"Verhaltene Euphorie" Was bedeutet das neue Filmfördergesetz für die hessische Filmbranche?

Der Bundestag hat noch auf den letzten Metern das Filmfördergesetz verabschiedet. Die Filmbranche hatte schon den Atem angehalten. Während Produzenten leise aufatmen, befürchten Kinobetreiber den schleichenen Tod für Kinos. Die Zukunft bleibt ungewiss.

Kino Zuschauer
Bild © picture-alliance/dpa

Die Aufregung war groß: Am 19. Dezember hat der Bundestag noch auf den letzten Metern vor den geplanten Neuwahlen am 23. Februar 2025 eine Novelle zur Verlängerung des Filmförderungsgesetzes (FFG) verabschiedet.

Zuvor hatten sich unter anderem der aus Wiesbaden stammende Regisseur Volker Schlöndorff gemeinsam mit anderen namenhaften Regisseuren wie Tom Tykwer und Wim Wenders mit einem Brief an die Abgeordneten des Bundestages gewandt.

Audiobeitrag
Bild © hessenschau.de| zur Audio-Einzelseite
Ende des Audiobeitrags

Finanzierungslücke drohte

Durch das Ampel-Aus kam die Filmförderreform von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) ins Wanken. Wäre diese geplatzt, hätte das ab Januar eine Finanzierungs-Lücke in deutsche Filmprojekte gerissen. Ein großes Aufatmen ging durch die Branche - auch in Hessen. Aber reicht das?

Die Geschäftsführerin der hessischen Filmförderung, Anna Schöppe, bezeichnet das Gefühl als "verhaltene Euphorie". Für die Filmschaffenden bedeute das erst mal: Sie wissen, wie sie im nächsten Jahr ihre Filme finanzieren werden. Denn ohne die Filmförderung, würde es zum Beispiel die viel gefeierte ARD-Serie "Die Zweiflers" nicht geben, so Schöppe.

Ein Schritt in die richtige Richtung

Dass das erst der erste Schritt ist, da sind sich sowohl Politiker als auch Filmschaffende einig. "Es hat jetzt noch nichts verbessert, sondern es hat überhaupt die allerschlimmsten Missstände teilweise behoben", sagt der Produzent Jakob Zapf von der Frankfurter Produktionsfirma Neopol.

Roths Reformpläne sehen eigentlich noch zwei weitere Säulen vor. Das FFG ermögliche aber eine vereinfachte Finanzierung von Filmprojekten. Das sei schon mal gut, findet Zapf. Denn so wie es vorher lief, hätte es auch nicht weitergehen können.

Die Filmfinanzierung in Deutschland sei so kleinteilig und langwierig, bis ein Film mit gesellschaftlich relevantem Thema auf die Leinwand käme, sei die Diskussion innerhalb der Gesellschaft schon verhallt. Ein "wirtschaftliches Harakiri für die Firmen - künstlerisch und kulturell ein Harakiri für die Gesellschaft", bilanziert er.

Lediglich eine Übergangsphase

"Ein Blick auf die Nachbarländer zeigt, dass es der Filmbranche dort besser geht", sagt Produzent Zapf. Das liege unter anderem an Instrumenten, die Investitionen in die Branche gezielt förderten. In Deutschland fehle es bislang an solchen Anreizen - noch. Eine von Roths Reform-Säulen sehe unter anderem ein Steueranreizmodell vor.

Der hessische Kulturminister Timon Gremmels (SPD) sieht schon im FFG eine wichtige Veränderung, die Deutschland im internationalen Vergleich wettbewerbsfähiger mache. "Das ersetzt das Steueranreizmodell sicher nicht, wird den Produktionsstandort in einer Übergangsphase aber stärken", so Minister Gremmels.

Für die Kinos eine Verschlechterung

Filme zu produzieren ist die eine Sache. Doch sie müssen auch irgendwo gezeigt werden, um ihr Publikum zu erreichen und vor allem Geld wieder einzuspielen. Das neue Gesetz sieht aber keine Förderung von Kinos mehr vor. Das bedeutet, dass die Kinoförderung vorerst nur noch auf Länderebene stattfindet. "Die Kinos haben einen großen Investitionsbedarf", sagt Erwin Heberling, Geschäftsführer vom Film- und Kinobüro Hessen.

Ganz konkret heißt das: rund sechs Millionen Euro brauchen die hessischen Kinos in den nächsten Jahren, um beispielsweise Projektionsanlagen zu erneuern, ergab eine Umfrage des Film- und Kinobüros. Auch Minister Gremmels kritisiert, dass der Bund die Länder dadurch in eine besonders schwierige Situation manövriert habe.

Kinos könnten schleichend sterben

Von einem großen Kinosterben will Heberling nicht sprechen. Er warnt aber davor, dass das schleichend passieren könnte. Ein Großteil der hessischen Kinos befände sich im ländlichen Raum. Deren Bedeutung gehe vor allem dort über das reine Abspielen von Filmen hinaus. "Da sind Kinos ganz wichtig, um überhaupt noch kulturelle Angebote zu gewährleisten", sagt er.

Er geht jetzt davon aus, dass die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) noch nachsteuern wird. Doch wie viel Förderung zu erwarten sein wird, sei noch unklar. Und vor allem wann - das hänge auch von der Regierungsneubildung ab. Für die Kinos bedeutet das FFG wohl erstmal eine Verschlechterung.

Redaktion: Katrin Kimpel

Sendung: hr2 kultur,

Quelle: hessenschau.de