Einzigartige Sammlung in Kassel gefährdet? Weniger Fördergelder für Sanierung des Museums für Sepulkralkultur
Ein Museum rund um den Tod - das ist deutschlandweit eine Besonderheit. Doch für die dringend notwendige Sanierung bekommt das Museum für Sepulkralkultur in Kassel nur 20 statt 33 Millionen Euro. Dazu kommt die Suche nach einem Ausweichquartier für die einzigartige Sammlung.
Verrostete Stahlträger, feuchte Wände mit Schimmel, Eimer, die eindringendes Wasser auffangen: Viele Mängel im Museum für Sepulkralkultur in Kassel sind offensichtlich. Andere haben die Macher gekonnt kaschiert. So schützen Segel den Innenraum vor zu starker Sonneneinstrahlung. Im Hochsommer heizen sich die Ausstellungsräume dennoch auf bis zu 38 Grad auf.
Davon ist jetzt im Winter nichts zu spüren. Kurz vor Weihnachten war die Heizungsanlage ausgefallen. Die ist wieder repariert, dennoch ist es kalt in den Ausstellungsräumen. "Wir sind froh, wenn wir 19 Grad erreichen", sagt Museumsleiter Dirk Pörschmann.
Totengedenken als kulturelles Erbe
Das Museum in dem alten Stall- und Remisengebäude der Henschel-Familie am Weinberg ist deutschlandweit einzigartig. Die Ausstellung widmet sich ausschließlich dem Tod in all seinen Facetten.
Die Aufgabe des Museums, das seit dreißig Jahren besteht, lautet offiziell: Das kulturelle Erbe beim Bestattungs-, Friedhofs- und Denkmalwesen zu erforschen, zu fördern und zu vermitteln.
Kosten seit 2017 explodiert
Doch mehr und mehr muss sich die Leitung des Museums mit dem Überleben des eigenen Hauses beschäftigen, denn für die Sanierung des Museums fehlen Millionen an Fördergeldern.
Bereits 2017 war ein erster Sanierungsplan erstellt worden. Die geschätzten Kosten damals: knapp 14 Millionen Euro. Dann kamen Krise und Inflation und die Kosten stiegen. Von Bund, Land und Stadt werden - wie kürzlich die HNA berichtete - lediglich etwa 20 Millionen fließen. Deutlich weniger als die vom Museum erhofften 33 Millionen Euro.
Kunstminister Gremmels will "nachhaltige Lösung"
Das Museum nimmt in der hessischen Museumslandschaft eine Sonderrolle ein. Anders als staatlich geführte Museen ist hier ein Verein der Träger. Jedes Jahr bekommt das Museum eine Förderung für bestimmte Projekte vom Bund.
Auch das Land beteiligt sich am Museum. Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels (SPD) betonte in einem schriftlichen Statement an den hr noch einmal die Bedeutung des Museums für Sepulkralkultur. Er hatte sich bereits als Bundestagsabgeordneter aus Kassel für das Museum eingesetzt.
Der Minister zeigte sich zuversichtlich, eine nachhaltige Lösung zu finden, um die Zukunft des Museums zu sichern. Allerdings könnten "Kompromisse oder eine Realisierung in Bauabschnitten erforderlich sein", so Gremmels.
Ausweichquartier gesucht
Für die Zeit der Sanierung will der Trägerverein eine Interimsstätte finden. Erst kürzlich haben sich die Verantwortlichen das alte Polizeipräsidium im Königstor angeschaut und können sich gut vorstellen, hier eine Übergangslösung zu finden.
Das Museum muss schließlich leergeräumt, Exponate eingelagert werden. Dazu benötigen Verein und Verwaltung Büros und vor allem: Menschen sollen weiterhin die Ausstellung besuchen können. Das ist wichtig, denn das Museum kann nicht für zwei oder drei Jahre schließen.
Schließung für Trägerverein keine Option
Eine Schließung bedeute laut Pörschmann das Ende die Projektförderung, auf die das Museum angewiesen ist. Dazu habe die Corona Pandemie gezeigt, dass das Museum in Vergessenheit gerate, wenn es nicht mehr präsent sei.
Minister Gremmels sieht das Museum "nicht akut existenzbedroht". Es werde seit Jahren vom Land Hessen, der Stadt Kassel und dem Bund unterstützt. Daran werde sich im laufenden Museumsbetrieb nichts ändern. Allerdings müsse man die baulichen Maßnahmen priorisieren. "Allen Beteiligten ist klar, dass die Kostenobergrenze für die Baumaßnahme gut überwacht werden muss, sodass daraus keine oder nur geringe Risiken erwachsen können."
Begehrte Interimsstätte
Zu einer möglichen Interimsstätte im ehemaligen Polizeipräsidium wollte Gremmels keine Zusagen machen - diese Möglichkeit aber auch nicht ausschließen. Sobald das Museum ein Konzept für die Übergangszeit vorgelegt habe, könne geprüft werden, "welche Landesliegenschaften in Kassel grundsätzlich in Betracht kommen".
Für das Polizeipräsidium hatte zuletzt auch das Studierendenwerk Interesse angemeldet, um hier Wohnungen für Studierende und eine Kita zu errichten.
Wie es mit dem Museum weitergeht, ist derzeit noch ungewiss. Man werde Abstriche machen müssen, weiß auch der Museumschef. Doch man habe schon immer kreative Lösungen gefunden. Deshalb sei er zuversichtlich, dass die Mittel für die Sanierung der Öffentlichen Flächen ausreiche.
Kampagne für den Erhalt des Museums
Unterstützung gibt es jetzt auch aus der Stadtgesellschaft. An der Kampagne "Der Tod gehört dazu" beteiligen sich bekannte Personen wie Kirsten Fehrs, die Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland, Ex-Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD) oder André Lemmer, Pfarrer der Elisabethkirche.
Auf der Seite der Initiative heißt es: "Das Museum für Sepulkralkultur muss das Haus mit Strahlkraft von Kassel nach Deutschland und Europa bleiben." Die Unterstützerinnen und Unterstützer fordern, dass das Museum nachhaltig und grundlegend saniert wird und "mit einer neukonzipierten Dauerausstellung zukunftsfähig" gemacht wird.
Eine Zukunft für das Museum für Sepulkralkultur - das ist es wohl, was einen Besucher im August zu einer besonders passenden Karikatur inspiriert hat. Er hat in das Gästebuch des Museums einen Sensenmann gezeichnet. In der Hand hält er ein Plakat - wie bei einer Demonstration. Darauf steht: "Lang lebe das Museum für Sepulkralkultur!".
Pörschmann hat extra eine Kopie gemacht. "Sogar der Tod will, dass das Museum weiterlebt", sagt er und lacht.