Umstrittener Vorfall in Idstein Kampfsportlehrer wegen Auseinandersetzung mit Polizisten verurteilt

Wegen einer Auseinandersetzung mit Polizisten vor einer Wache in Idstein ist ein 42-Jähriger zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Ein zunächst verschwundenes Überwachungsvideo führte zu viel Ärger - und der Frage: Täter oder Opfer?

Drei Menschen in Polizeiuniformen knien auf einer Person, die auf dem Boden liegt. Ein vierter steht daneben.
Das Überwachungsvideo wurde dem hr zugespielt. Bild © Screenshot/anonyme Quelle
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Dieser Fall schlug hohe Wellen und war zwischenzeitlich sogar Thema im Landtag: Ein Mann wurde im September 2020 vor der Polizeiwache in Idstein (Rheingau-Taunus) in einer gegenseitigen Auseinandersetzung von Beamten niedergerungen und noch am Boden liegend mehrfach geschlagen. Ein zunächst verschwundenes und später aufwendig rekonstruiertes Überwachungsvideo dokumentierte den Vorfall.

Rund vier Jahre später fällte das Amtsgericht Wiesbaden in dieser Woche sein Urteil gegen den Kampfsportlehrer Liam Conwey. Wegen Widerstands, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung wurde der 42-Jährige zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt, wie die Staatsanwaltschaft dem hr bestätigte. Zuerst hatten die Frankfurter Rundschau und der Wiesbadener Kurier berichtet.

Mit der Faust auf den Kopf

Am fraglichen Abend hatte der Betreiber einer Kampfsportschule seinen Vater nach einer Verkehrskontrolle von der Polizeiwache abholen wollen. Laut der Beamten verhielt sich der wegen Drogen- und Verkehrsdelikten polizeibekannte Conway aggressiv, sodass er vor dem Gebäude zu Boden gebracht und festgenommen wurde.

Überwachungskameras vor dem Polizeirevier filmten, was dort passierte. Weil die Videos nicht richtig gesichert wurden, ließ die Staatsanwaltschaft sie für die Ermittlungen technisch rekonstruieren. Darauf ist dokumentiert, wie drei Menschen in Polizeiuniformen auf einer Person knien, die auf dem Boden liegt. Ein vierter steht daneben.

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Drei Menschen in Polizeiuniformen knien auf einer Person, die auf dem Boden liegt. Ein vierter steht daneben.
Auf dem Ausschnitt des Videos sind aus zwei Blickwinkeln die Schläge auf den Kopf zu sehen. Die Videos liegen dem hr in vollständiger Länge vor. Bild © Anonyme Quelle
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Auch hessenschau.de berichtete im Januar 2023 über die Videos, auf denen zu sehen ist, wie sich Conway wehrt und die Beamten immer wieder Arme, Beine und Kopf des Mannes zu Boden drücken, bevor ein Polizist mit der Faust auf Conways Kopf schlägt.

Verschwundenes Video sorgte für Ärger

Die zeitwiese verschwundenen Videos sorgten auch in der Politik für Ärger. Hessens damaliger Innenminister Peter Beuth (CDU) musste 2023 der Opposition Rede und Antwort stehen. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wiesbaden wegen einer möglichen Strafvereitelung im Amt wurden unlängst eingestellt.

Ob die Videos Conway be- oder entlasten, darüber gibt es verschiedene Ansichten. Nach Meinung der Staatsanwaltschaft ist zu erkennen, wie Conway nach der Dienstwaffe eines Polizisten greift. Daraufhin habe der Beamte rechtmäßig körperliche Gewalt angewendet.

Laut Conways Anwalt, Michael Heuchemer, zeigt das Video: "Er ist das Opfer und nicht der Täter." Ein Gutachter habe bestätigt, dass Conway nicht nach der Dienstwaffe gegriffen habe.

Berufung angekündigt

Für den Anwalt ist das jetzige Urteil ein "Etappensieg". Schließlich habe die Staatsanwaltschaft erst eine Strafe von zwei Jahren und sechs Monaten gefordert. "Das hätte Gefängnis bedeutet", sagt Heuchemer, "Jetzt ist es die Hälfte an Strafmaß - und auf Bewährung."

Der Anwalt kündigte dennoch an, auch gegen dieses Urteil in Berufung gehen zu wollen.

Bereits Ende September vergangenen Jahres wurde das letzte Verfahren gegen die beteiligten Polizisten eingestellt. Damals erklärte ein Sprecher der Staatsanwalt Wiesbaden, es sei rechtmäßig gewesen, dass der Polizist den am Boden liegenden Conway geschlagen hatte. Die Verfahren gegen zwei weitere Beamte und eine Beamtin waren bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingestellt worden.

Redaktion: Felix Monsees

Sendung: hr1,

Quelle: Andrea Bonhagen, hessenschau.de