonen Musikstudierende die Werke ihrer Film-Kollegen.
Stummfilme flackern über die Leinwand im kleinen Saal der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt (HfMDK). Still ist es trotzdem nicht im Raum. Unter der Leinwand sitzt die Kammerphilharmonie Frankfurt und spielt die Musik zu den Filmen live.
Dirigiert wird das Orchester von Studierenden der Hochschule. Aus deren Feder stammt auch die Musik, die die Filme mal mit lauten, wilden und dann wieder mit ganz sanften Tönen begleitet.
Moderner Stummfilm
Die Filme, für die die Studierenden komponieren, stammen aus dem Hochschulnetzwerk der hessischen Film- und Medienakademie (hFMA). Die Filme seien in der Regel bereits vertonte Werke, erklärt Projektleiter Prof. Ralph Abelein. "Wir haben von den Filmemachern das Recht bekommen, eine neue Musik dazu zu komponieren."
Die Filme sind modern, zeigen mal 2D-Animationen, spielen mit abstrakten Formen oder verarbeiten das komplizierte Verhältnis von Mensch und Natur in einem Splattermovie. Zeitgleich kommt trotzdem das Gefühl des Stummfilms zurück, erklärt Ralph Abelein, "indem es eben nur zwei Ebenen gibt: die Musik und die Bilder."
Verbindung von Theorie und Praxis
Das 2021 mit dem hessischen Hochschullehrpreis ausgezeichnete Projekt ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance, weiß Ralph Abelein. Es sei zeitintensiv, "aber es ist natürlich auch toll zu sehen, wie die Studierenden daran wachsen".
Das Komponieren, das Leiten eines Orchesters. "Die Professionalisierung ist toll zu sehen und eine Bestätigung, dass solche Praxisprojekte einfach ihren Platz haben in der Ausbildung."
Interdisziplinäres Projekt
Schon im ersten Semester hatte Clara Wacker eine Aufführung von "Musik für Stummfilme" gesehen. "Eine Studentin hat damals gesagt: Es wäre toll, wenn auch mehr Komponistinnen dabei wären." Und Clara Wacker wusste, dass sie es gerne probieren möchte. Dieses Jahr habe sie sich bereit gefühlt, erklärt die Lehramtsstudentin.
Dass sie bei dem interdisziplinären Projekt auch als Lehramtsstudentin einmal den ganzen Prozess – vom ersten Sichten des Films, über das Komponieren der Musik bis hin zur Leitung des Orchesters – durchlaufen kann, findet sie toll. "Wenn man am Ende alles zusammenbringt und der Film dazu läuft – das ist total überwältigend."
Der Film macht die Musik
Sören Riesner nimmt schon zum zweiten Mal an dem Projekt teil. "Es ist immer ein grandioses Gefühl", erzählt er nach der ersten Probe mit dem Orchester. "Mit dem Film ist es noch mal ein bisschen prickelnder, weil man auch einfach noch eine Koordinations-Ebene mehr hat."
Denn neben dem Komponieren dirigieren die Studierenden auch selbst. Der Film gibt das Timing vor. Keine leichte Aufgabe. "Es ist wirklich ein musikalisches oder ein multimediales Happening, was in diesem Saal passiert."
15-jähriges Jubiläum
Ralph Abelein ist seit der ersten Stunde dabei. Entstanden ist das Projekt aus einer Kooperation mit der Goethe-Universität, erinnert er sich. In einem zweijährigen Seminar setzten sich die Studierenden beider Hochschulen mit dem frühen Stummfilm auseinander.
Das Ergebnis wurde in einer Aufführung präsentiert. "Die war so erfolgreich und so fruchtbar auch für unsere Studierenden, dass wir gedacht haben wir dürfen so ein Projekt nicht sterben lassen", erzählt Abelein. Seither habe die Hochschule das Projekt weitergeführt, so dass in diesem Jahr das 15-jährige Jubiläum gefeiert werden kann.
Sendung: hr4, 06.11.2023, 12:30 Uhr
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