Investor plant Neustart in Brensbach 76 Euro für einen Schlachthof
Der Schlachthof in Brensbach im Odenwald ist seit anderthalb Jahren geschlossen - doch nun gibt es Hoffnung auf eine Wiedereröffnung. Ein Investor will den Betrieb übernehmen und modernisieren. Landwirte atmen auf, doch noch bleiben einige Hürden.
Seit anderthalb Jahren ist der Schlachthof in Brensbach (Odenwald) und damit die letzte große Schlachtmöglichkeit in Südhessen wegen Insolvenz geschlossen. Jetzt gibt es neue Hoffnungen, dass der Betrieb dort bald weitergehen kann. Dem Odenwaldkreis und dem Landkreis Darmstadt-Dieburg liegt ein Übernahmeangebot eines Investors vor, das dort auf Zustimmung stößt.
Investor will kräftig investieren
Stefan Sutor, derzeit Geschäftsführer des Schlachthofs in Aschaffenburg hinter der hessisch-bayerischen Grenze, hat dem hr bestätigt, dass er zusammen mit einem Mitinvestor die Mehrheitsanteile der beiden Landkreise für einen symbolischen Wert von 76 Euro übernehmen will – um dann dort kräftig zu investieren und den Schlachthof wieder fit zu machen. Laut Odenwaldkreis sollen mit dem Deal auch die Gläubiger aus dem Insolvenzverfahren "weitgehend befriedigt" werden.
Der Bedarf für Schlachtmöglichkeiten in der Region ist enorm, seit der Odenwald-Schlachthof dicht gemacht wurde. Zwar hat kürzlich im nahe gelegenen Modautal (Darmstadt-Dieburg) eine Schlachthalle eröffnet. Sie verfügt aber nur über geringe Kapazitäten. Ihr Betreiber spricht von einem "großen Tropfen auf den heißen Stein".
Schweinepest verschärfte die Lage
Für viele lokale Viehzüchter bedeutet dies, dass sie ihre Tiere auf lange Transportwege von teilweise hunderten Kilometern schicken müssen. Dies gilt insbesondere für Schweine aus der von der Afrikanischen Schweinepest (ASP) betroffenen Sperrzone 2, die sich über weite Teile Südhessens erstreckt.
"Brensbach ist der letzte Hoffnungsanker, den wir jetzt haben", sagt Sutor, der auch am Schlachthof in Fulda beteiligt ist. Wie hoch der Investitionsbedarf sein wird, kann er noch nicht sagen. Die Summe von vier Millionen Euro, die Odenwald-Landrat Frank Matiaske (SPD) jüngst bei einer Sitzung des Haupt-und Finanzausschusses in den Raum stellte, will er jedenfalls nicht bestätigen.
"Wir müssen jetzt erst einmal eine Bestandsaufnahme machen", sagt Sutor. In welchem Zustand sind die Leitungen, die Haustechnik? Auch ein Energiekonzept muss erstellt werden. Er schätzt, dass man im Laufe des zweiten Quartals hierzu Näheres sagen kann.
Transporte bis nach Schleswig-Holstein
Für viele Landwirte und Schweinezüchter war die Schließung des Brensbacher Schlachthofs schon schlimm genug. Die Tiere mussten nun zu Schlachthöfen in Fulda, Aschaffenburg oder Baden-Württemberg gebracht werden. Dann kam auch noch die Schweinepest.
Von da an durften auch diese Schlachthöfe Schweine aus der Sperrzone 2 nicht mehr annehmen. Die Tiere wurden nun teilweise bis nach Schleswig-Holstein gefahren. Das ist weder im Sinne der Umwelt noch des Tierwohls.
Wichtig: Sperrzone-2-Zulassung
Die neue Schlachthalle in Modautal, die über eine Sperrzone-2-Zulassung verfügt, brachte da nur ein wenig Abhilfe. Die betroffenen Züchter dürften deshalb mit Erleichterung zur Kenntnis nehmen, dass auch für Brensbach eine solche Zulassung beantragt werden soll. "Ohne die geht es gar nicht", sagt der Investor.
Der Schlachthof in Brensbach war von der Odenwald Schlachthof GmbH betrieben worden. Diese ging im März 2023 in die Insolvenz. Damit war auch das Schicksal der Odenwald Schlachthof Bauträger GmbH besiegelt, die die Immobilie und die Einrichtung besitzt und die zu je 38 Prozent dem Odenwaldkreis und dem Landkreis Darmstadt-Dieburg gehört.
Verhandlungen laufen schon länger
Die beiden Landkreise waren 1995 in die Bauträger GmbH eingestiegen. Von Anfang an hatte der Landkreis Darmstadt-Dieburg seine Investition treuhänderisch dem Odenwaldkreis übergeben. Nach dem Ausscheiden anderer Gesellschafter erwarb der Odenwaldkreis für beide Kreise zusätzliche Anteile.
Heute beläuft sich ihr Gesamtanteil auf 76 Prozent, der Rest von 24 Prozent ist nach Angaben des Odenwaldkreises in der Hand von sieben weiteren Gesellschaftern. Sutor und sein Mitinvestor haben schon länger Interesse an dem Objekt, und die Verhandlungen im Hintergrund laufen wohl schon seit vergangenem Jahr.
"Zeichen stehen auf Einigung"
Jetzt wurde erstmals ein konkretes Angebot bekannt. Sutor ist das nach eigenen Worten gar nicht so recht. Zu viel sei in dem komplexen und sensiblen Gefüge aus Gesellschaftern, Gläubigern, Behörden und Vorschriften noch zu klären. "Wir hätten uns gewünscht, dass es noch zwei, drei Wochen dauert." Ungern würde er vorzeitig Hoffnungen schüren, die am Ende enttäuscht werden könnten.
Gleichzeitig ist er guter Dinge, dass alles auf einen guten Weg gebracht wird. "Die Zeichen stehen auf Einigung", sagt er vorsichtig optimistisch. Das würde auch Landwirt Philipp Lautz aus Ober-Ramstadt (Darmstadt-Dieburg) begrüßen. Er hatte nach der Schließung des Odenwald-Schlachthofs seinen Tierbestand reduziert.
Landwirte und Tiere würden profitieren
"Wenn Brensbach wieder aufmacht, wäre das grundsätzlich für unsere Region mit so vielen Menschen, wo Landwirte vor Ort versuchen, für Lokalität zu sorgen, ein positiver Zugewinn", sagt er. Die wenigen Tiere, die er noch schlachten lässt, bekommt er derzeit mit Modautal abgedeckt. Lange Tiertransporte sind für ihn jedenfalls keine Lösung. "Tierwohl und Qualität stehen an erster Stelle."
Zumal auch Aschaffenburg in absehbarer Zeit nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Der Pachtvertrag läuft 2029 aus, die Stadt will das Gelände, das sich inzwischen durch die Stadtentwicklung in einem Wohngebiet befindet, anderweitig nutzen. Mit der Aufdeckung von Tiermisshandlungen im Sommer 2023 habe das nichts zu tun, sagt Sutor. Er war auch erst danach als Geschäftsführer eingesetzt worden.
Kreistage müssen noch zustimmen
Dem Verkauf des Brensbacher Schlachthofs müssen noch die Kreistage des Odenwaldkreises und des Kreises Darmstadt-Dieburg zustimmen. Sie treten am kommenden Montag zusammen. Eine Zustimmung gilt als sehr wahrscheinlich.