Live-TV-Event zur Ostergeschichte Verregnete "Passion" versetzte Kassel in den Ausnahmezustand
Die Geschichte um Tod und Auferstehung von Jesus ist von RTL in Kassel als Großereignis inszeniert worden. Der Regen sorgte beim Publikum für vorzeitige Auflösungserscheinungen, mit der Einschaltquote zeigte sich der Sender aber zufrieden - besonders in einer Zielgruppe.
Fast nass bis auf die Haut wurden am Mittwochabend die Zuschauer bei der Passion, dem großen TV Spektakel von RTL auf dem Friedrichplatz in Kassel. 8.000 Zuschauer hatten Karten erworben, am Einlass gab es lange Schlangen. Vor dem einsetzenden Regen flüchteten im Laufe des Abends dann doch viele ins Trockene.
Die Stadt Kassel selbst wurde mit Einspielern von Schauplätzen wie dem Bergpark Wilhelmshöhe, dem Bahnhof oder auch der Markthalle in Szene gesetzt. Wer nach dem vielen Trubel noch ein wenig ins Gespräch kommen wollte, fand die Gelegenheit beim Rahmenprogramm der Kirchen in der benachbarten Karlskirche.
2,2 Millionen TV-Zuschauer
Mit den TV-Einschaltquoten zeigte der Privatsender sich zufrieden: 2,23 Millionen Menschen sahen die dreistündige Übertragung, das entspricht einem Marktanteil von 9,7 Prozent. Unter den jüngeren Zuschauern zwischen 14 und 49 Jahren kam sogar auf 12,4 Prozent.
In den Sozialen Medien sorgte das Spektakel unter dem Hashtag #DiePassion vor allem für belustigte Kommentare.
Prozession von der Stadthalle bis zum Friedrichsplatz
Der Leidensweg Jesu wurde an mehreren Schauplätzen in der Stadt live inszeniert und mit Popsongs in die heutige Zeit transportiert. Los ging es mit einer Prozession mit 800 Statisten an der Stadthalle, zentraler Spielort war eine große Bühne auf dem Friedrichsplatz. 100 Menschen trugen ein großes, leuchtendes Kreuz. Spektakuläre Bilder am Herkules wurden im Vorfeld gedreht und wurden bei der Show eingespielt.
Bei der Prozession waren viele Menschen aus Kassel dabei. Wie Familienvater Thomas Neumann, der sich selbst als aktiven Christen bezeichnet und mit Frau und zwei Kindern als "Mitläufer" angemeldet war. "Ich denke, diese Produktion ist eine gute Möglichkeit, die Botschaft von Tod und Auferstehung in die Welt zu tragen. Es ist vielleicht ein bisschen drüber. Aber Extreme sind in dieser Zeit durchaus nötig, damit es viele Leute anspricht", sagte er dem hr.
Stars und Sternchen brachte die Geschichte auf die Bühne
An der Aufführung des modernen Passionsspiels, das von Enttäuschung und Verrat, Hoffnung und Zuversicht, Vergebung und Glauben erzählt, waren viele Pop- und Showstars beteiligt. Sänger, Schauspieler und Moderator Ben Blümel übernahm die Hauptrolle des Jesus.
Dabei waren auch Jimi Blue Ochsenknecht als Judas, Francis Fulton-Smith als Pontius Pilatus, Timur Ülker als Petrus und Nadja Benaissa von den No Angels als Maria und Reiner Calmund in einer Gastrolle. Das gesamte Spektakel wurde live übertragen.
Jaenicke: "Kassel der richtige Ort für ein großes Treffen"
Vor Ort führte Schauspieler, Autor und Umweltaktivist Hannes Jaenicke als Erzähler durch die Ostergeschichte. Er erläuterte, dass der "Bevölkerungsmittelpunkt" von Deutschland ganz in der Nähe von Kassel sei, das ja mitten in der Bundesrepublik liegt. "Wenn wir also alle ein großes Treffen veranstalten würden, wäre Kassel der Ort dafür", sagte er.
Wie schon 2022 wurde der uralte Bibel-Stoff auf sehr moderne Weise erzählt. Jesus kam mit der Bahn und einige Jünger brausten auf E-Scootern heran. Für das letzte Abendmahl wurde italienische Kost geordert – fünf Ciabatta-Brote und zwei Pizzen. Belag: Frutti di Mare. Judas wiederum fiel erstmals sehr negativ auf, als er versuchte, ein fröhliches Skateboard-Kind in die Schranken zu weisen.
Beste Stimmung trotz Regens
Das Wetter war Zuschauern und Darstellern nicht hold. Vom Himmel fiel reichlich Regen. Die gebürtige Frankfurterin Benaissa gestand nach dem Auftritt, dass sie während der Vorstellung fror, trotz des Neopren-Anzugs, den sie unter ihrem Kostüm trug.
Ochsenknecht sagte, seine Rolle als Judas sei anstrengend gewesen, auch wegen der Emotionen, die ihm seine Rolle abverlangte. Sänger Lenny Lanner meinte, es sei wichtig, den Menschen die Passionsgeschichte nahe zu bringen.
Stadt erhofft sich Aufmerksamkeit
Andreas Bilo von Kassel-Marketing als lokaler Partner freute sich, dass "Die Passion" in seine Stadt kam, "zur besten Sendezeit und live von einem der größten innerstädtischen Plätze Deutschlands". Tourismusdezernent Norbert Wett hoffte, dass Kassel als Tourismusstandort mit dem Eregnis Sympathiepunkte sammeln kann.
Für die Großveranstaltung war in Absprache mit den verschiedenen Ordnungsbehörden ein umfangreiches Sicherheitskonzept erarbeitet worden.
Kirchen mit eigenen Aktionen dabei
Die Kasseler Kirchen waren mittendrin: Am Aufführungsort begleiteten die evangelische und die katholische Kirche das Event mit eigenen Aktionen. Die Karlskirche sollte bis Mitternacht geöffnet sein, damit Menschen sich vom Trubel ausruhen, segnen lassen oder beten können.
Auf dem Friedrichsplatz wurden 5.000 kleine Kreuze verteilt, die in den vergangenen Wochen in den diakonischen Werkstätten Baunatal in Tütchen mit der Aufschrift "Liebe ist alles" verpackt wurden und an das große Kreuz der Prozession erinnern sollen.
RTL geht, aber die Kirche bleibt
Stadtdekanin Barbara Heinrich sieht "Die Passion" als Chance, dass Menschen von der christlichen Botschaft berührt werden und mit den Kirchen in Kontakt kommen. Seit Wochen bereiteten Christinnen und Christen eigene Aktionen vor. "Die Passion hat also eine Ausstrahlung und hat schon jetzt zahlreiche Menschen zusammengebracht." Das Spektakel könne die biblische Ostergeschichte nun für alle Menschen bekannter machen und auch danach noch wirken. "Und nachdem RTL die Stadt verlassen hat, sind wir ja noch da."
Die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Beate Hofmann war gespannt, "inwiefern sich Menschen durch das Event ansprechen lassen von dem, was da inszeniert wird und was es für ihr Leben bedeutet". Dass ein solches Event wieder mehr Menschen zum Glauben und in die Kirchen führen kann, sei allerdings "eine sehr weitgespannte Erwartung".
Wie bei jedem Versuch, die Geschichte Jesu neu zu erzählen, werde es Menschen geben, "die das Format anspricht und andere, die das angesichts ihrer eigenen Vorstellungen und Bilder eher befremdet".
Sendung: hr4, Mein Morgen in Hessen, 28.03.2024, 06:30 Uhr
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