Auf Lahn gekentert Bewährungsstrafen nach Tod eines Jungen bei Schlauchboot-Unfall
Ein Elfjähriger starb bei einer Tour auf der Lahn bei Dautphetal. Ein Amtsgericht hat die zwei Männer, die mit im Boot saßen, nun wegen fahrlässiger Tötung verurteilt.
Die beiden Männer - Brüder im Alter von 36 und 32 Jahren - wurden am Donnerstag vom Amtsgericht Biedenkopf wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitstrafe von neun beziehungsweise zehn Monaten auf Bewährung verurteilt.
Die Strafe des jüngeren Bruders ist nach Angaben des Gerichts einen Monat länger, weil er zusätzlich wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt wurde. Der 32-Jährige ist der Lebensgefährte der Mutter des Elfjährigen.
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Strafe von einem Jahr auf Bewährung gefordert. Die Nebenklage, die den Vater des verstorbenen Jungen vertritt, hatte sich dem angeschlossen. Die Verteidiger der beiden Männer hatten auf einen Freispruch plädiert.
Kind vier Stunden später gefunden
Die Männer machten mit dem Jungen am 4. Februar 2023 eine Tour mit dem Schlauchboot - trotz Hochwassers. Bei Dautphetal (Marburg-Biedenkopf) kenterte das Boot. Die Erwachsenen konnten sich ans Ufer retten, das Kind wurde von der starken Strömung davongerissen.
Helfer fanden den Elfjährigen erst nach vier Stunden bewusstlos in einem Abschnitt der Lahn zwischen den Gemeindeteilen Friedensdorf und Carlshütte. Er wurde in eine Klinik gebracht, wo er kurz darauf starb.
Lahn hatte Hochwasser
Nach der Obduktion teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass das Kind "infolge des Unglücks" gestorben sei. Ob der Elfjährige ertrunken oder im eiskalten Wasser erfroren war, konnte zunächst nicht geklärt werden.
Die Lahn hatte zu der Zeit Hochwasser, der Pegel war mit 1,17 Metern doppelt so hoch wie normal. Die Staatsanwaltschaft führte aus, dass ein Schlauchboot bei den Bedingungen ungeeignet sei und die beiden Angeklagten "eine extrem leichtsinnige und damit grob fahrlässige Entscheidung" getroffen hätten. Die Männer hätten ihre Sorgfaltspflicht verletzt.
Gericht: Männer hätten Kontrollgang machen müssen
Das Gericht bewertete das Verhalten ebenfalls als fahrlässig, aber nicht als "extrem leichtsinnig". Daher seien die Freiheitsstrafen etwas geringer ausgefallen als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Das Gericht begründete weiter, dass die Männer vor ihrer Fahrt die Strecke hätten ablaufen müssen, da es schon an der Einstiegsstelle deutliche Spuren des Hochwassers gegeben habe.
Das Wehr, wo das Boot kenterte, war demnach nur 200 Meter vom Einstieg entfernt - hätte also bei einem Ufer-Kontrollgang gesehen werden können. Die Kontrolle wäre laut Gericht auch deshalb nötig gewesen, weil das Schlauchboot einen entsprechenden Warnhinweis vor Wellen und Strömungen hat.
Verteidiger: Bei früheren Flussfahrten nichts passiert
Nach Ansicht der Verteidiger war dagegen entscheidend, dass die Lahn an der Einstiegsstelle ruhiger und das Hochwasser rückläufig waren. Die schlechteren Bedingungen an dem Wehr seien von dort aus nicht absehbar gewesen, hieß es. Das Schlauchboot sei für Flussfahrten geeignet. Die beiden hätten mit dem Elfjährigen schon öfter Flussfahrten unternommen, auch bei Hochwasser. Dabei sei nie etwas passiert.
Die Mutter des Elfjährigen hatte die drei mit dem Auto zum Ausgangspunkt ihrer Bootsfahrt gefahren. Sie hat mit dem jüngeren Mann ein gemeinsames Kind, einen fast zwei Jahre alten Sohn. Laut Gericht wurde auch wegen dieser Familienbindung die Strafe zur Bewährung ausgesetzt.
Die beiden Männer sind nach Angaben der Verteidigung arbeitsunfähig und derzeit wegen Angst- und Belastungsstörungen in psychischer Behandlung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Sendung: hr4, 16.05.2024, 15.30 Uhr
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