Nach Rassismus-Eklat in Kassel Minister Gremmels entlässt HKH-Direktor Eberle
Martin Eberle, Chef von Hessen Kassel Heritage (HKH) und Leiter einer der größten Kultureinrichtungen Deutschlands, ist seinen Job los. Kunstminister Gremmels verkündete seine Entlassung. Der Grund: eine rassistische Äußerung gegenüber dem Kulturbeirats-Vorsitzenden David Zabel.
Der Kunsthistoriker Martin Eberle ist nicht länger Chef von Hessen Kassel Heritage (HKH). Kunstminister Timon Gremmels (SPD) verkündete am Donnerstag im Schloss Wilhelmshöhe das Aus für den Direktor einer der größten Kunst und Kultureinrichtungen Deutschland. Das Ministerium hatte am Morgen kurzfristig zu einem Pressestatement eingeladen.
Wegen einer rassistischen Äußerung gegenüber Eberles Kollegen David Zabel sei das Ministerium nicht bereit, weiter mit Eberle zusammenzuarbeiten, sagte Gremmels: "Unter meiner Leitung ist klar: Rassistische Äußerungen und Handlungen von Führungskräften der Landesverwaltung werden nicht toleriert. Von allen Mitarbeitenden des Landes erwarten wir Respekt, Akzeptanz und Offenheit."
Zudem solle der Ruf der HKH nicht weiter beschädigt werden. Die Kündigung habe er am Vorabend einer außerordentlichen Personalkonferenz persönlich überbracht, sagte Gremmels weiter.
Mit Schuhcreme-Spruch beleidigt
Der Kündigung vorausgegangen waren heftige Vorwürfe gegen Eberle. Dieser hatte im Oktober am Rande einer Kulturveranstaltung seinen Kollegen Zabel mit einem Schuhcreme-Spruch rassistisch beleidigt und es sogar mit den Worten "ich sag mal was Rassistisches" angekündigt. Eberle hatte die Äußerung vor einer Woche öffentlich eingeräumt.
Wirksam werde die Kündigung zum Ende des zweiten Quartals, erklärte Gremmls am Donnerstag. Bis dahin sei Eberle freigestellt. Die Nachfolge werde zügig neu ausgeschrieben. Bis dahin würden Eberles Stellvertreter die Arbeit weiterführen.
"Trotz des inakzeptablen Vorfalls möchte ich die kuratorische Arbeit von Professor Eberle würdigen", erklärte der Minister weiter. "Unter seiner Leitung konnte Hessen Kassel Heritage neue Besuchergruppen erschließen und ein breiteres Publikum erreichen." HKH sei in den vergangenen herausfordernden Zeiten wie während der Corona-Pandemie und der Energiekrise immer handlungsfähig und finanziell stabil geblieben. "Das ist ebenfalls ein bleibendes Verdienst von Professor Eberle."
David Zabel: Entlassung "die einzig richtige Entscheidung"
Der Kulturbeiratsvorsitzende David Zabel bezeichnete die Verkündigung des Ministers am Donnerstag als "die einzig richtige Entscheidung". Das Thema habe eine gewisse politische Tragweite. "Mir ist wichtig, dass auf diesen Fall geschaut wird", so Zabel, auch um anderen Betroffenen Mut zu machen, Rassismus offen anzusprechen und sich Verbündete zu suchen.
Zabel ist Schwarz und setzt sich seit vielen Jahren gegen Rassismus und für gesellschaftlichen Zusammenhalt ein. Gleichzeitig engagiert er sich dafür, strukturelle Ungleichheiten abzubauen.
Kritik äußerte er jetzt an der Dauer der Entscheidungsfindung von Seiten des Ministeriums. Drei Monate liege der Fall dort vor, so Zabel, "das ist zu lang" - gerade weil der Fall "zu klar, zu heftig und das Vergehen zu unstrittig" gewesen sei. Allerdings sei er mit den arbeitsrechtlichen Schritte nicht ausreichend vertraut, um die Vorgänge vollends zu durchblicken. Die vergangenen Wochen beschrieb Zabel als "eine extrem strapaziöse Zeit", durch die ihn die Unterstützung vieler Menschen aus seinem Umfeld und der Stadtgesellschaft getragen habe.
Ausgangspunkt für die rassistische Bemerkung war ein Dialog im Vorfeld einer Sitzung des Kulturbeirats. Eberle war verhindert und Zabel machte den Vorschlag, Eberle solle für diesen Termin Aymen Hamdouni, den Diversitäts-Beauftragten von der HKH, in Vertretung schicken. Bei dem Termin habe kulturelle Teilhabe als größter Punkt auf der Tagesordnung gestanden, Hamdounis Fachgebiet. Eberle hatte allerdings andere Pläne, und dabei kam es zu dieser Entgleisung.
Zabel brachte den Vorfall durch eine Bemerkung bei der Demonstration "Brandmauer wieder aufbauen" Anfang Februar öffentlich ins Rollen. Da stand er als Redner auf der Bühne und bezeichnete Eberle als "rassistischen Landgrafen".
![Ein Mann mit dunklen Locken und einem schwarzen Schnurrbart. Er ist Schwarz und trägt ein weißes Hemd mit blauem Muster.](https://www.hessenschau.de/kultur/david-zabel-100~_t-1738941720122_v-16to9__small.jpg 320w, https://www.hessenschau.de/kultur/david-zabel-100~_t-1738941720122_v-16to9__medium.jpg 480w, https://www.hessenschau.de/kultur/david-zabel-100~_t-1738941720122_v-16to9__medium__extended.jpg 640w, https://www.hessenschau.de/kultur/david-zabel-100~_t-1738941720122_v-16to9.jpg 960w, https://www.hessenschau.de/kultur/david-zabel-100~_t-1738941720122_v-16to9__retina.jpg 1920w)
Kritik an Eberle nicht neu
Das Land Hessen und damit Minister Gremmels ist Dienstherr von Eberle. Denn die HKH verwaltet die kunst- und kulturhistorischen Liegenschaften und Sammlungen des Landes in und um Kassel. Dazu gehören beispielsweise das Schloss Wilhelmshöhe, der Bergpark als UNESCO-Welterbe, aber auch die Karlsaue oder das Schloss Wilhelmsthal in Calden (Kassel) - dazu mehrere Parks und Museen.
An Eberle gab es auch im Vorfeld der rassistischen Äußerung Kritik. So soll er den Namen Hessen Kassel Heritage gegen Kritik durchgesetzt haben - vorher hieß die Einrichtung Museumslandschaft Hessen Kassel. Nach Medienberichten gab es zudem geteilte Meinungen von Mitarbeitenden an seinem Führungsstil.
Stadt und verschiedene Initiative bekunden Solidarität mit Zabel
Für Zabel gab es zuletzt viel Zuspruch. Zunächst aus seinem Umfeld, aber auch aus der Stadt und von verschiedenen Initiativen. Oberbürgermeister Sven Schoeller (Grüne), der zugleich Kulturdezernent der Stadt ist, hatte Eberle frühzeitig einen Amtsverzicht nahegelegt. Eberle habe sich als "ungeeignet erwiesen", die bisherige Funktion bei Hessen Kassel Heritage weiter zu bekleiden. Die Äußerungen bezeichnete Schoeller als "zutiefst rassistisch und absolut inakzeptabel". Schoeller begrüßte die Entscheidung des Ministers am Donnerstag.
Zuletzt hatte der Magistrat Eberle das Vertrauen als Mitglied des Kulturbeirates entzogen und einstimmig beschlossen, dass die HKH künftig eine Vertretung schicken soll. Der Kulturbeirat ist ein Gremium, das die Stadt in allen kulturellen Belangen berät. Zabel ist der Vorsitzende.
Zuvor hatte sich der Verein Streetbolzer - ein Verein, der Aktivitäten für Kinder und Jugendliche anbietet und wo Zabel auch Mitglied ist - hinter ihn gestellt und ein Statement auf Instagram veröffentlicht. Darin bezeichnen sie Eberles Äußerungen als "nicht akzeptabel". Auch die Initiative Offen Für Vielfalt, die sich für Weltoffenheit und gegen Ausgrenzung einsetzt, kritisierte Eberle deutlich.