Weltgrößte Videospielmesse beginnt Wie hessische Entwickler von der Gamescom profitieren

Die Gamescom in Köln ist mittlerweile die weltweit größte Messe für Videospiele. Hessen fördert den Auftritt von sechs Games-Studios. Zwei von ihnen berichten, wie wichtig die Messe für sie ist – und warum die Förderung des Landes noch ausbaufähig ist.

Gemaltes Bild mit Gespenst in einer Spielehalle
Das umtriebige Gespenst in "Haunted Arcade". Bild © Haunted Pixels
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Es ist eine besondere, etwas unheimliche Spielhalle: Die Wände und der Boden sind lila-pink, Arcade-Automaten reihen sich aneinander, in einer Ecke steht ein gelbes Sofa. Und zwischen den Automaten lugt immer wieder ein kleines Gespenst hervor.

Wann immer ein Spieler es sich vor einem der Automaten gemütlich macht, Spiele gewinnt und sich anschickt, den Highscore zu knacken, fährt das Gespenst wutentbrannt dazwischen und stört den Spielablauf – denn es will der alleinige Inhaber aller Highscores bleiben.

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Hessen fördert Auftritt von sechs Teams

Wir sind im Videospiel "Haunted Arcade", zu Deutsch "Spukende Spielhalle". Das Game ist in einem pixel-artigen Retro-Stil gehalten und ein Projekt von acht Studierenden der Hochschule Darmstadt. Seit knapp einem Jahr arbeitet das Team an dem Spiel, das im Rahmen eines Semesterprojektes entstanden ist und zur Eröffnung der Videospielmesse Gamescom in Köln auf der Plattform Steam erscheint.

Als einer von sechs vom Land Hessen geförderten Aussteller nimmt das Team an der mit mehr als 300.000 Besuchenden größten Spielemesse der Welt teil. Das sei angsteinflößend, erzählt Lemon Pohl, Production Manager und Programmierer des Teams. Den Studierenden sei bewusst, "was für eine große Ehre das ist".

Das Wiesbadener Studio Assemble Entertainment ist mit den Entwicklern von Gentlymad mit der Fortsetzung ihres Survival-Strategiespiels "Endzone" auf der Gamescom vertreten. Jonas Fisch aus Langen (Offenbach) ist mit seinem 2D Point-and-Click-Adventure "Prim" dabei, außerdem ein weiteres Team der Hochschule Darmstadt mit dem SciFi-Spiel "Impact" und Bitfall Studios aus Petersberg (Fulda) mit "TerraScape", einem Aufbau-Puzzle-Game .

Das Land übernimmt für die Teams Tickets und Stände in der sogenannten Indie Arena Booth, dem Bereich für unabhängige Spieleentwickler. Die Standmiete kostet normalerweise bis zu 4.500 Euro. Die Teams können dort unter anderem auch die Hardware nutzen. Die Studios können sich für eine Teilnahme bewerben und werden vom Veranstalter Indie Arena Booth ausgewählt. Organisator des Standes ist die Hessen Agentur.

Disclaimer: In einer ersten Version des Textes hatten wir auch Studios aus dem vergangenen Jahr aufgelistet, wir entschuldigen uns!

Wichtig: Teilnahme an Gamescom-Online-Events

Dabei sei die physische Anwesenheit vor Ort nicht unbedingt das wichtigste, sondern die damit verbundene Teilnahme an Online-Gamescom-Events auf der Plattform Steam. "Dort erreichen wir sogar mehr Leute als auf der Messe selbst", erklärt Pohl.

Acht Frauen und Männer liegen im Kreis auf einer Wiese und lachen
Kreativ: das Team von Haunted Pixels. Bild © Haunted Pixels

Denn: Nach dem Studium soll es weitergehen – mit dem Spiel und auch mit dem Entwickeln. Das Team verlegt das Spiel selbst, hat dafür eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Namen Haunted Pixels angemeldet. Das Ziel: Das Spiel soll sich verkaufen, Haunted Pixels der Rahmen für weitere Studierendenprojekte werden.

"Frankfurt-Rhein-Main ist wunderbarer Standort"

Eine solche Förderung sei wichtig, betont Pohl, wobei Hessen in diesem Bereich weiterhin weit hinter anderen Bundesländern zurückliege. "Dabei ist gerade die Region Frankfurt-Rhein-Main so ein wunderbarer Standort", sagt Pohl. "Wenn man überlegt, wie viele wichtige Studios hier ansässig sind – zum Beispiel Deck13 oder Assemble Entertainment."

Auch die Ausbildung werde immer besser, die Hochschule Darmstadt etwa habe technisch aufgerüstet, sodass Studierende inzwischen eine gute Spielequalität liefern könnten, berichtet Pohl. "Hessen kann ein guter Standort sein – wenn man nicht von Förderung abhängig ist."

Schnetzeln durch Zombie-Horden

Dass die Games-Förderung in Hessen weiter ausbaufähig ist – diese Meinung teilt Bennet Jeutter. Er ist mit seinem 2017 in Frankfurt gegründeten Studio Pixelsplit und dem Spiel "Deadly Days: Roadtrip" auf der Gamescom vertreten.

"Deadly Days" soll – wenn alles gut läuft – in etwa einem halben Jahr auf den Markt kommen. In diesem ebenfalls im Retro-Stil gehaltenen Spiel ist die Zombie-Apokalypse ausgebrochen und eine Gruppe Überlebender muss sich durch Horden Untoter schlagen.

Szene aus dem Spiel Deadly Days Roadtrip
Die kreativen Köpfe hinter "Deadly Days: Roadtrip": Bennet Jeutter & Steffen Schaller. Bild © Pixelsplit

Fans können Spiel erstmals ausprobieren

Das Spiel ist laut Jeutter ein Spin-Off des Strategiespiels "Deadly Days" aus dem Jahr 2017. Bald nach dessen Erscheinen habe sein Team beobachtet, dass es vielen Spielern irgendwann nicht mehr um Strategie ging, sondern nur noch darum, möglichst viele Zombies "abzuballern". Seit rund einem Jahr sei nun das Spin-Off in Arbeit, das genau diesen Wunsch aufgreife.

Sein Team habe noch keine Zusage von einem Publisher bekommen. Umso wichtiger sei die Teilnahme an der Gamescom, wo Gamer das Spiel zum ersten Mal ausprobieren und Feedback geben können. "Wir sind aufgeregt und gespannt, denn das wird uns wichtige Erkenntnisse bringen", sagt Jeutter. Zudem knüpfe das Team Kontakte unter anderem zu Medienvertretern und Influencern.

Laut dem Branchenverband Game sind die besten Standorte für eine Gamesförderung in Deutschland derzeit Bayern (4,4 Millionen Euro), Berlin-Brandenburg (3,6 Millionen Euro) sowie Nordrhein-Westfalen (3,5 Millionen Euro). Auch Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein gaben demnach zuletzt noch rund eine Million Euro aus; Hessen fällt mit 260.000 Euro für sogenannte Serious Games im Vergleich weit zurück. Da hilft es nur bedingt, dass Frankfurts zentrale Lage das Rhein-Main-Gebiet zu einem der bedeutendsten Games-Hotspots in Deutschland gemacht und mehrere Weltkonzerne der Branche angelockt hat.

Auch auf Bundesebene hakt es derzeit: Im vergangenen Herbst hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags dafür gestimmt, für deutsche Games-Entwickler im Zeitraum 2024 bis 2026 insgesamt 100 Millionen Euro bereitzustellen – und zwar über den Etat der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM), Claudia Roth (Grüne). Eine entsprechende Förderung ist aber bis heute nicht umgesetzt. Aus Äußerungen einer Sprecherin der Beauftragten ging jüngst hervor, dass viel weniger Geld bereitgestellt werden soll als angenommen. Über die Summe von 33,3 Millionen Euro, die für 2024 vorgesehen war, laufen der Sprecherin zufolge noch Abstimmungen mit dem Bundeswirtschaftsministerium, das eine separate Förderlinie über 50 Millionen Euro pro Jahr hat. Hierbei war die Nachfrage so groß, dass seit Mai 2023 ein Förderantragstopp gilt. Das Geld wird nur noch für längst bewilligte Projekte genommen, die mehrere Jahre laufen. Die übrigen 66,7 Millionen Euro, die über den BKM-Etat in den Jahren 2025 und 2026 an Spielefirmen fließen sollten, werden aufgrund der angespannten Haushaltslage wohl wegfallen.

"Entweder man hat einen Hit oder nicht"

Auch Jeutter spricht sich für den Ausbau der staatlichen Förderung "dieses so wichtigen Marktes" aus. Diese sei in Hessen im Vergleich zu anderen Bundesländern gering, kritisiert er. Hinzu komme, dass aktuell nicht ganz klar sei, wie es mit der Bundesförderung weitergehe.

Szene aus dem Spiel Deadly Days Roadtrip
Szene aus dem Spiel "Deadly Days: Roadtrip" Bild © Pixelsplit

"Die Entwicklung von Spielen ist einfach mit großen Risiken verbunden", sagt Jeutter. Wann ein Spiel erfolgreich sei und wann nicht, sei extrem schlecht vorhersehbar. "Entweder man hat einen Hit oder nicht." Viele Studios müssten dicht machen, wenn ein Spiel floppe. Eine Förderung könne das abfedern. Die Unterstützung beim Auftritt auf der Gamescom sei ein erster, wichtiger Schritt.

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Sendung: hr1, 20.08.2024, 16 Uhr

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Quelle: AFP