A5-Raststätte Gräfenhausen Streikende Lkw-Fahrer beauftragen Vermittler – und duschen in Darmstadt

Nach vier Wochen Streik wegen ausstehender Löhne haben die in Gräfenhausen wartenden Lkw-Fahrer einen Vermittler der europäischen Transportarbeitergewerkschaft eingeschaltet. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen den Transportunternehmer.

Streikender Lkw-Fahrer sitzt vor einem der Lkw
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hs 15.08.2023
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Die streikenden Lkw-Fahrer an der Autobahnraststätte Gräfenhausen bei Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) haben einen Sprecher beauftragt, um ihre Interessen zu vertreten. Edwin Atema von der europäischen Transportarbeitergewerkschaft sagte der Deutschen Presse-Agentur, er habe von allen streikenden Fahrern eine entsprechende Vollmacht erhalten. Atema hatte schon in den vergangenen Wochen für die Fahrer gesprochen, stand unter anderem für Presseanfragen zur Verfügung.

Die Lkw-Fahrer aus Georgien, Usbekistan und anderen zentralasiatischen Staaten hatten zuvor individuell mit dem polnischen Speditionsunternehmer verhandelt, von dem sie ausstehenden Lohn verlangen. Nach Angaben der Fahrer wurden sie seit bis zu fünf Monaten nicht bezahlt.

Duschpendel-Service für rund 120 Streikende

Zu Beginn des Streiks hatte etwa ein Dutzend Fahrer in individuellen Gesprächen Erfolge erzielt und die Wagen an die Spedition zurückgegeben. Seitdem schlossen sich bis zu 120 Fahrer dem Streik an, aktuell befinden sich rund 110 Lkw vor Ort. Damit die Streikenden sich waschen können, gibt es nun einen Pendelservice, den der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gemeinsam mit dem Darmstädter Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) organisiert hat. Denn die Duschen auf dem Rastplatz sind kaputt.

Männer mit Taschen stehen vor einem Bus mit der Aufschrift "Schulbus"
Am Dienstag startete der erste Shuttle-Bus und brachte die Streikenden zum Duschen. Bild © Milena Pieper

Zweimal pro Woche fahren Busse die Fahrer zu einer Sporthalle in Darmstadt, wo sie während der Sommerferien die Duschen nutzen können. Beim Waschen der Wäsche sind nach Angaben des DGB ehrenamtliche "Waschpaten" im Einsatz. Sie sammeln die Wäsche der Fahrer ein und bringen sie gewaschen wieder zurück.

Wie lange der Streik noch anhalten wird, ist unklar. Seit Wochen gibt es keine Gespräche mehr – beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld an dem Stillstand. Der polnische Unternehmer hat mittlerweile Anzeige unter anderem wegen Erpressung bei der Staatsanwaltschaft Darmstadt erstattet.

Vorwurf gefälschter Kündigungsschreiben

"Der Ball ist nun in der Ecke des Unternehmens", sagte Atema. Der niederländische Gewerkschafter hatte bereits im April für mehr als 60 Fahrer des gleichen Unternehmens verhandelt, die ebenfalls in Gräfenhausen in den Streik getreten waren. Er habe das Unternehmen darüber informiert, dass die Fahrer ihn mit den Verhandlungen beauftragt hätten.

Nach Angaben von Atema haben alle Streikenden Kündigungsschreiben erhalten, auf denen auch ihre Unterschriften ständen. "Das ist gefälscht", insistierte Atema. Die Anschuldigungen gegen die Fahrer entbehrten jeglicher Grundlage. So seien Vertreter des Unternehmens am Wochenende nicht daran gehindert worden, zwei leere Lastwagen zu übernehmen.

Schon der zweite Streik innerhalb weniger Monate

Bereits vor rund dreieinhalb Monaten waren in Gräfenhausen rund 60 Fahrer derselben Spedition in den Streik getreten und konnten nach sechs Wochen ihre Forderungen durchsetzen. Ihr Arbeitskampf sorgte auch für stärkere Aufmerksamkeit für die Arbeitsbedingungen im internationalen Gütertransport.

Bei der geplanten Zerschlagung des ersten Streiks hatte der Spediteur im wahrsten Sinne des Wortes schwere Geschütze aufgefahren. Er beauftragte den in Polen prominenten Detektiv Krzysztof Rutkowski. Dieser fuhr mit einer Privatmiliz und einem panzerähnlichen Fahrzeug auf dem Rastplatz vor, um die Fahrer unter Druck zu setzen.

Ein Großaufgebot der Polizei verhinderte damals eine gewalttätige Eskalation. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft Darmstadt in diesem Zusammenhang gegen den Fahrzeugführer und den Veranlasser der Fahrt, da der gepanzerte Geländewagen der Marke AMZ TUR VI unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen könnte.

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 15.08.2023, 16:45 Uhr

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Quelle: hessenschau, Milena Pieper (hr), dpa/lhe