Studie der Goethe-Uni Crack ist meistkonsumierte Droge im Frankfurter Bahnhofsviertel
Die Droge Crack dominiert die Szene im Frankfurter Bahnhofsviertel. Das hat eine Studie der Goethe-Uni ergeben. Heroin ist demnach weniger gefragt.
Bei den Schwerstabhängigen im Frankfurter Bahnhofsviertel ist Crack weiterhin die am häufigsten konsumierte Droge. Das ist das Ergebnis der sogenannten Tiefenstudie von Drogenforschern der Frankfurter Goethe-Universität, die an diesem Donnerstag veröffentlicht wird.
Die Daten beruhen auf Befragungen von 150 Abhängigen in der Zeit von Juni bis August 2022, sagte Bernd Werse, einer der Autoren der Studie. Die Erhebung wird seit 2002 alle zwei Jahre vorgenommen.
Während die jährlichen Schulbefragungen erhellen, ob und welche Drogen Jugendliche an Frankfurter Schulen konsumieren, geht es bei den Tiefenstudien um die harte Szene, die das Bild des Bahnhofsviertels prägt.
Heroin deutlich weniger gefragt
"Für uns gibt diese Studie wichtige Hinweise auf die aktuelle Entwicklung in der Szene", sagte Artur Schroers, Leiter des Frankfurter Drogenreferats. Dabei gehe es auch darum, Hilfsangebote anzupassen.
In der Umfrage hatten 77 Prozent der Befragten angegeben, in den vorangegangenen 24 Stunden Crack geraucht zu haben. Insgesamt 32 Prozent hatten Heroin konsumiert - im Jahr 2020 waren es noch 60 Prozent gewesen.
Crack-Konsum im Jahr 2000 nur bei drei Prozent
Warum Heroin so deutlich weniger gefragt war, können die Wissenschaftler noch nicht beantworten. "Möglicherweise spielen Zufallsfaktoren eine Rolle", sagte Werse. "Wir haben da noch wenige Erkenntnisse."
Crack hingegen hatte bei der ersten Umfrage im Jahr 2000 noch kaum eine Rolle gespielt und war nur von drei Prozent der Befragten konsumiert worden. In den vergangenen Jahren war der Konsum dann stark gestiegen.
Viele Abhängige sind obdachlos
Ein Vergleich mit der vorangegangenen Studie im Lockdown-Jahr 2020 zeigt: Die Corona-Pandemie hat die Lage der Schwerstabhängigen verschlechtert. Damals waren 37 Prozent der Befragten obdachlos, 25 Prozent lebten in Notunterkünften - ein neuer Höchststand, so Werse.
Im vergangenen Jahr hatte sich die Wohnsituation nur geringfügig entspannt - der Anteil der Obdachlosen unter den Befragten lag bei 34 Prozent, nicht einmal ein Viertel verfügte über eine eigene Wohnung. "Wohnen ist insgesamt ein großes Thema in der Suchthilfe", betonte Schroers.
Auch Schwerstabhängige leben inzwischen länger
Eine positive Entwicklung sehen Drogenforscher und Drogenreferat im steigenden Durchschnittsalter der Schwerstabhängigen, das im vergangenen Jahr 41,8 Jahre betrug. Zum Zeitpunkt der ersten Studie im Jahr 2002 lag es noch bei 34,7 Jahren.
Auch Schwerstabhängige auf der Straße werden älter, überleben länger als in früheren Jahren. Zudem stoßen nach Angaben Werses nur wenige sehr junge Abhängige zu der Szene der harten Drogenkonsumenten im Bahnhofsviertel dazu.
Schwerstahängige nehmen auch weitere Drogen
Auch wenn Crack der Studie zufolge die am häufigsten konsumierte Droge der Schwerstabhängigen ist - die meisten nutzen auch andere Rauschmittel: So gaben in der Umfrage 53 Prozent der Befragten an, in den vorangegangenen 24 Stunden Alkohol konsumiert zu haben, bei 39 Prozent war es Cannabis.
"Das sind neue Höchstwerte", sagte Werse. Dabei sei Cannabiskonsum bei den männlichen Befragten sehr viel häufiger genannt worden, während sich bei den befragten Frauen eine höhere Intensität beim Konsum von Crack feststellen ließ.
Crack im Bahnhofsviertel Herausforderung für die Stadt
Der zunehmende Konsum der Droge Crack im Bahnhofsviertel stellt auch die Frankfurter Stadtpolitik vor besondere Herausforderungen. Bemühungen, den offenen Drogenkonsum von der Straße in die Hilfseinrichtungen zu verlagern, scheitern besonders bei Crack-Abhängigen. Crack macht zudem schnell nervös und aggressiv. Zudem dauert der Rausch von Crack nur kurz an - Süchtige müssen sich sehr schnell um Nachschub kümmern.
Die Studie ist für die Stadt Frankfurt also von besonderem Interesse: "Im Moment befassen wir uns intensiv mit Behandlungsmöglichkeiten beim Crackkonsum und planen dazu mit anderen Städten ein Modellprojekt", sagte Gesundheitsdezernent Stefan Majer (Grüne).
Handlungsbedarf sehen Majer und Drogenreferatsleiter Schroers auch beim Thema Unterkünfte für Drogenabhängige. Die Zahl der Menschen, die als "faktisch obdachlos" bezeichnet werde, sei trotz sinkender Tendenz mit 51 Prozent weiter zu hoch.
Sendung: hr-iNFO, 04.05.2023, 09.30 Uhr
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