Millionenschwere Förderung "Leben in Offenbach" – EU-Sozialprojekt bangt um Zukunft
Ob als Starthilfe für zugewanderte Menschen oder als Unterstützung für Wohnungslose: In Offenbach wird bedürftigen Menschen durch das Projekt "Leben in Offenbach" geholfen. Was dieses millionenschwere EU-Projekt so erfolgreich macht und warum es trotzdem auf der Kippe steht.

8 Uhr morgens, mitten in Offenbachs Stadtzentrum: Die Streetworkerinnen Eliza Zysk-Borowy und Viktoriya Boshnakova brechen zu ihrem täglichen Rundgang auf. Sie sind zwei von fünf Streetworkerinnen des Projekts "Leben in Offenbach" (L-Off) der Caritas und der Diakonie.
Gleich am Tor der Caritas treffen sie auf Thomas. Seit zwei Wochen übernachtet der 38-Jährige in der Schlafunterkunft von L-Off, nutzt die medizinische Versorgung und die Duschen. Es seien die kleinen Dinge, die ihm dabei helfen könnten, sein Leben wieder "aufzuräumen", sagt er. "Man ist von morgens um 7 Uhr bis abends um 7 Uhr auf der Straße und da kann man hier gut verweilen. Es ist so ein Ruhepol." Er wisse auch, dass er aus der Misere wieder herauskommen werde.
L-Off richtet sich nicht nur an wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen wie Thomas. Auch EU-Bürgerinnen und -Bürgern, die gerade neu nach Offenbach gekommen sind und noch keine Orientierung haben, soll geholfen werden.

Bangen um die weitere Finanzierung
Fast 900 Menschen konnten die Streetworker und Streetworkerinnen seit 2023 schon erfolgreich helfen. Das sind über die Hälfte derer, die als Zielsetzung erreicht werden sollen. Doch obwohl das Projekt die vorgegebenen Ziele erreichen wird, bangt Projektleiterin Edith Heilos um die weitere Finanzierung ab Ende 2026. Denn der Erfolg garantiert noch lange keine weiteren Gelder.
Die knapp 1,7 Millionen Euro für L-Off kommen fast ausschließlich aus dem Europäischen Sozialfond. Ein Zehntel finanziert das Bundesarbeitsministerium sowie die Diakonie und die Caritas selbst.

"Die Stadt Offenbach hat Auflagen zu sparen. Also hier werden wir nichts erwarten können, von daher sind wir sehr darauf angewiesen, dass es mit dem ESF weitergeht und die Förderung fortgesetzt werden kann", sagt Edith Heilos. Dabei sei es wichtig, dass es Projekte wie diese gäbe, damit die Menschen überhaupt von den vielen Hilfsangeboten in Offenbach erführen.
Die Angebote könnten lebensverändernd sein, wie sie sagt: "Viele kommen her, weil sie falsche Jobangebote bekommen und landen dann in prekären Arbeitsverhältnissen, die oft gekoppelt sind an prekäre Wohnverhältnisse."
Angebote auf Muttersprache
Bei ihrem Rundgang treffen die Streetworkerinnen Eliza Zysk-Borowy und Viktoriya Boshnakova auf Ricardo. Er sitzt auf einer Parkbank und kommt genau wie Zysk-Borowy aus Polen. Der Mann hat keine Papiere, keine Arbeit, keine Krankenversicherung. Für die Streetworkerinnen ist das eine Möglichkeit zu hören, wie es ihm momentan geht. Denn für ihre Arbeit bräuchten sie vor allem eines: Vertrauen.
Sie unterstützen Ricardo auch bei der Beantragung seiner Papiere. Ihr Ziel ist es, Menschen wie Thomas und Ricardo aufzuklären und an entsprechende Hilfsangebote weiterzuvermitteln.
"Sie sprechen fast alle kein Deutsch und brauchen muttersprachliche Hilfe", sagt Streetworkerin Zysk-Borowy. Deshalb sprechen die Streetworkerinnen sie in ihren Muttersprachen an: auf Polnisch, Russisch, Ukrainisch oder Bulgarisch. Zusätzlich verstehen sie Kroatisch und Mazedonisch. Sie begleiten ihre Klientinnen und Klienten auch zum Jobcenter oder Jugendamt, immer mit dem Ziel: Hilfe zur Selbsthilfe.
Familie verlor hunderte Euro
Auch Familie Hyuseinova mit ihren vier Kindern aus Bulgarien nutzte das Hilfsangebot von L-Off. Die Eltern gerieten nach ihrer Ankunft in Deutschland erst an ein unseriöses Beratungsangebot und verloren so hunderte Euro.
Seit Beginn des Projekts hat Viktoriya Boshnakova ihnen mit der Krankenversicherung, bei der Suche nach einem Schulplatz und einer Wohnung geholfen. Das bedeutet Vater Suleyman viel. Boshnakova übersetzt für uns: "Er ist sprachlos. Er hat überhaupt nicht erwartet, dass man so eine Hilfe hier anbietet, kostenlos."
Boshnakova hat Tränen in den Augen. Das zu hören mache sie sehr stolz. Sie selbst kennt es, neu in Deutschland zu sein und hat selbst Fluchterfahrungen. "Manchmal hilft es, wenn man den Leuten einfach zuhört, und das mache ich."
