Rätselhaftes Erbe in Fulda 1.500 Jahre altes Skelett in Ikea-Tasche entdeckt

Eine Ikea-Tüte mit Knochen, eingewickelt in Zeitungspapier aus den 1960er Jahren, ist der Fuldaer Stadtarchäologie übergeben worden – die Überreste eines alten Germanen, die auf ungewöhnlichem Weg in die Stadt gelangten.

Knochen und Gebeine liegen auf einer Tischoberfäche.
Die Überreste deuten auf ein Skelett einer einzelnen Person hin - es sind wohl die Überreste eines Germanen aus Niedersachsen. Bild © Thomas Kurella (hr)

Vorsichtig greift Archäologin Milena Wingenfeld in die blau-gelbe Ikea-Tüte und holt ein Bündel aus zerknittertem Zeitungspapier aus den 1960er-Jahren heraus. Darin eingewickelt sind Knochen eines menschlichen Skeletts.

 Für die Wissenschaftlerin eine Kostbarkeit – auf bizarrem Weg nach Fulda gelangt, zu ihr in den Archivraum der Stadt- und Kreisarchäologie. Ein ehrenamtlicher Helfer der Fuldaer Kreisarchäologie hatte die Tüte bei ihr abgegeben, wie Wingenfeld sagt.

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Ein Skelett für die Mithilfe bei einer Ausgrabung

Dieser hatte die menschlichen Überreste wiederum von einem verstorbenen Freund geerbt. Vor seinem Tod hatte der Mediziner erzählt, dass er in jungen Jahren, etwa in den 1960er-Jahren, bei einer archäologischen Ausgrabung auf einem Gräberfeld in Göttingen in Niedersachsen geholfen hatte.

Als Dank für seine Arbeit habe er sich demnach eines der freigelegten Skelette aussuchen dürfen. "Er durfte sich ein Skelett einfach mitnehmen. Das hört sich für uns heute sehr seltsam an", sagt Wingenfeld.

Trotzdem geht sie davon aus, dass wohl alles mit rechten Dingen zuging: "Man erkennt, dass der Mediziner eine Bildung auf diesem Gebiet hatte, weil er die Skelett-Teile vorsortiert hat."

Milena Wingenfeld untersucht die Knochen, die in Zeitungspapier gewickelt sind.
Milena Wingenfeld ist Stadt- und Kreisarchäologin in Fulda. Bild © Thomas Kurella (hr)

Geschlecht und Alter werden noch erforscht

Zwei Oberschenkel-Knochen, Kieferteile, zwei Kniescheiben, Schädelstücke, Armknochen und ein Rückgrat mit Rippen befanden sich in der Tüte, sortiert nach anatomischen Gruppen. "Es scheint sich um das Skelett eines einzelnen Individuums zu handeln", vermutet Wingenfeld.

Wie alt der Mensch war oder welches Geschlecht er hatte, lasse sich auf Grundlage der jetzigen Erkenntnisse nicht sagen. Beigaben aus dem Grab, die bei der Datierung helfen könnten, fehlten. Ein Radiologe soll diese Fragen nun klären. Er untersucht die Gebeine in der kommenden Woche.

Teile eines Kiefers sind zu erkennen.
Eingewickelt in Zeitungspapier: Teile eines Kiefers sind zu erkennen. Bild © Thomas Kurella (hr)

Skelett ist wohl 1.500 Jahre alt

Hoffnung auf die Frage nach dem Ursprung des rätselhaften Skeletts machte eine Veröffentlichung, die Wingenfeld zwischen den Knochen fand: eine wissenschaftliche Publikation über ein Gräberfeld bei Göttingen.

Demnach dürfte der oder die Tote in der Zeit der Germanen bestattet worden sein – Schätzungen zufolge also vor etwa 1.500 Jahren.

Wingenfelds Kollegen bei der Kreisarchäologie Göttingen bestätigten nun, dass das Germanen-Skelett aus Fulda eigentlich nach Niedersachsen gehört. Nach knapp 60 Jahren auf Irrwegen kehrt das Skelett bald in seine Heimat Göttingen zurück.

Redaktion: Sophia Averesch

Sendung: hr4,

Quelle: hessenschau.de