Auszeichnung "Eisenbahner mit Herz" Zugbegleiter schützt Reisende vor aggressivem Verfolger

Eine Frau wird am Bahnhof Gießen von einem Mann bedrängt. Zugbegleiter Ekrem Erdem beschützt sie vor ihrem Verfolger, der so schnell aber nicht aufgeben will. Für sein Eingreifen wurde er als "Eisenbahner mit Herz" ausgezeichnet. Den Preis würde er gerne mit einem tierischen Helfer teilen.

Ein Mann lacht in die Kamera, er trägt eine Schaffner-Uniform, im Hintergrund eine Bahn der Hesssichen Landesbahn
Zugbegleiter Ekrem Erdem ist "Eisenbahner mit Herz" Bild © Karolina Krausser / Allianz pro Schiene

Es ist ein heißer Julitag im Jahr 2024. Auf Bahnsteig 4 im Gießener Bahnhof wartet Ekrem Erdem auf den Zug zu seinem nächsten Einsatzort Frankfurt. Am Bahnsteig herrscht Getümmel. "In dem Moment werde ich von einer jungen Frau angetippt, die völlig außer sich und am Weinen war", erinnert sich der Zugbegleiter.

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Eisenbahner mit Herz 2025

Ekrem Erdem im Interview
Bild © hr
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Die Frau heißt Elide Marous und ist unterwegs nach Dresden. Kurz zuvor hatte sie einen Unbekannten nach dem Weg gefragt – danach beginnt der Mann, sie zu verfolgen und zu bedrängen. "Ich war nur noch in Panik", sagt Marous später.

Verfolger randaliert

Sie habe nicht gewusst, ob der Mann vielleicht sogar bewaffnet ist. Auch Erdem hat sofort das Gefühl, dass mit dem Mann etwas nicht stimmt. "Er hat die ganze Zeit auf uns gestarrt." Der Zugbegleiter vermutet, dass der Verfolger unter Drogeneinfluss steht.

Als der Zug Richtung Frankfurt einfährt und alle einsteigen, nimmt Erdem die Reisende kurzerhand mit in die erste Klasse und informiert seine Kollegen, wie er schildert. Den aggressiven Mann habe er aber weiter im Auge behalten. Dieser habe mitten im Gedränge angefangen zu randalieren und mehrmals versucht, in die erste Klasse zu kommen. Er habe gebrüllt, Marous sei seine Frau und er könne mit ihr machen, was er wolle.

Zugbegleiter bekommt unerwartete Hilfe

Für Erdem, der seit vier Jahren bei der Hessischen Landesbahn arbeitet, ist klar: Er muss die Polizei einschalten. Er habe organisiert, dass die Beamten den Mann bei der Ankunft in Frankfurt am Bahnsteig erwarten, berichtet er. Aber bis dahin müssen wir es irgendwie schaffen, habe er sich gedacht.

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Bild © Karolina Krausser / Allianz pro Schiene| zur Audio-Einzelseite
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Dann bekommt der 46-Jährige unerwartete Hilfe. In einem anderen Abteil habe er eine Frau mit einem Hund entdeckt, einem schwarzen Labrador namens Lana. Er bittet sie, mit dem Hund zu ihnen in die erste Klasse zu kommen. Lana sei direkt zu Marous gelaufen und habe beruhigend den Kopf auf ihren Schoß gelegt. "Der Hund wusste, was er zu tun hat", sagt Erdem beeindruckt.

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Ein Zugbegleiter steugt in einen Zug ein
"Eisenbahner mit Herz" Ekrem Erdem im Einsatz. Bild © Karolina Krausser / Allianz pro Schiene
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Kurz vor Frankfurt wird die Situation brenzlig, wie der Zugbegleiter erzählt. Der Zug kommt unerwartet zum Stehen. Der Verfolger hat die Notbremse gezogen und die Notentriegelung betätigt, so dass die Türen auf offener Strecke aufspringen. Erdem sagt, er habe eingreifen müssen, um Mitreisende davon abzuhalten, auf offener Strecke auszusteigen.

Verfolger schafft es in erste Klasse

Das Ganze ist wohl nur ein Ablenkungsmanöver: Denn plötzlich entdeckt Erdem den Mann hinter sich – in der Nähe von Marous. Sofort sei er zurückgeeilt und habe sich zwischen ihn und die Frau gestellt, erzählt er. Hündin Lana habe sich schützend vor ihn gesetzt.

Weitere Informationen

"Eisenbahner mit Herz"

Der Preis wird jedes Jahr von der Allianz Pro Schiene, einem gemeinnützigen Verkehrsbündnis, vergeben. Ausgezeichnet werden demnach Menschen, deren Geschichen "beispielhaft für gelebte Hilfsbereitschaft, Belastbarkeit und Kundennähe" stehen. In diesem Jahr hat die Fachjury die Preisträger aus über 200 Einsendungen ausgewählt. Hier gibt es die Infos über die weiteren Preisträger.

Ende der weiteren Informationen

Wenig später erreicht der Zug Frankfurt. Die Polizei habe den Mann noch im Zug festgenommen, erzählt Erdem. Er begleitet Marous zu ihrem Anschlusszug nach Dresden. Erst dann kommt er dazu, durchzuatmen und sich eine Zigarette anzuzünden. "Und anschließend habe ich mir einen Kaffee geholt."

Ausgezeichnet für sein Eingreifen

Er habe sie nie allein gelassen, sagt Marous über den Zugbegleiter: "Das muss man einfach auszeichnen." Deshalb hat sie ihn nur wenige Tage nach dem Vorfall für den Preis "Eisenbahner mit Herz 2025" vorgeschlagen. Für sein Eingreifen in dieser brenzligen Situation ist Erdem am Mittwoch in der höchsten Kategorie ausgezeichnet worden.

Die Auszeichnung sei für ihn eine Ehre, so Erdem. Auch wenn er sagt, am liebsten würde er sich den Preis mit Labradorhündin Lana teilen. "Einfach klasse, der Hund."

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de/Johan Gallwitz/Rebekka Dieckmann

Ihre Kommentare Welche preiswürdige Aktion haben Sie schon in der Bahn erlebt?

12 Kommentare

  • @Oliver
    Manfred fährt keinen SUV - und nutzt offenkundig öffentliche Verkehrsmittel, sonst hätte er das gar nicht erleben können; hätte man auch selbst darauf kommen können ... Nebenbei: Ich lege weit mehr Kilometer mit Öffis als mit dem Auto zurück.

    @Alle
    Wie lautete die Frage, die es zu beantworten galt, noch einmal? "Welche preiswürdige Aktion haben Sie schon in der Bahn erlebt?" Das schmälert nicht die hervorragende Leistung von Herrn Erdem und die der Menschen und auch des Hundes, die mitgeholfen haben!

  • Ein Mensch mit Herz und Verstand und jemand, der die Größe hat sich nicht in den Vordergrund zu stellen, sondern den Preis gleichberechtigt mit einem Tier teilen würde.
    Chapeau! - Solche Tugenden sind selten (und das nicht erst heutzutage)!

    Bitte mehr solcher Nachrichten! Sie verkaufen sich zwar nicht ganz so gut, wie die negativen, haben aber einen gesellschaftlichen Mehrwert in dem sie für ein Mit- statt Gegeneinander sorgen.

    Die Nationalität des Angreifers ist ebenso irrelevant, wie die des Retters oder der Stammbaum des Hundes!

  • Ja, tolle Sache - der Täter-ein Mann???Ja - Nationalität nicht bekannt??? bekommt 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe (kann eh nicht bezahlten) 2 Tage später sitzt er erneut im Zug und wenn er dann Amok läuft geht die "Schuldsuche" erst richtig los!!
    Oder denkt jemand irgenwie anders?
    Herr E. hatte wohl auch sehr großes Glück - Kennwort: Messer!!!

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