17-Jährige in Wetzlar erschossen Vorbestrafter Neonazi wollte Trennung nicht akzeptieren - Opfer hatte Anzeige erstattet
Der Mann, der in Wetzlar-Blasbach eine Jugendliche und sich selbst erschossen hat, verübte vor Jahren einen rechtsextremistisch motivierten Brandanschlag. Der 32-Jährige saß mehrere Jahre in Jugendhaft. Das Todesopfer erstattete kurz vor der Tat Anzeige gegen ihn.
Der 32 Jahre alte Mann, der in Wetzlar eine 17-Jährige erschossen haben soll, hat zumindest in der Vergangenheit der militanten Neonazi-Szene angehört. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft Wetzlar am Mittwoch dem hr.
Demnach handelt es sich bei dem Mann um Francesco M., der 2010 einen rechtsextrem motivierten Brandanschlag in Wetzlar verübt hat. Zuerst hatte die Frankfurter Rundschau darüber berichtet.
Täter in Krankenhaus gestorben
Der 32-Jährige war am vergangenen Donnerstag gemeinsam mit einer 17-Jährigen mit Schussverletzungen auf einem Feldweg in Wetzlar-Blasbach aufgefunden worden. Nach dem Tod der jungen Frau erlag auch er am Montag seinen Verletzungen, wie die Staatsanwaltschaft Wetzlar am Dienstag mitteilte.
Nach dem aktuellen Ermittlungsstand soll er der Jugendlichen am Donnerstag aufgelauert und auf sie geschossen haben. Danach richtete er die Waffe gegen sich selbst. Die 17-Jährige war nach der Tat am Donnerstagmorgen mit einem Hubschrauber in eine Klinik gebracht worden, wo sie starb.
Jugendliche erstattete Anzeige
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft führten die beiden vor mehreren Monaten eine kurze, heimliche Liebesbeziehung, die dann von der 17-Jährigen beendet wurde. Laut Staatsanwaltschaft sei die Trennung nicht einvernehmlich gewesen, der Mann habe das offenbar nicht akzeptieren wollen.
Am 17. März habe die Jugendliche dann schließlich Anzeige wegen Körperverletzung und versuchter Nötigung erstattet. Dabei sei sie auch über die Möglichkeit eines Gewaltschutzantrags beim Amtsgericht informiert worden. Bei Francesco M. habe die Polizei zudem eine Gefährderansprache durchgeführt.
Nach Informationen der Bild-Zeitung soll der Mann das Mädchen vor der Tat monatelang belästigt und gestalkt haben. Nun kam es zum mutmaßlichen Femizid.
Der Begriff Femizid bezeichnet die Tötung einer Frau oder eines Mädchens aufgrund ihres Geschlechts im Kontext von Machtungleichheiten. Häufig geschieht dies innerhalb von engen persönlichen Beziehungen.
In Deutschland wird durchschnittlich alle zwei bis drei Tage eine Frau von ihrem aktuellen oder früheren Partner getötet. Die Zahl der versuchten Taten ist weitaus höher.
Juristisch gibt es den "Femizid" im deutschen Strafrecht nicht – stattdessen werden solche Taten meist als Mord oder Totschlag verfolgt. Organisationen wie Terre des Femmes, UN Women oder der Deutsche Juristinnenbund fordern jedoch "geschlechtsspezifische Beweggründe" im Strafrecht anzuerkennen, um die strukturelle Dimension der Gewalt zu betonen.
Der Begriff Femizid wurde ursprünglich im Feminismus geprägt, eine einheitliche Definition gibt es jedoch nicht.
Quellen: Bundeszentrale für politische Bildung, Deutscher Juristinnenbund, Terre des Femmes, UN Women, Weißer Ring, WHO, Wikipedia
Was bedeutet der Begriff Femizid?
Der Begriff Femizid bezeichnet die Tötung einer Frau oder eines Mädchens aufgrund ihres Geschlechts im Kontext von Machtungleichheiten. Häufig geschieht dies innerhalb von engen persönlichen Beziehungen.
In Deutschland wird durchschnittlich alle zwei bis drei Tage eine Frau von ihrem aktuellen oder früheren Partner getötet. Die Zahl der versuchten Taten ist weitaus höher.
Juristisch gibt es den "Femizid" im deutschen Strafrecht nicht – stattdessen werden solche Taten meist als Mord oder Totschlag verfolgt. Organisationen wie Terre des Femmes, UN Women oder der Deutsche Juristinnenbund fordern jedoch "geschlechtsspezifische Beweggründe" im Strafrecht anzuerkennen, um die strukturelle Dimension der Gewalt zu betonen.
Der Begriff Femizid wurde ursprünglich im Feminismus geprägt, eine einheitliche Definition gibt es jedoch nicht.
Quellen: Bundeszentrale für politische Bildung, Deutscher Juristinnenbund, Terre des Femmes, UN Women, Weißer Ring, WHO, Wikipedia
Vorstrafe: fünf Jahre Jugendhaft
Ziel des Brandanschlags im Jahr 2010 war das Haus des antifaschistisch engagierten Pastoralreferenten Joachim Schaefer. Verletzt wurde niemand. Der damals 17 Jahre alte M. wurde vom Landgericht Limburg wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt.
Schaefer sagte dem hr, schon früher habe M. einen Drang zur Machtdemonstration und Tötungsfantasien gezeigt. "Jetzt hat er es wirklich getan."
Schaefer habe M. später im Gefängnis auf dessen Wunsch hin besucht, wo dieser sich entschuldigt habe. M. habe auf ihn jedoch weitgehend empathielos gewirkt. In den Jahren nach der Haft sei M. in Blasbach weiterhin "martialisch aufgetreten", so Schaefer.
Waffe illegal besessen
Während der Brandanschlag damals klar dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet wurde, gibt es laut Staatsanwaltschaft nach derzeitigem Ermittlungsstand keine Hinweise darauf, dass auch die aktuelle Tat einen derartigen Hintergrund hatte.
Der 32-Jährige soll keine Erlaubnis für das Führen einer Schusswaffe besessen haben und die Tatwaffe illegal erworben haben. Eine Hausdurchsuchung bei ihm wurde laut Staatsanwaltschaft bereits durchgeführt.
Die Zahlen zu Gewalt gegen Frauen in Hessen sind konstant hoch: Im Jahr 2023 wurden 12.000 Fälle häuslicher Gewalt erfasst, 9.000 Frauen erlebten Gewalt in Partnerschaften und Ehen. In Deutschland wurden im Jahr 2023 laut BKA 155 Frauen durch ihren aktuellen oder früheren Partner getötet.