Tränen und Wut Wohnmobilhändler kassiert kurz vor der Insolvenz noch Kunden ab
Ein Händler für Wohnmobile aus dem Rhein-Main-Gebiet hat offenbar seine Kunden betrogen: Obwohl ein Insolvenzverfahren kurz bevor stand, trieb er noch Geld von ihnen ein – die Wohnmobile haben die Käufer nie bekommen. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Holger Drzycimski erfährt im Sommerurlaub in Kroatien aus dem Internet, dass die Camper Base Rhein-Main Insolvenz angemeldet hat. Also in dem Urlaub, in dem er eigentlich mit seinem neuen Wohnmobil unterwegs sein wollte.
Etwa 65.000 Euro haben er und seine Frau Sabine dafür bezahlt, das Wohnmobil stand schon auf dem Hof der Firma in Ginsheim-Gustavsburg (Groß-Gerau) bereit. Kurz vor dem Urlaub wollte er dann den Fahrzeugbrief abholen, doch der war nicht da.
Das war im Juli. Den Fahrzeugbrief hat er bis heute nicht erhalten, auch nicht das Wohnmobil. "Der Traum ist wie eine Seifenblase geplatzt", sagt der Duisburger, der für sein Traumgefährt sogar das eigene Haus verkauft hat.
Kunden fühlen sich betrogen
Wie Drzycimski ging es auch anderen Kunden. Sie fühlen sich betrogen. Ende Juli meldete die Firma Insolvenz an, wie aus dem Gutachten des Insolvenzverwalters hervorgeht, das dem hr vorliegt. Demnach war Camper Base Rhein-Main zu diesem Zeitpunkt schon seit Wochen zahlungsunfähig, zog aber weiter Raten von Kunden ein.
Einer von ihnen überwies drei Tage vor Beginn des Insolvenzverfahrens auf Drängen des Unternehmens noch knapp 20.000 Euro und "kam aus Paris angereist, um festzustellen, dass er sein Geld verloren hatte", heißt es im Gutachten weiter. "Manche dieser Kunden waren nahe an der Verzweiflung und ich kann nachvollziehen, wenn Tränen flossen und Wut zum Ausdruck kam", schreibt der Insolvenzverwalter.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Die Camper Base ist mittlerweile auch ein Fall für die Staatsanwaltschaft Darmstadt. Sie nennt aus Datenschutzgründen keinen Namen, erklärt dem hr aber, man prüfe den Verdacht der Insolvenzverschleppung bei einem Unternehmen, das Wohnmobile vertreibt. Auch Privatpersonen haben Strafanzeige wegen Betrugs gestellt.
Der Insolvenzverwalter will den Vorgang nicht kommentieren, weil es sich dabei um ein nicht-öffentliches Verfahren mit Verschwiegenheitspflichten handele. Sein Gutachten zeigt aber: Bei der Firma ging es schon Wochen vor der Insolvenz drunter und drüber, manche Kunden erhielten etwa schon Fahrzeugbriefe, meldeten ihr Fahrzeug an, um am Ende doch ohne dazustehen.
Und das Gutachten zeigt auch: Die Altlasten des Vorbesitzers haben dem Unternehmen das Genick gebrochen. Lange Zeit hieß die Firma Camping Center Vöpel, die Bilanzen waren positiv, nichts wies auf eine Krise hin. Im Januar kam dann der Verkauf an einen Investor. Was dieser nicht wusste: Das Unternehmen sollte 2,5 Millionen Euro Steuern nachzahlen. Laut Insolvenzgutachten ging es um Geschäfte mit Abnehmern aus Frankreich, bei denen offenbar die Mehrwertsteuer umgangen wurde.
Der damalige Vöpel-Geschäftsführer stieg mit dem Verkauf aus dem Unternehmen aus, auch sein Nachfolger von Camper Base verließ das Unternehmen. "Demnach war die Insolvenzschuldnerin seit dem 6. Juni 2024 führungslos", heißt es im Gutachten.
Gläubigerversammlung im Dezember
Im Dezember findet eine Gläubigerversammlung in Darmstadt statt, zu der enttäuschte Kunden kommen wollen. Aber auch viele Banken fordern noch Geld von der Camper Base. Gleichzeitig läuft die Prüfung der Staatsanwaltschaft, ob die Insolvenz verschleppt wurde. Die Ermittlungen seien aber noch in einem frühen Stadium, mehr könne man dazu im Moment nicht sagen.
Holger Drzycimski fühlt sich indes nicht nur betrogen, sondern auch vom Insolvenzverwalter im Stich gelassen. "Er hat mir am Telefon klargemacht, dass ich weder mein Wohnmobil noch das Geld zurückbekommen würde, weil ich nur angezahlt habe." Das stimme aber nicht: "Ich habe das Wohnmobil komplett bezahlt."
Der Camper steht so lange weiter auf dem Hof in Ginsheim-Gustavsburg. Was aus ihm wird, weiß Drzycimski nicht.