Festhalle Frankfurt Protest vor Roger-Waters-Konzert: "So jemanden wollen wir hier nicht"
Vor einem Konzert von Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters am Sonntag in Frankfurt haben hunderte Menschen vor der Festhalle gegen Judenhass und Antisemitismus protestiert. Der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef fand deutliche Worte.
Vor dem umstrittenen Konzert des britischen Rockmusikers und Pink-Floyd-Mitbegründers Roger Waters am Sonntag in der Frankfurter Festhalle haben Vertreter aus der Politik und von Religionsgemeinschaften zu einem entschiedenen Eintreten gegen Antisemitismus, Hass und Hetze aufgerufen.
Dem 79-Jährigen werden seit längerem unter anderem israelfeindliche und antisemitische Äußerungen vorgeworfen. Waters soll unter anderem die Kampagne Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) unterstützen, die für einen Israel-Boykott eintritt.
"Judenhass ist überall in unserer Stadt zu verurteilen", sagte der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) auf einer Kundgebung vor der Festhalle. "Es gibt keinen Grund, einen Menschen wegen seiner Religion zu hassen, zu beleidigen und anzugreifen."
Oberbürgermeister: "So jemanden wollen wir hier nicht"
Es stehe für ihn außer Frage: Waters verbreite antisemitisches Gedankengut. "So jemanden wollen wir hier nicht." In der Festhalle habe ein Schritt des Zivilisationsbruches stattgefunden. "Es ist unerträglich, dass sich in dieser Halle wieder die Stimme des Judenhasses erhebt."
In die Frankfurter Festhalle waren 1938 während der Novemberpogrome mehr als 3.000 jüdische Männer vor dem Abstransport in Gefängnisse und Konzentrationslager zusammengetrieben worden.
"We don't need your education"
Rund 400 Menschen hatten sich am Sonntagnachmittag laut Polizei vor der Festhalle versammelt. Sie gedachten der Opfer der Nationalsozialisten, protestierten gegen den Rockmusiker und zeigten Solidarität mit Israel.
Der Protest eines breiten Bündnisses aus Politik, Religionsgemeinschaften und Zivilgesellschaft stand unter dem Motto "Frankfurt vereint gegen Antisemitismus".
Auf Plakaten waren abgewandelte bekannte Pink-Floyd-Titel zu lesen wie "We don't need your education" (dt. Wir brauchen Deine Lehren nicht) oder "We wish you were not here" (dt. Wir wünschten, Du wärest nicht hier).
"Möchten nicht tatenlos zusehen"
Bei dem Protest gehe es um ein deutliches Zeichen gegen Judenhass, betonten Vertreter der Jüdischen Gemeinde. "Wir möchten nicht tatenlos zusehen, wenn - gleich hier hinter uns - ein bekannter Antisemit und Verschwörungstheoretiker in Frankfurt wortwörtlich eine Bühne erhält", hieß es.
Der Antisemitismusbeauftragte der hessischen Landesregierung, Uwe Becker (CDU), erklärte, es dürfe in keiner Halle in Deutschland Hass gegen Jüdinnen und Juden gesungen oder zum Ausdruck gebracht werden. Es sei schrecklich zu begreifen, dass 85 Jahre nach der Pogromnacht 1938 die Ereignisse verharmlost, dass Hass und Hetze verbreitet würden.
Eine Handvoll Waters-Unterstützer
Auch eine Handvoll Unterstützerinnen und Unterstützer von Waters zeigte sich vor der Festhalle. Unter anderem hieß es auf einem Plakat "Thank you, Roger !!!" (dt.: Danke, Roger !!!), dazu wurde ein Ausdruck der Gerichtsentscheidung präsentiert, die das Konzert am Sonntag möglich machte.
Ursprünglich sollte Waters' Show in Frankfurt wegen Antisemitismusvorwürfen abgesagt werden. Waters hatte dagegen geklagt und vom Frankfurter Verwaltungsgericht Ende April Recht bekommen.
Namen von NS-Opfern verlesen
Zu Beginn der Protest- und Gedenkveranstaltung hatten Schülerinnen und Schüler mehrere hundert Namen der 1938 von der Festhalle deportierten Juden verlesen - in alphabetischer Reihenfolge.
Bei dem Gedenken lasen der katholische Stadtdekan Johannes zu Eltz und der evangelische Prodekan Holger Kamlah aus Psalmen. Kamlah rief zum "Kampf gegen offenen und versteckten Antisemitismus" auf. Zu Eltz sagte mit Blick auf Waters: "Wenn unverantwortlich gesprochen wird, müssen wir aufstehen."
Ermittlungen wegen Volksverhetzung nach Berlin-Konzert
Am Freitag war bekannt geworden, dass die Berliner Polizei Ermittlungen gegen Waters wegen des Verdachts der Volksverhetzung aufgenommen hat. Hintergrund ist die Bühnenbekleidung des 79 Jahre alten Briten während seiner Konzerte am 17. und 18. Mai in Berlin.
Auf Videos in sozialen Medien ist Waters in einem langen schwarzen Mantel mit Schulterklappen und einer roten Armbinde zu sehen, auf der ein weißer Kreis mit einem Symbol abgebildet ist. Zwei Männer in schwarzer Uniform überreichen ihm das Imitat einer Maschinenpistole, mit dem er anschließend um sich schießt.
"Diese Zusammenstellung der Bekleidung sah einer SS-Uniform sehr ähnlich", sagte ein Polizeisprecher am Freitag. Bei dem Symbol habe es sich allerdings nicht um ein Hakenkreuz gehandelt.
"Der Anfangsverdacht liegt vor, da die Kleidung dazu geeignet ist, die Würde der Opfer des Nationalsozialismus zu verletzen, den Nationalismus zu verherrlichen und den öffentlichen Frieden damit zu stören", sagte der Behördensprecher.
Waters weist Vorwürfe zurück
Waters wies Vorwürfe von volksverhetzenden Elementen in seinen Berliner Konzerten zurück. Die Elemente seines Auftritts seien ein "klares Statement gegen Faschismus, Ungerechtigkeit und Fanatismus in jeder Form", erklärte Waters in der Nacht zum Samstag auf Twitter.
Versuche, die Konzerte anders darzustellen, seien unredlich und politisch motiviert, schrieb Waters. "Ich habe mein ganzes Leben lang gegen Autoritarismus und Unterdrückung die Stimme erhoben", betonte er.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 28.05.2023, 19.30 Uhr
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