Nach langem Leerstand Suhrkamp Verlag hat Villa Unseld in Frankfurt verkauft

Es ist das Ende einer Ära: Der Suhrkamp Verlag hat die traditionsreiche Villa Unseld verkauft - und schließt damit sein letztes Frankfurter Kapitel.

Villa Unseld Frankfurt, davor ein Umzugswagen
Und schon wird ausgeräumt - die Villa Unseld wurde verkauft. Bild © Kirsten Rein (hr)

Ein Symbol deutscher Geistesgeschichte hat den Besitzer gewechselt: Die traditionsreiche Villa Unseld in der Klettenbergstraße 35 im Frankfurter Nordend wurde an eine Privatperson verkauft. Das hat Tanja Postpischil, Sprecherin des Suhrkamp-Verlags, auf Nachfrage von hessenschau.de bestätigt. Der Verlag hatte das zweistöckige Haus mit seinen rund 430 Quadratmetern und dem kleinem Garten im Sommer über ein Maklerunternehmen für 4,1 Millionen Euro zum Verkauf ausgeschrieben, wie die FAZ berichtete (Bezahlschranke).

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Bis zum vergangenen Jahr traf sich dort, im ehemaligen Wohnhaus des Verlegers Siegfried Unseld, immer am Buchmessen-Mittwoch die Kritikerzunft, um einem Autor dabei zuzuhören, wie er aus seinem gerade veröffentlichten Buch vorlas. Zuletzt stellte der französische Autor Didier Eribon sein Werk "Eine Arbeiterin" über das Altern vor. Der Verlag teilte mit, er arbeite an einer "schönen Lösung" für die künftigen Kritiker-Empfänge, werde aber in diesem Jahr einmal pausieren.

Verleger Unseld verband hier Wohnen und Arbeit

Siegfried Unseld leitete den Suhrkamp Verlag von 1959 bis zu seinem Tod im Jahr 2002, gleichzeitig lebte er in der Villa und verband dort Wohnen und Arbeit miteinander. Und: Von dort aus wurde er zu einem der bekanntesten Verleger der deutschen Nachkriegsgeschichte: Bei Suhrkamp veröffentlichten etwa Hermann Hesse, Bertolt Brecht, Martin Walser, Ingeborg Bachmann und Thomas Bernhard.

Das Haus stand seit 2010 weitgehend leer. Mit dem Verkauf schließt der inzwischen in Berlin beheimatete Suhrkamp Verlag sein letztes Frankfurter Kapitel. Das Verlagsgebäude in der Lindenstraße im Frankfurter Westend hatte Suhrkamp nach seinem Umzug vor 15 Jahren nach Berlin schon verkauft, ebenso wie das Archiv, welches das Deutsche Literaturarchiv Marbach erwarb.

Böll, Adorno, Unseld
Der Schriftsteller Heinrich Böll, der Soziologie-Professor und Philosoph Theodor W. Adorno und der Verleger Siegfried Unseld (v.l.) bei einer Veranstaltung gegen die Notstandsgesetzgebung der damaligen Bundesregierung. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)

Verlag feiert Unselds 100. Geburtstag

Anlässlich seines 100. Geburtstags am 28. September gibt es zwei Veröffentlichungen zu Siegfried Unseld, einmal das digitale Projekt "Siegfried Unseld, Chronik", welches ab Ende September online das Innenleben der Verlage Suhrkamp und Insel dokumentiert.

Außerdem erscheint am 23. September das Buch "Hundert Briefe - Mitteilungen eines Verlegers 1947 bis 2002", für das die Herausgeber aus über 50.000 von Unseld eigenhändig geschriebenen oder diktierten Briefen 100 exemplarische Briefe ausgewählt haben. 

Redaktion: Sonja Fouraté

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de