Seuche in Südhessen Landwirte leiden unter Schweinepest-Auflagen
Tiere in Quarantäne, Drohnen-Überwachung und jede Menge Verwaltungsaufwand: Die in Teilen Südhessens ausgebrochene Schweinepest macht vor allem Landwirten zu schaffen. Sie versuchen trotz der Restriktionen, ihre Betriebe am Laufen zu halten.
Erst vergangenes Jahr ist der Schweinestall auf dem Hof in Riedstadt-Wolfskehlen (Groß-Gerau) von Rainer Roth fertig geworden - eine moderne Anlage mit Außenklimastall. Das Futter ist aus eigenem Anbau, die Schweine werden auf dem Hof geschlachtet.
Sein Sohn Mario hat die hauseigene Metzgerei übernommen. Viel Arbeit, Leidenschaft und Kosten haben in dem Projekt gesteckt. Nun steht der Schlachtbetrieb aber erst mal still.
Seit dem ersten Fund eines infizierten Kadavers macht die Afrikanische Schweinepest den Landwirten in der Restriktionszone das Leben schwer. Auch der Betrieb von Rainer Roth unterliegt strengen Auflagen: Roths Schweine mussten auf das Virus getestet werden. Um den Stall herum wurde ein Elektrozaun aufgestellt, Schuhe und Gummistiefel müssen vor Betreten des Stalles jedes mal desinfiziert werden.
Hausschweine in Quarantäne
Gerade befinden sich die Tiere in einer 14-tägigen Quarantänephase. Danach werden Blutproben genommen. Wenn dann kein Schwein infiziert ist, kann Roth wieder schlachten. Das wäre für ihn gerade das Best-Case-Szenario in dieser Situation, erklärt der Landwirt.
Bis dahin bleibe die Unsicherheit. Sollte ein erkranktes Tier gefunden werden, müssten die Schweine getötet werden. Dieses Szenario ist jetzt auf einem Hof bei Biebesheim eingetreten.
"Die Nerven liegen blank", sagt Roth. Trotzdem habe er vollstes Verständnis, dass die Ämter ihre Arbeit machen. Die Afrikanische Schweinepest bedeute für alle - für die Landwirte und die Behörden - einen erheblichen Mehraufwand. Und das, obwohl man in der Landwirtschaft sowieso schon häufig 14-Stunden-Tage habe, sagt Roth.
Auch Landwirte ohne Schweinehaltung sind betroffen
Nicht nur für Landwirte, die Schweine halten, ist es eine schwere Zeit: Vor jeder Ernte müsse sein Feld mit einer Drohne überflogen werden, berichtet Wolfgang Dörr. Er leitet einen Gemüsebaubetrieb in Trebur (Groß-Gerau). Die Drohnen arbeiten mit Wärmebildkameras, um Wildschweine oder infizierte Kadaver zu erkennen.
Vor jedem Drohnenflug müsse er einen Antrag beim Kreis Groß-Gerau stellen, damit ein Drohnenpilot über seine Felder fliegen könne, sagt Dörr. Die Bearbeitungszeit für einen Antrag dauere gerade ungefähr drei Tage. Und dann müsse bei der Ernte auch noch das Wetter mitspielen.
Hätte uns die Seuche im November getroffen, wäre es nicht so schlimm gewesen
Die Seuche bedeute für die Bauern viel Extraarbeit. "Wir Landwirte sind unverschuldet in diese Situation gekommen", sagt Dörr. Er schätzt, dass die Landwirtschaft noch das ganze Jahr mit der Schweinepest zu tun haben werde. Gerade in dieser Jahreszeit, in der geerntet wird, seien die Auflagen ein Problem. "Hätte uns die Seuche im November getroffen, wäre es lange nicht so schlimm gewesen wie jetzt", sagt Roth.
Zwar hat der Kreis bereits einige Restriktionen gelockert - bis vor kurzem durften die Landwirte nicht mit Maschinen auf ihre Felder fahren, um Wildschweine nicht aufzuscheuchen. Dennoch bleibt viel Papierkram, Extraaufwand und Unsicherheit übrig.
Kreis Groß-Gerau ist überlastet
Im Kreis Groß-Gerau versucht man derweil, den Verwaltungsaufwand zu stemmen. Um den Anträgen hinterherzukommen, würden Überstunden gemacht, man arbeite auch am Wochenende, häufig über die Belastungsgrenze hinaus sagt ein Sprecher des Kreises.
Aus dem Umweltministerium heißt es, man versuche in Absprache mit Experten des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), alles, um Ausfälle bei der Ernte zu vermeiden. Das Land unterstütze den Kreis Groß-Gerau mit einer Reihe von Maßnahmen, etwa mit Hunde- und Drohnensuchteams sowie der Bestellung von erforderlichen Wildzäunen.
Außerdem erhalte der Kreis Unterstützung durch eine Mitarbeiterin des Schweinegesundheitsdienstes vom Hessichen Landeslabor. Täglich finde eine enge Kommunikation mit den zuständigen Veterinärbehörden, dem Landeslabor, dem FLI und den Einsatzkräften vor Ort statt. Auch der Austausch zwischen dem Ministerium, den betroffenen Regierungspräsidien und den Landkreisen sei eng und transparent.
Redaktion: Marit Tesar
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 09.07.2024, 19.30 Uhr