Musikfestivals in Eigenregie Metal, Punk und Hardcore - zwei hessische Vereine lassen es live krachen

Hier wird ohne Profitgedanken gerockt und gemosht: Das "Taunus Metal Festival" in Oberursel feiert dieses Jahr die 15. Ausgabe, das "Spring Breakdown" in Dillenburg die zehnte. Zwei Metal- und Hardcore-Events abseits der großen Städte – und möglich allein durch das Engagement von Ehrenamtlichen.

Gruppe von 15 Leuten, im Vordergrund ein Plakat des Festivals
Das Team des Taunus Metal Festivals. Bild © Privat

Schlaf kann Dennis Krailing vom Verein Taunus Metal am ersten April-Wochenende vergessen. Nicht, weil die Headbanger beim 15. Taunus Metal Festival so hart feiern, sondern weil er die Schlüsselgewalt über den Veranstaltungsort hat, die Burgwiesenhalle in Oberursel.  

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"Da muss jemand die ganze Zeit über vor Ort und ansprechbar sein", sagt er. Schließlich übernachten einige der 18 Bands nach ihren Auftritten in der Halle. Also auch der organisatorische Leiter Dennis. "Da blas‘ ich die Luftmatratze auf", lacht der 38-Jährige. "Wird garantiert unbequem."

Zwei Männer vor einem Regal voller CDs, sie halten ein Plakat des Festivals.
Dennis Krailing und Till Oberboßel vom Taunus Metal Festival. Bild © Melanie Aschenbrenner/hr

No Sleep Til Sunday 

Was auf die Beine stellen, internationale Bands in die Provinz bringen und familiär Mega-Feste feiern – diese Praxis blüht vor allem in Genres, die dem Mainstream immer noch als "Nische" gelten.  

Im Punk und Hardcore zum Beispiel gilt seit jeher "do it yourself" als politisch-ethisches Konzept. Selbstbestimmt und unabhängig von Kommerz wird da Kultur gemacht, werden Clubs betrieben und Konzerte veranstaltet. Aber auch die Metalszene mit ihren zig Spielarten kennt immer mehr DIY-Events, hinter denen kein finanzielles Interesse steht, sondern die Community.  

Fester Termin für Metalheads

Patches auf den Kutten, markerschütternde Schreie von der Bühne, jagende Gitarrenriffs – für viele Metalheads ist das zweitägige Taunus Metal Festival ein fester Termin in Kalender.

Die meisten der 600 Gäste des Indoor-Festivals kommen aus Rhein-Main, aber es gibt auch Stammgäste aus dem Rest der Republik und Europa, "sogar ein Kollege aus Malaysia, der ab und an mal rübergeflogen kommt", weiß Dennis Krailing, von Beruf Logistik-Fachmann. 

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Taunus Metal

 Am 4. und 5. April in der Burgwiesenhalle Oberursel. Festivalticket 50, Tagesticket 35 Euro. Das ganze Line-up gibt es hier.

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Das Publikum schätze besonders, dass die Festivalcrew beim Booking über den Tellerrand schaut, erklärt der 1. Vereinsvorsitzende Till Oberboßel. Der 48-Jährige spielt Gitarre in der Power Metal-Band Elvenpath und ist im "echten Leben" Sozialarbeiter.  

Früher, berichtet Till, sei das Taunus Metal orthodoxer ausgerichtet gewesen, aber bei aller Liebe zur Tradition: "Wir möchten nicht bloß das 37. True Metal-Festival sein." Ausreißer Richtung Death Metal und Progressive sind drin, und die Fans honorieren, dass die Festival-Orga den Underground in aller Welt auf dem Schirm hat.

Blick von der Bühne in einen dunklen Saal, im Vordergrund die Musiker
Das Taunus Metal lädt auch internationale Bands ein, hier TumourBoy aus China. Bild © Privat

"Wir hatten schon Bands aus China, der Türkei, aus anderen Ecken der Welt, wo man vielleicht nicht mal eine Metalszene vermutet", erzählt Krailing. Aktuell sind sie an einer ugandischen Band dran – kämpfen aber mit der deutschen Visumsvergabe.  

Von wegen Spaß-Verein! 

Eine zentrale Figur von Taunus Metal war der 2017 verstorbene Andreas "Law" Freitag. Um 2007 kam es zur Vereinsgründung, weil Andreas, aus Berlin ins Rhein-Main-Gebiet gezogen, hier für seinen Geschmack zu wenig Metal-Underground vorfand. Sein Gedanke: ein Bindeglied zwischen Fans und Bands schaffen, die lokale Metalszene und -kultur fördern und Vorurteile abbauen. So steht es bis heute in der Satzung.  

Sowohl der aktuelle 1. Vorsitzende Till als auch Orga-Leiter Dennis stießen später hinzu. In ihre Zeit fällt die Idee, zusätzlich zum Hauptfestival noch zwei kleinere, speziellere Veranstaltungsreihen aufzuziehen, über deren Ausrichtung der Verein entscheidet: die "Wild Boar Wars" und das "Years of Decay", wo extremere Genres von Doom bis Black Metal laufen. 

Geschwollene Halsschlagadern, Sonne und Metalcore in Dillenburg

Für die Kolleg*innen von Di/R/Act, dem Verein hinter dem eintägigen Spring Breakdown-Festival, war die Vereinsgründung hingegen nicht der Auftakt, sondern das Ergebnis ihrer Erfahrungen.

"Los ging’s 2012, als wir 16, 17 waren", erinnert sich Projektleiter Christian Zipp. "Man hatte kein eigenes Auto, und für Konzerte im Bereich Hard- und Metalcore musste man immer mit dem Zug nach Frankfurt oder Köln fahren."

Blick von der Bühne mit Musikern auf Open Air Publikum
Seit 2022 findet das Spring Breakdown-Festival open air im Dillenburger Hofgarten statt. Bild © Colorbound Fotografie

"Froh, dass endlich mal was geht"

Außerdem war es für seine Band Setting The Sails schwer, Gigs zu bekommen, also: "Komm, organisieren wir uns ein kleines Konzert, mit zwei Bands aus der Region."

Schon dieses Minifest trug den Namen Spring Breakdown. Rund 220 Gäste kamen. "Auch Leute, die diese Mucke gar nicht hören, sondern einfach froh waren, dass endlich mal was geht!", erzählt Zipp.

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Spring Breakdown

 10. Mai im Hofgarten Dillenburg. Das Tagesticket kostet 20 Euro, das Line-up gibt es bei Instagram.

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Anfangs unterstützte noch die Jugendpflege der Stadt Dillenburg bei der Orga, aber schon 2014 folgte die Vereinsgründung, weil die jungen Veranstalter eine Rechtsform brauchten, um nicht privat Verträge abschließen zu müssen. Der 1. Vorsitzende Yannick Gaubatz war damals 20 Jahre, Christian 18 Jahre alt – und beide auf dem Weg zu DIY-Profis.  

Nach Jahren "indoor" wird seit 2022 open air im Dillenburger Hofgarten gespielt. Zu der Location kam es zunächst wegen Corona, aber das Team befand: "Wir bleiben draußen! Ist eh geiler."

Vielfältiges Programm

Das Programm ist bei aller Härte vielfältig. "Wir versuchen immer, eine gute Mischung hinzukriegen, auch mit melodischeren Acts", sagt Maschinenbau-Ingenieur Zipp. "Unser Publikum spiegelt das wider, es ist nicht homogen, uns besuchen auch Indie-Fans. Man kommt gut in den Austausch."

Dafür reisen manche aus Hamburg oder München an, die meisten jedoch aus einem Umkreis von rund 300 Kilometern. 

Gute Kontakte sorgen für Rabatte

Teil des DIY-Gedankens: es muss erschwinglich sein. Dass zwei Tage Taunus Metal Festival nur 50 Euro und das Spring Breakdown 20 Euro kosten, funktioniert nur dank der vielen Ehrenamtlichen und guten Netzwerken.

Über Kontakte lassen sich bei Technik und Infrastruktur trotz überall steigender Preise oft Rabatte herausholen, berichten sowohl Dennis Krailing als auch Christian Zipp. Zudem gibt es Sponsoren.

Festivalgelände mit verschiedenen Zelten
Seit 2022 wird das Spring Breakdown open air im Dillenburger Hofgarten gespielt. Bild © Privat

Während das Spring Breakdown auch eine Förderung vom Magistrat Dillenburg erhält, wird Taunus Metal von Oberursel indirekt gefördert, etwa durch eine verminderte Hallenmiete.

"Sie würden aber auch einspringen, falls wir rote Zahlen schreiben", ist sich Dennis Krailing sicher. Gewinne darf ein gemeinnütziger Verein nicht ausschütten. Alles, was reinkommt, wird wieder investiert. 

Der Trouble mit dem Nachwuchs 

Eigentlich liefe alles prächtig – wäre da nicht ein Problem: "Wir heißen 'Verein für Jugendkultur'", seufzt Christian Zipp. "Trotzdem sitzen da jetzt fünfzehn Menschen um die 30. Scheinbar haben wir es nicht geschafft, neue Leute zu gewinnen, die Lust auf Verantwortung haben."

Beim Spring Breakdown heißt das konkret: Verantwortung für ein Budget von über 45.000 Euro. "Das muss man wollen."

Gruppenfoto unter einem Zeltdach
Fast 20 Helferinnen und Helfer umfasst das Team des Festivals Spring Breakdown. Bild © Privat

Bei Taunus Metal liegt die Altersspanne der Mitglieder von Mitte 20 bis Mitte 50. Auch hier wurde lange um neue Mitglieder gekämpft, sagt Till Oberboßel: "Zwischenzeitlich waren wir auch schon mal unter zehn." Letztes Jahr kamen überraschend neun neue Leute dazu.

"Die Festivalplanung bleibt bei wenigen federführenden Personen", stellt er klar. "Aber beim Event gibt’s Aufgaben genug für alle."

Redaktion: Alexandra Müller-Schmieg

Sendung: hr1,

Quelle: hessenschau.de