Amtsgericht Marburg Pfleger wegen Vergewaltigung zu Gefängnisstrafe verurteilt
Ein Krankenpfleger ist in Marburg zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 60-Jährige einen jungen Mann in einer psychiatrischen Wohngruppe vergewaltigt hatte.
Der Krankenpfleger wurde am Dienstag am Amtsgericht Marburg zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem muss er dem Opfer, einem damaligen Patienten einer geschlossenen Psychiatrie im Kreis Waldeck-Frankenberg, ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro zahlen.
Das Gericht folgte mit dem Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert, weil sie die Taten als nicht ausreichend bewiesen ansah.
Richter: Planvoll vorgegangen
Richter Wieland Stötzel sprach bei der Urteilsverkündigung von einer verhältnismäßig harten Strafe. Für Vergewaltigung wird eine Mindeststrafe von zwei Jahren gefordert. Die anderen Taten werden in der Gesamtstrafe miteinander verrechnet.
Stötzel begründete die fast vierjährige Haftstrafe unter anderem damit, dass der Angeklagte planvoll und strategisch vorgegangen sei.
Er habe außerdem gewusst, dass der junge Mann drogenabhängig war und genau deswegen in der Einrichtung Hilfe gesucht habe. Diesen eigentlich geschützten Raum habe der Pfleger ausgenutzt. "Das wiegt schon schwer", sagte Stötzel.
Übergriffe während der Nachtschicht
Die Übergriffe hatten sich vor rund drei Jahren ereignet. Der 60 Jahre alte Krankenpfleger betreute 2021 in einer geschlossenen psychiatrischen Wohngruppe im Kreis Waldeck-Frankenberg einen 27-Jährigen. Dieser wurde im Prozess als intelligenzgemindert und drogenabhängig beschrieben.
Laut Urteil hatte der Pfleger davon erfahren, dass der Bewohner weiter Drogen konsumierte und ihn damit unter Druck gesetzt, ihn zu verraten. Während einer Nachtschicht drängte er ihn dann zu sexuellen Handlungen auf einer Matratze im Dienstzimmer. Außerdem gab er ihm stark süchtig machende, sexuell stimulierende Drogen, sogenannte Poppers.
Opfer als Zeuge
Bei einem Treffen in der Wohnung des Angeklagten auf dem Gelände der Einrichtung vergewaltigte der Pfleger den jungen Mann dann.
Das Opfer trat im Prozess als Nebenkläger auf und sagte auch als Zeuge aus. Auch Mitarbeiter der Einrichtung sagten aus. Als Beweismittel wurden zudem stark sexualisierte Chatverläufe verlesen, die Pfleger und Bewohner miteinander ausgetauscht hatten.
Hohes Schmerzensgeld verhängt
Das Gericht erklärte: Da sich der Angeklagte im Prozess nicht geäußert hatte, habe es - abgesehen davon, dass er keine Vorstrafen habe - "wenig Material" gegeben, das man zu seinen Gunsten hätte werten können.
Verhältnismäßig hoch war auch das Schmerzensgeld, das das Gericht verhängte: Mit 10.000 Euro war es doppelt so hoch wie das, was die Nebenklage mindestens gefordert hatte. Der Gericht begründete das mit den erheblichen psychischen Verletzungen, die das Opfer davongetragen habe.
Redaktion: Rebekka Dieckmann
Sendung: hr4, 02.07.2024, 15.30 Uhr