Wiesbadener Kinoreihe abgesagt Hollywood-Streik lastet auf Open-Air-Kino-Saison
Der monatelange Streik von Drehbuchautoren und Darstellern in Hollywood erschwert die Planung der Freiluftkinos in Hessen. Neue publikumsstarke Blockbuster fehlen laut einigen Kinomachern. Für ein Open-Air-Kino in Wiesbaden bedeutet das in diesem Jahr das Aus.
Noch bevor die Saison für Freiluftkinos in diesem Jahr überhaupt gestartet ist, ist der Open-Air-Sommer für die Kinomacher vom Schiersteiner Filmfestival (SCHIFF) am Rheinufer in Wiesbaden bereits vorbei. "Das Risiko ist zu groß", sagt Veranstalter Fabian Fischer, "zumal ja noch natürliche Risiken wie Regen dazukommen."
Anders als in den Vorjahren wird das SCHIFF im Schiersteiner Hafen in diesem Jahr nicht seine aufblasbare Kino-Leinwand aufstellen. Die bevorstehende Spielzeit mit den in diesem Jahr verfügbaren Filmen sei wirtschaftlich nicht tragbar, teilen Fischer und sein Team mit. Das SCHIFF muss ausfallen, heißt es auf ihrer Webseite.
Nach Streik nicht "genügend massentaugliche" Filme
"Es gibt dieses Jahr nicht genug Filme, die ziehen", erklärt Fischer im Gespräch. Er stemmt das SCHIFF seit rund zehn Jahren auf Basis der Einnahmen und Sponsorengelder. "An vier oder fünf Abenden muss es mit Blockbustern richtig voll sein und das ist nicht absehbar."
Nach dem Doppelstreik in der US-amerikanischen Filmbranche fehlt es in der bevorstehenden Saison an "genügend massentauglichen Hits", wie die Kinomacher aus Wiesbaden-Schierstein erklären.
Bis Dezember 2023 hatten in Hollywood zahlreiche Schauspieler und Schauspielerinnen für bessere Arbeitsbedingungen gestreikt. Produktionen wie der Science-Fiction-Film "Dune: Teil 2" mit Darsteller Timothée Chalamet wurden 2023 ausgesetzt und der Filmstart verschoben - "Dune: Teil 2" läuft erst seit kurzem in den Kinos.
Zuvor hatten die Drehbuchautoren und -autorinnen fünf Monate in der Debatte um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) für ihre Urheberrechte gekämpft und ihre Arbeit gestoppt. Eine Einigung wurde im Oktober erzielt.
Publikumslieblinge statt neue Blockbuster
Auch andere Organisatoren beliebter hessischer Open-Air-Kinos berichten von Schwierigkeiten bei der Filmauswahl für 2024. "Die Auswahl an Blockbustern, die wir normalerweise zur Verfügung haben, ist in diesem Jahr deutlich deutlich kleiner", bestätigt auch Alexander Graff, der das Freiluftkino am Waldschwimmbad in Dietzenbach (Offenbach) plant.
Er habe die Erfahrung gemacht, dass dort Blockbuster "doch tatsächlich besser funktionieren als Arthouse-Streifen". Anders als das SCHIFF in Wiesbaden wird das Dietzenbacher Open-Air-Kino städtisch finanziert, sodass das Draußen-Kino trotz der geringeren Filmauswahl dieses Jahr wie gewohnt anlaufen wird.
Statt neuer Blockbuster würden im Sommer dann Publikumslieblinge wie "Mamma Mia", "Ziemlich beste Freunde" sowie die beiden Erfolgsfilme vom vergangenen Jahr, "Barbie" und "Oppenheimer", im Programm stehen.
"Die Auswahl ist spezieller"
Einen Rückgang der "wirklich stark beworbenen und entsprechend groß gestarteten Blockbuster" im laufenden Kinojahr hat auch Dennis DiRienzo vom städtischen Bad Vilbeler Freiluftkino in der Wetterau bemerkt. "Trotz der hohen Quantität fehlt vielen der startenden Filmen die 'Breitenwirksamkeit'."
Um den Geschmack des Publikums bei drei Vorstellungen mit Sicherheit zu treffen, dürfen Kinoliebhaber vor Saisonstart aus zwölf Vorschlägen für ihre Favoriten abstimmen und das Programm so mitbestimmen.
Als Folge des Hollywood-Streiks würden sie in diesem Jahr deutlich mehr Filme sichten als sonst, stimmt auch Ralf Bartel vom Butzbacher Filmtheater zu, das auch die jährliche Open-Air-Kinoreihe im Hof des Landgrafenschlosses organisiert. Das hessenweit größte Open-Air-Kino wird privat betrieben und mit Einnahmen und Sponsorengeldern gestemmt, auch die Stadt Butzbach beteiligt sich mit 15.000 Euro.
"Die Auswahl ist natürlich etwas spezieller als letztes Jahr", sagt auch Bartel. Er blickt angesichts der kürzlich angehobenen Kinoprognose für 2024 inzwischen jedoch optimistischer auf die bevorstehende Saison als noch zu Beginn des Jahres.
Nicht alle Kinos setzen auf Hollywood
Andere Open-Air-Kinos trifft der Hollywood-Streik kaum. "Wir haben ohnehin viele 'Nicht-Hollywood'-Produktionen", teilen die Macher vom Open-Air-Kino am Hafen 2 in Offenbach mit. Dort liefen im Sommer die besten Filme aus der vorherigen Indoor-Kinosaison von September bis Mai, darunter viele Filme aus dem Programmkinobereich. In Bad Schwalbach (Rheingau-Taunus) setzen die Organisatoren von "Kino im Park" in diesem Jahr noch stärker auf europäische Produktionen.
Auch in Seeheim-Jugenheim (Darmstadt-Dieburg) treffen die Folgen des Streiks die kommende Open-Air-Saison nur "beiläufig". Die Programmgestaltung werde generell schwieriger, erklärt Organisator Marc Rückziegel. Das liege vor allem daran, dass die Filmindustrie ihr Geschäft vermehrt auf Streaming-Angebote verlagere - ein Trend, den die Corona-Pandemie beschleunigt habe.
Immer früher ins Streaming
So kann der 2024 vielversprechendste Blockbuster "Dune: Teil 2" bereits am 16. April bei Amazon Prime gekauft und von Zuhause gestreamt werden. Und ein einziger Blockbuster wie "Dune" im Programm könne das SCHIFF in Wiesbaden-Schierstein nicht retten, wie Fischer sagt.
2023 hätten sie sich nach Filmen wie "Barbie", "Oppenheimer", "Indiana Jones" und einem neuen Eberhofer-Krimi erlauben können, "auch mal einen Wes Anderson für 250 Leute" zu zeigen, wie Fischer sagt. "Aber ohne große Filme funktioniert es nicht." 2025 soll es aber für das SCHIFF weitergehen.
Kinofans in Wiesbaden bleibt im Sommer trotz der Ankündigung ein weiteres Open-Air-Kino: das Open Air-Filmfest in den Reisinger Anlagen, das mehr auf ungewöhnliche Filme der vergangenen Jahre setzt als auf aktuelle Produktionen und Blockbuster. Mit Fördergeldern der Stadt und anderen Sponsoren ist das Open-Air-Kino für Besucher und Besucherinnen kostenlos.
Sendung: hr4 für Rhein-Main, 9.4.2024, 16.30 Uhr
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