Ein Jahr nach Krawallen in Frankfurt Ermittlungen gegen 93 Eintracht-Fans und mehrere Polizisten
Ein Jahr nach den schweren Krawallen rund um ein Heimspiel von Eintracht Frankfurt gegen Stuttgart sind noch viele Fragen offen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 93 Fans und mehrere Polizisten - und wehrt sich gegen den Vorwurf der Einseitigkeit.
Die Situation eskalierte am 25. November 2023 bei Einlasskontrollen zum Bundesliga-Spiel gegen den VfB Stuttgart: Ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes in Zivil hielt einen Anhänger ohne Ticket vor der Nordwestkurve im Deutsche Bank Park fest, daraufhin wurde der Ordner von anderen Fans attackiert. Die Polizei schickte zahlreiche Kräfte in Schutzausrüstung.
Es folgten massive gegenseitige Attacken. Fans warfen Eisenstangen, Klo-Türen und sogar eine mobile Grillstation, die Polizei setzte Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Am Ende waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft 57 Polizistinnen und Polizisten verletzt, auf Seiten der Eintracht-Anhängerinnen und -Anhänger zählte eine Faninitiative über 100 Verletzte. Soweit der bisherige Stand.
Keine Zahlen zu beschuldigten Polizisten
Die juristische Aufklärung der Ausschreitungen dauert aber auch ein Jahr nach den Krawallen an. Wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt dem hr am Freitag auf Nachfrage mitteilte, ermittelt sie gegen gegen 93 Fans - und gegen mehrere Polizisten wegen Körperverletzung im Amt. Bei 18 Fans geht die Behörde davon aus, dass sie "mutmaßlich durch Fehlverhalten der Polizei verletzt" wurden.
Zur Anzahl der beschuldigten Beamten könne man allerdings "aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angaben" machen, betonte Oberstaatsanwalt Dominik Mies. Bei den beschuldigten Fans reicht die Bandbreite von Beleidigung, besonders schwerem Landfriedenbruch und tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte bis hin zur gefährlichen Körperverletzung.
Insgesamt wurden bei 49 mutmaßlichen Gewalttätern auf Seiten der Fans Wohnungen durchsucht. Dabei wurden diverse Beweismittel gefunden, wie die Staatsanwaltschaft jetzt mitteilte. Die Auswertung der bei den Razzien beschlagnahmten Datenträger läuft noch.
Staatsanwaltschaft: "Ergebnisoffene Ermittlungen"
Die Staatsanwaltschaft wehrte sich am Freitag gegen "immer wieder zwischen den Zeilen zu lesenden, latenten Vorwürfen, es werde nicht ergebnisoffen ermittelt". Vor allem Fans hatten der Polizei schwere Vorwürfe gemacht. Auch Eintracht-Vorstandssprecher Axel Hellmann hatte von "Gewalt in nicht angemessenem Maß" seitens der Beamten gesprochen.
Mies betonte, dass die Staatsanwaltschaft das Geschehen neutral aufkläre: "Jeder, der sich an diesem Tag strafrechtlich relevant verhalten hat, muss mit den entsprechenden Konsequenzen rechnen." Das Waldstadion sei kein rechtsfreier Raum.
Kritik an Eintracht und Fans
Mies übte unterdessen auch Kritik an den Verantwortlichen des Bundesligisten: Ein wesentlicher Beitrag zur Aufklärung der Sachverhalte habe der Veranstalter, also die Eintracht, bisher nicht leisten können - "bis auf die Bereitstellung von Videomaterial". Noch deutlicher wurde er im Hinblick auf die Faninitiativen. Diese würden sich "einer Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden verweigern".
So müssen sich die Ermittler denn auch weiterhin im Wesentlichen auf das diverse Videomaterial des Abends stützen. Wann alle Beweise ausgewertet sein werden und der erste Beteiligte an den Krawallen angeklagt werden kann, ist noch nicht absehbar.
Die Eintracht wollte sich am Freitag ebenso wie die Frankfurter Polizei nicht zu dem Thema äußern. Ein Polizeisprecher verwies auf die laufenden Ermittlungen.