110 Jahre Edertalsperre Zehn erhellende Fakten zum Edersee
Museum, Sportstätte, geheimnisvolles Gemäuer: Die Edertalsperre ist nicht nur eines der größten Bauwerke Hessens, sondern hat auch für Einheimische und Touristen einiges zu bieten.
Rund 1.000 Arbeiter aus verschiedenen Ländern waren am Bau beteiligt, vor 110 Jahren wurde sie fertiggestellt: Damals war die Edertalsperre der größte Staudamm Europas.
Noch heute faszinieren der Damm und der dadurch geschaffene Edersee Menschen aus Hessen und der ganzen Welt. Ob aus Interesse an Ingenieurskunst aus vergangenen Zeiten oder zur Entspannung, Hunderttausende besuchen die Talsperre jedes Jahr. Ein paar Fakten zum herausragenden Bauwerk.
1. Drittgrößter Stausee Deutschlands
Mit knapp 200 Millionen Kubikmetern Stauvolumen wird die Edertalsperre nur durch die Bleilochtalsperre in Thüringen und die Rurtalsperre in Nordrhein-Westfalen übertrumpft. Auch andere Zahlen sprechen für das Bauwerk in Nordhessen:
Der Stausee ist bis zu 42 Meter tief und 27 Kilometer lang. Die Staumauer ist rund 48 Meter hoch und 400 Meter lang. Bis ins Jahr 1991 führte sogar eine Kreisstraße über die gewaltige Mauer.
2. Versteckte Gänge in der Sperrmauer
Die Korridore sind zwar nur zu Wartungs- und Kontrollzwecken zugänglich. Doch zeigt sich darin ein erstaunliches Bild: An vielen Stellen tropft Seewasser von der Decke, teilweise bilden sich Stalaktiten.
Genau 200 Stufen führen in den 40 Meter tief gelegenen Kontrollstollen hinunter. Die Staumauer ist hier 36 Meter dick. Zugang hat seit 30 Jahren nur ein einziger Mensch: der Edertaler Talsperrenwärter Stephan Daude.
3. Drittgrößtes Wasserkraftwerk seiner Art in Deutschland
620 Megawatt Leistung erbringt das sogenannte Pumpspeicherkraftwerk unter dem Edersee. Das entspricht fast dem Stromverbrauch der gesamten Stadt Frankfurt.
Die Anlage liegt zum Großteil hunderte Meter tief im Berg. Die Dimensionen sind gigantisch: Die Haupthalle ist eine von Menschenhand geschaffene Höhle, in die das gesamte Kirchenschiff des Kölner Domes hineinpassen würde.
4. Kaiserlicher Besuch auf der Baustelle
Der Bau der Talsperre begann zwar schon im Jahr 1908, fertiggestellt wurde das Riesenkonstrukt aber erst im Jahr 1914. Am 14. August 1914 hätte Kaiser Wilhelm II. die Talsperre feierlich eröffnen sollen, doch dazu kam es nie. Zwei Wochen zuvor hatte der Erste Weltkrieg begonnen.
Immerhin hatte es zuvor eine hoheitliche Baustellenbegehung mit dem Kaiser gegeben. Schließlich kostete ihn das Projekt 17,5 Millionen Goldmark. Heute wären das umgerechnet etwa 352 Millionen Euro.
5. Loch im Staudamm
Ein Schicksalstag für viele Menschen aus der Region war der 17. Mai 1943. Mitten in der Nacht warfen die britische Kampfflugzeuge während des Zweiten Weltkriegs drei sogenannte Rollbomben auf die Staumauer des Edersees. Die Royal Airforce hatte die neuen Waffen extra für die deutschen Stauseen entwickelt. Die dritte der abgeworfenen Bomben fand ihren Weg ins Ziel.
Eine bis zu zwölf Meter hohe Flutwelle rauschte nach der Explosion durchs Tal und bis nach Kassel. 68 Menschen starben, viele flohen in Panik aus ihren Dörfern.
Innerhalb von vier Monaten, also noch während des Kriegs, bauten 2.000 Zwangsarbeiter die Edertalsperre wieder auf. Heute zeigen das Sperrmauermuseum und das Besucherzentrum am Edersee eindrückliche Ausstellungen zur Zerstörung des Damms.
6. Drei Dörfer und ein Wald auf dem Grund des Sees
Die Dörfer Asel, Berich und Bringhausen wurden für den Bau der Talsperre aufgegeben und an anderer Stelle neu errichtet. Wenn das Wasser zurückgeht, lassen sich heute noch die Überreste der alten Ortschaften und Wälder erkennen.
Die bekanntesten sichtbaren Relikte aus der Zeit "vor dem Wasser": die hübsche vierbogige Aseler Brücke sowie die Überreste der Burg und des Friedhofs von Bringhausen. Anwohner tauften die Überbleibsel liebevoll "Edersee-Atlantis".
7. Im Sommer 2024 so voll wie selten zuvor
Genauer gesagt, ist der Edersee derzeit zu 96 Prozent voll. Dadurch fehlen an den Badestellen sogar einige Liegeflächen, weil dort das Wasser steht. Vergangenes Jahr erreichte der Stausee sogar einen Höchststand von 100,51 Prozent.
Und das ist auch gut so. Denn mit dem Edersee-Wasser werden die Pegelstände der Weser und des Mittellandkanals ausgeglichen. Die Talsperre versorgt die Bundeswasserstraßen, damit sie auch im Sommer schiffbar bleiben.
8. Umrundung nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad
Mit dem Auto ist das nicht mehr möglich. Der 66 Kilometer lange Rundweg ist dafür umso idyllischer. Auf dem Urwaldsteig und dem Knorreichenstieg lässt sich der Edersee noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive erleben.
Die Wege führen unter anderem durch den Nationalpark Kellerwald-Edersee, der seit 2011 in Teilen zum Unesco-Weltnaturerbe erklärt wurde. Die ganze Wander-Region wurde im vergangenen Jahr außerdem als Qualitätsregion ausgezeichnet.
9. Längstes dauerhaft mit Farbwechsel illuminiertes Bauwerk der Welt
Damit ist die Edertalsperrmauer seit zehn Jahren Rekordhalter auf diesem Gebiet. Zum 100-jährigen Bestehen im Jahr 2014 angebracht, tauchen 39 LED-Scheinwerfer den Sperrdamm an den Wasserauslässen jeden Abend in ein besonders Licht.
10. Ein eigenes Seeungeheuer
Zumindest beherbergte der Edersee ein Tier mit ungeheuren Ausmaßen. Angler fingen dort vor etwa zwei Jahren einen Wels von 2,39 Metern Länge und fast 100 Kilogramm Gewicht.
Mit seiner hervorragenden Wasserqualität und den vielen verschiedenen Fischarten gilt der Edersee als Angelparadies. Auch andere Wassersportarten wie Segeln, Surfen, Rudern und Tauchen sind hier sehr gefragt.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 13.07.2024, 19.30 Uhr
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