Nach Antisemitismus-Eklat in Darmstadt Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Pfarrer wegen Volksverhetzung
Nach antisemitischen Entgleisungen auf einem Weihnachtsmarkt in Darmstadt hagelte es Strafanzeigen gegen die verantwortliche Kirchengemeinde. Nach Prüfung sieht die Staatsanwaltschaft den Anfangsverdacht bestätigt.
Nach dem Antisemitismus-Eklat auf einem Weihnachtsmarkt in Darmstadt ermittelt die Staatsanwaltschaft jetzt wegen des Verdachts auf Volksverhetzung gegen den Pfarrer der verantwortlichen Gemeinde. Das bestätigte Oberstaatsanwalt Robert Hartmann am Freitag. Demnach liegen mehrere Strafanzeigen gegen den Geistlichen der evangelischen Michaelsgemeinde vor.
Eine der Anzeigen stammt von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), dem Arbeitgeber von Pfarrer Manfred Werner. Sie richtet sich nach Angaben der Landeskirche nicht nur an Werner, sondern den kompletten Kirchenvorstand. Die EKHN untersagte Werner zudem mit sofortiger Wirkung die Ausübung seines Amtes.
Zuvor hatten auch die Jüdische Gemeinde sowie der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker (CDU) Strafanzeige erstattet. Am Freitag schloss sich auch die Stadt Darmstadt an, wie ein Sprecher mitteilte.
Auf dem Weihnachtsmarkt der Michaelsgemeinde war am Wochenende Material mit antisemitischen Slogans oder verbotenen Symbolen aufgetaucht. Auf Flyern war beispielsweise der Spruch "From the river to the sea" zu lesen. Mit der Parole wird ein freies Palästina gefordert - und damit nach der Überzeugung vieler die Auslöschung Israels. Die Gemeinde veranstaltete den Markt zusammen mit der Palästina-Solidaritätsgruppe "Darmstadt4Palestine".
In der Folge wuchs der Druck auf die Michaelsgemeinde, Darmstadts Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) und auch Uwe Becker übten scharfe Kritik. Pfarrer Werner berichtete daraufhin von Morddrohungen gegen ihn und seine Familie. "Ich sehe mich in eine Ecke gedrängt, gegen die ich immer gekämpft habe", sagte er.
Mitglied des Kirchenvorstands zurückgetreten
Am Freitag wurde bekannt, dass auch das für die Organisation des Weihnachtsmarkts zuständige Mitglied des Gemeindevorstands zurücktrat. Damit wolle der ehrenamtliche Mitarbeiter Schaden von der Gemeinde abwenden, sagte Werner.
Unterdessen erwägt auch die Michaelsgemeinde selbst, gegen die mutmaßlich verantwortliche Palästina-Solidaritätsgruppe "Darmstadt4Palestine" Anzeige zu erstatten. Die Gruppe habe ihn und die Gemeinde getäuscht, sagte Pfarrer Werner am Donnerstag.
"Darmstadt4Palestine" fühlt sich durch die Bericherstattung und die Reaktionen "diffamiert", wie die Gruppe am Donnerstag auf Instagram schrieb. Zum konkreten Antisemitismus-Vorwurf äußert sie sich nicht.