Mängel bei Sicherheitsstandards Wie sicher sind Rastanlagen an Hessens Autobahnen?
Viele unbewirtschaftete Rastanlagen in Hessen sind laut ADAC zu wenig beleuchtet. Auch bei Notrufsäulen gibt es häufig Mängel. Dass das auch besser geht, zeigt ein Rastplatz bei Frankfurt.
Es war ein Schockmoment für die Reisenden: Mit gezogenen Waffen haben kürzlich Räuber einen Reisebus auf einem Autobahnparkplatz an der A3 bei Niedernhausen (Rheingau-Taunus) überfallen. Die Täter erbeuteten mehrere Handys und flüchteten anschließend. Verletzt wurde glücklicherweise niemand.
Laut Experten handelt es sich dabei um einen Ausnahmefall. "Überfälle an Rastanlagen sind nach aktuellem Kenntnisstand seltene Ereignisse und betreffen eher Lkw", sagt Wolfgang Herda vom ADAC Hessen-Thüringen.
Dabei gehe es vornehmlich um den Ladungsdiebstahl. Insbesondere ein bewaffneter Angriff auf einen Reisebus, wie im aktuellen Fall, sei außergewöhnlich.
Tankbetrug besonders häufig
Laut Polizeilicher Kriminalstatistik sind nach Angaben des Innenministeriums in Wiesbaden im Jahr 2023 an Hessens Autobahnrast- und -parkplätzen 1.746 Straftaten erfasst worden. 799 davon wurden aufgeklärt. 2022 waren es noch 1.965 Fälle gewesen, von denen 899 geklärt wurden.
In der weit überwiegenden Zahl handele es sich um Fälle des Tankbetrugs, erläutert eine Sprecherin des Ministeriums. Aber auch besonders schwere Fälle des Diebstahls an beziehungsweise aus Fahrzeugen seien vermerkt, ebenso Fälle von Sachbeschädigung, einfachem Diebstahl an oder aus Fahrzeugen, Auto-Diebstahl.
Diebstahl-Banden im Visier
Unter anderem wurden demnach auch Fälle von unerlaubtem Aufenthalt nach unerlaubter oder ungeklärter Einreise, von Gebrauch gefälschter Urkunden sowie von Unterschlagung sonstiger Güter beziehungsweise Sachen sowie Sachbeschädigungen registriert.
"Im Zusammenhang mit den Park- und Rastanlagen kommt gewerbs- und bandenmäßig begangenen Deliktsphänomenen wie Ladungsdiebstahl seitens der hessischen Polizei besondere Aufmerksamkeit zu", erklärt die Sprecherin.
Neben entsprechenden Präventionsmaßnahmen wie Flyer, Plakate und Gesprächsangebote für Lkw-Fahrer an zentralen Autobahnrastanlagen erfolge eine regelmäßige Bestreifung insbesondere in den Abend- und Nachtstunden.
Rastplatz "Schäferborn" positives Beispiel
Die Sicherheit auf Park- und Rastplätzen hängt laut Herda von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählten die Lage, Besucherfrequenz und bauliche Gestaltung. "Besonders kleinere, abgelegene Parkplätze sind in den Abend- und Nachtstunden weniger frequentiert, was das Sicherheitsgefühl beeinflussen kann."
Viele unbewirtschaftete Rastplätze in Hessen kämen jedoch beim Thema "Persönliche Sicherheit" eher schlecht weg. "Das belegt ein ADAC-Test von 2022, bei dem alle vier getesteten Plätze in den Parkbereichen zu wenig beleuchtet waren, bei der Hälfte war die Notrufsäule nicht in zentraler Lage positioniert."
Dass das auch besser gehe, zeige beispielsweise der nachts hell erleuchtete Rastplatz "Schäferborn" an der A5 bei Frankfurt. "Hier gibt es keine dunklen Ecken", berichtet Herda. Alle Stellplatzbereiche für Pkw und Lkw seien mit lichtstarken Laternenmasten ausgestattet, die für Helligkeit sorgten.
ADAC fordert Modernisierung
Vollständige Sicherheit könne es an keinem öffentlichen Ort geben, betont er. "Dennoch gibt es bauliche Maßnahmen, die das Risiko von Straftaten reduzieren können." Eine gute Beleuchtung, eine offene Bauweise ohne dunkle und unübersichtliche Bereiche sowie eine klare Wegeführung trügen erheblich zur tatsächlichen und empfundenen Sicherheit bei.
"Viele unbewirtschaftete Rastanlagen entsprechen noch nicht modernen Sicherheitsstandards hinsichtlich Beleuchtung, Übersichtlichkeit und bauliche Gestaltung und sollten entsprechend modernisiert werden", so Herda. Eine über diese Maßnahmen hinausgehende Spezialausstattung halte der ADAC derzeit nicht für notwendig.
90 Prozent der Anlagen mit Notrufsäulen ausgestattet
Insgesamt 158 bewirtschaftete und unbewirtschaftete Rastanlagen gibt es laut der Autobahn GmbH des Bundes entlang der hessischen Autobahnen. Die Gesellschaft ist für deren Infrastruktur verantwortlich.
Circa 90 Prozent der Rastanlagen sind einer Sprecherin zufolge mit Notrufsäulen ausgestattet. An welchen Anlagen Notrufsäulen installiert werden, dazu gebe es Richtlinien und Empfehlungen. "Ziel ist, auf jeder Rastanlage eine Notrufsäule zu errichten", erklärt sie.
Rastanlagen mit WC-Gebäuden seien grundsätzlich beleuchtet. "Kleinere Anlagen ohne WC-Gebäude sind zurzeit noch nicht alle beleuchtet." Diese würden im Zuge der Erneuerung oder Erweiterung sukzessiv mit WC-Gebäuden und mit Beleuchtung ausgestattet.
Zu regelmäßiger Wartung verpflichtet
Die Wartung der Notrufsäulen und der Beleuchtung erfolge gemäß den Vorgaben des Leistungshefts für den Straßenbetrieb auf Bundesfernstraßen. "Die elektrotechnischen Anlagen sind regelmäßig zu warten und instand zu halten, um ihre jeweilige Funktion zu gewährleisten. Durch die Streckenkontrolle werden die Rastanlagen mehrmals wöchentlich befahren, um mögliche Beeinträchtigungen frühzeitig zu erkennen", erläutert die Sprecherin.
Auf die Frage, wie die Autobahn GmbH die Sicherheit der Rastanlagen beurteile, erklärt sie, das obliege der zuständigen Polizei. Die Autobahn GmbH sei zuständig für die Verkehrssicherungspflicht. "Dieser kommen wir durch regelmäßige Kontrollen und Wartungen unserer Anlagen vor Ort nach."