"Weiße Wolken" erzählt von Schwarzem Leben Dieser Roman ist eine Liebeserklärung an Frankfurt und Offenbach
Mit "Weiße Wolken" liefert die Offenbacherin Yandé Seck ihren Debütroman. Es geht um prägende Themen unserer Zeit: Rassismus, Zugehörigkeit und Sorgearbeit. Das Bild, das sie dabei von Frankfurt und Offenbach zeichnet, könnte nicht treffender sein.
Wenn die Romanfiguren im Café Crumble in Bockenheim eine Lauchsuppe essen oder in der Bar ohne Namen etwas trinken gehen, findet man sich als Leser selbst wieder. Der Roman "Weiße Wolken" spielt in Frankfurt und Offenbach. Autorin Yandé Seck kennt alle Orte gut. Sie ist in Frankfurt aufgewachsen und wohnt seit zehn Jahren in Offenbach.
In ihrem Debüt geht es um die Beziehung zweier Schwestern, die merken, wie sehr sich ihre Leben voneinander unterscheiden und dass sie unterschiedliche Kämpfe führen. Beide kommen aus einem bürgerlichen Haushalt, sind in der Großstadt aufgewachsen und Schwarz.
Während Dieo, dreifache Mutter, sich am Thema Mutterschaft abarbeitet, ist Zazie das Kleinfamilien-Idyll zuwider. Sie hat gerade ihren Uni-Abschluss gemacht und verzweifelt am gesellschaftlich verankerten Rassismus und Sexismus.
Unterschiedliche Perspektiven
Yandé Seck hat den Roman aus drei Perspektiven geschrieben. Die beiden Schwestern liegen ihr biographisch nah. Seck erzählt aber auch aus der Sicht von Dieos Mann Simon, einem mittelalten, weißen Mann, der in einem Finanz-Start-Up gutes Geld macht. Auch er hat zu kämpfen: Er ist Gefangener seiner Privilegien und versucht, den übersteigerten Anforderungen seiner Frau gerecht zu werden.
Es sei spannend gewesen, als Schwarze Frau auf diese Figur zu gucken, sagt Seck. Sie habe versucht, sich ihm anzunähern und Gemeinsamkeiten zu finden. Aber sie habe sich auch gefragt: "Wo kann ich Momente finden, in denen diese Fremdheit zwischen ihm und mir manchmal etwas Humorvolles oder eine Irritation erzeugt?"
Realistisches Bild von Frankfurt
Yandé Seck arbeitet eigentlich als Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche und lehrt an der Goethe Universität. In ihrer Doktorarbeit setzt sich die zweifache Mutter mit den Themen Mutterschaft, Migration und Psychoanalyse auseinander.
Doch das reichte ihr nicht. "Irgendwie haben meine Gefühle zu all dem wissenschaftlichen Arbeiten keinen Platz gehabt", sagt sie. Und fing an, einen Roman zu schreiben. Die Menschen, die sie darin beschreibt, erkennt man im Stadtbild sofort wieder.
Wenn es zum Beispiel um kastenförmige, schwedische Rucksäcke geht, die besonders im Frankfurter Nordend beliebt zu sein scheinen. "Also hatte das kleine Paket letztes Jahr unter dem Weihnachtsbaum gelegen und sie zeigte seither dem ganzen Holzhausenviertel, dass sie zur Gruppe der unheimlich entspannten, total unprätentiösen Nordend-Mamas gehörte", heißt es im Roman.
Zugehörigkeit beschäftige die Menschen andauernd, sagt die Autorin. "Ich glaube, dass da eine mit Sehnsucht aufgeladene Suche nach einer Gruppe stattfindet, die mich akzeptiert und aufnimmt." In ihrem Roman setze sie Marken ein, um diesen Wunsch des Dazugehörens zu verdeutlichen.
Eine andere Normalität
"Weiße Wolken" ist laut Seck aber auch eine kleine Liebeserklärung an Frankfurt und Offenbach. Die Region als "Melting Pot" habe sie geprägt und eine große Rolle gespielt.
Dort habe man automatisch mit unterschiedlichen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und religiösen Zugehörigkeiten zu tun, sagt die Autorin. "Und das ist schon eine andere Normalität als an vielen anderen Orten in Deutschland."
Trotz ihrer Unterschiede finden die Protagonisten in Secks Roman auch Gemeinsamkeiten. Das gibt ihrem Debüt trotz der darin verhandelten gegenwärtigen Diskurse etwas Versöhnliches.
Sendung: hr2, 08.02.2024, 10.10 Uhr
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