Theatertag zum 100. Geburtstag Steinauer Marionettentheater "Die Holzköppe" will wieder sesshaft werden

Seit genau 100 Jahren verzaubert die Steinauer Familie Magersuppe ihr Publikum mit klassischem Marionettentheater. Gefeiert wird das Jubiläum im Exil, doch die Familie hat große Pläne, wie sie das Dasein als Wanderbühne beenden will.

Zwei Marionettenfiguren
Rumpelstilzchen (l) und Kasperl sind zwei Figuren des Marionettentheaters "Die Holzköppe" Bild © picture-alliance/dpa
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Das klassische Marionettentheater übt auch heutzutage noch einen Zauber auf die Menschen aus. Sagen die Macher der "Holzköppe". Und die müssen es wissen: Die Puppenbühne aus Steinau (Main-Kinzig) feiert in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag und gehört damit nach eigenen Angaben zu den ältesten ihrer Art in Deutschland.

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Die Nachfrage nach Aufführungen sei nach wie vor groß, sagt Bühnenchef Mario Magersuppe. Zusammen mit seiner Frau Wencke Wiest spielt er die Familienstücke nach den Märchen der Brüder Grimm, die in Steinau aufgewachsen sind. Auch für Erwachsene gibt es ein Programm: Dr. Faust.

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Theater-Marathon zum Geburtstag

Am Mittwoch, 23. Oktober, zeigen die "Holzköppe" im Spessart Forum Bad Soden Salmünster ihr gesamtes Repertoire. Los geht es um 12.30 Uhr mit dem "Gestiefelten Kater", die letzte Vorstellung ist gegen 18.30 Uhr das Erwachsenenstück "Dr. Faust".

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Rumpelstilzchen begeistert Kinder

"Die Kinder sind bei unseren Aufführungen immer voll dabei", berichtet Wiest. "Die Stücke dauern alle so um die 50 Minuten. Die Kinder sind die ganze Zeit ruhig und konzentriert." Auch im Handyzeitalter gehe das junge Publikum richtig mit, sagt Magersuppe. "Wenn das Rumpelstilzchen kommt, ist immer ein großes Hallo."

Bei den "Holzköppen" komme noch dazu, dass inzwischen viele Großeltern mit ihren Enkeln im Publikum sitzen und sich die Stücke anguckten, die sie früher als Kind selbst gesehen hätten, sagt Wiest, die als Lehrerin für Mathe und Religion im nahen Gelnhausen arbeitet und ihren Mann beim Puppenspiel tatkräftig unterstützt. 

Ein Mann und eine Frau halten Marionettenfiguren
Mario Magersuppe (l) und Wencke Wiest vom Marionettentheater "Die Holzköppe". Bild © picture-alliance/dpa

Irgendwie sei sie ins Marionettenspiel "hineingerutscht", sagt die 36-Jährige. Allerdings sei keine allzu große Überredungskunst nötig gewesen, in den Familienbetrieb einzusteigen, da sie eine künstlerische Ader habe und jahrelang als Tänzerin und Geigerin auf Bühnen zu Hause war. Tatkräftige Unterstützung erhalten die beiden Spieler auch von einer Schwester Magersuppes und seiner Mutter.

Von Kassel über Rotenburg nach Steinau

"Wir haben den Vorteil der Tradition. Wir sind eine klassische Bühne, wie es sie heutzutage in Deutschland nicht mehr allzu oft gibt", sagt Magersuppe. Sein Großvater Karl kaufte 1924 die Bühne einer Göttinger Studententruppe ab und beschloss, Puppenspieler zu werden.

Von Kassel aus ging es zunächst nach Rotenburg (Hersfeld-Rotenburg) und schließlich nach Steinau, wo das Puppentheater 1955 seine erste Vorstellung gab und jahrzehntelang residierte. 

Neubau geplant

Mario Magersuppe übernahm die Leitung 2001 nach dem Tod seines Vaters. "100 Jahre Theatergeschichte sollte man nicht einfach aufgeben", findet der 44-Jährige. Das Ehepaar glaube auch in schwierigen Zeiten an die Zukunft der "Holzköppe".

Die beiden haben nach eigenen Worten ein Grundstück in Steinau gekauft, das günstig liegt und auf das sie eines Tages ein festes Theater stellen wollen. "Geplant ist, dass wir im nächsten Sommer auf dem Grundstück erst einmal mit einem Zelt starten. Sobald wir dann ein bisschen Geld eingespielt haben, wird dann wieder ein Theatergebäude gebaut", berichtet Wiest.

Ein Mann steht vor einem Auto, hält ein Plakat in der Hand
Theaterchef Mario Magersuppe hält das Plakat einer Auslandstournee der "Holzköppe" in der Hand. Hinter ihm steht der Bus, mit dem das Marionettentheater, das derzeit ohne feste Bleibe ist, als Reisebühne unterwegs ist. Bild © picture-alliance/dpa

Reisebühne ohne feste Spielstätte

Damit sollen die Jahre als Reisebühne ohne festes Domizil zu Ende gehen. Begonnen hat die schwierige Phase 2017. Damals sei es nach der Renovierung des damaligen Theaters in Steinau zu Meinungsverschiedenheiten mit der Stadt gekommen, die schließlich zum Auszug geführt hätten, berichtet Magersuppe. 

Aber Vorstellungen als Wanderbühne seien bei ihrer Theaterform nicht so einfach, erklärt Wiest: "Wir haben zwei bis drei Stunden Aufbau und anderthalb bis zwei Stunden Abbau für eine Stunde Spiel. Das ist einfach nicht rentabel."

Große Nachfrage nach Aufführungen

Momentan trage sich das Theater. "Aber um lukrativ zu werden, brauchen wir das feste Haus." Die Nachfrage nach Aufführungen sei da, berichten die beiden. Doch nicht alle Wünsche nach Vorstellungen könnten erfüllt werden, weil die Reisebühne keine eigenen Räumlichkeiten habe.

Das Interesse am Marionettenspiel lasse nicht nach - im Gegenteil: "Es kommen viele junge Lehrerinnen und Lehrer, die ganz bewusst dieses klassische Marionettentheater suchen und wollen, dass ihre Schüler so etwas zu sehen bekommen", sagt Wiest. Das Marionettentheater hat ihrer Ansicht nach einen ganz eigenen Zauber. "Das ist für die Kinder etwas Besonderes", sagt sie. 

"Alles immer aus der eigenen Tasche finanziert"

Das Theater finanziere sich fast durchgehend ohne großen Subventionen aus eigener Kraft, fügt sie hinzu. "Unterstützt wurden wir in den vergangenen Jahren von den Städten Bad Soden-Salmünster und Bad Orb, indem wir Säle zu vergünstigten Konditionen bekommen haben. Ansonsten ist das alles immer selbst gestemmt und aus der eigenen Tasche finanziert."

In Bad Soden-Salmünster feiert die noch heimatlose Bühne auch ihren 100. Geburtstag. Am Dienstag gibt es einen Empfang im Spessart-Forum, tags darauf dann einen ganzen Tag "Marionettentheater am Stück".

Gezeigt werden alle Stücke, die Magersuppe und Wiest im Programm haben: Hänsel und Gretel, Aschenputtel, die Salzprinzessin, der Froschkönig, der gestiefelte Kater, das Käferchen-Klärchen und Rumpelstilzchen im Familienprogramm. Und als Erwachsenenstück wird Dr. Faust aufgeführt.

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Als reine Marionettentheater bestehen in Deutschland neben den "Holzköppen" nach des Angaben des Verbands Deutscher Puppentheater (VDP) nur noch neun weitere Bühnen, darunter als wohl bekannteste die "Augsburger Puppenkistze".

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Redaktion: Alexandra Müller-Schmieg

Sendung: hr4,

Quelle: dpa/lhe