Erste Bilder der Euclid-Sonde Ein revolutionärer Blick in die Kindheit des Universums
Ziel der europäischen Euclid-Mission ist die Erstellung einer 3D-Karte des Universums und die Erforschung Dunkler Materie. Jetzt hat die von Darmstadt aus gesteuerte Sonde erste Bilder an die Erde geliefert.
Nicht weniger als zehn Milliarden Lichtjahre weit blickt die Sonde Euclid in den Weltraum. Damit will die Europäische Raumfahrtagentur Esa Milliarden von Galaxien mit höchtster Präzision erfassen, um die genaueste 3D-Darstellung des Alls zu erstellen, die es jemals gegeben hat. Jetzt hat die Esa die ersten Fotos veröffentlicht, die die vom Darmstädter Kontrollzentrum Esoc aus gesteuerte Sonde seit ihrem Start im Juli zur Erde gesendet hat.
"Die Bilder, die Euclid macht, sind einzigartig, eine Sensation", sagte Esa-Missionsanalytiker Michael Khan bei der Präsentation der Bilder am Dienstag in Darmstadt. Die Stärke des Euclid-Teleskops sei die Möglichkeit, große und dabei sehr detailreiche Ausschnitte des Universums aufzunehmen, erklärte Khan. Durch die Kombinaton aus Foto- und Infrarotkamera sei es möglich, gleichzeitig das Aussehen und die Entfernung von Sternen oder Galaxien im Weltall zu bestimmen und somit eine dreidimensionale Karte zu erstellen. "Das ist das Alleinstellungsmerkmal von Euclid."
Auf die Bilder sollen dann alle Forschenden weltweit Zugriff haben. Die präsentierten Fotos sind so etwas wie ein Testlauf, um das gewaltige Potenzial von Euclid aufzuzeigen. In den kommenden sechs Jahren soll dann bis zu einem Drittel des ganzen Universums kartografiert werden. Mehr zur Euclid-Mission erfahren Sie in diesem Beitrag.
Perseushaufen
Auf dieser Aufnahme sind mehr als 1.000 Galaxien des sogenannten Perseushaufens zu sehen, der etwa 250 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt liegt. Das Bild ist laut Esa eine "Revolution für die Astronomie", denn es bringt zwei Besonderheiten mit sich. "Wir können hier etwas greifbar machen, was man nicht sehen kann, und zwar Dunkle Materie", erklärt Khan. "Es wird davon ausgegangen, dass dieser Galaxienhaufen nicht existieren könnte, wenn nicht auch Dunkle Materie da wäre, die das Ganze durch ihre Schwerkraft zusammenhält." Die Erforschung Dunkler Materie - die bis heute nicht direkt nachgewiesen ist - ist einer der Schwerpunkte der Euclid-Mission.
Die zweite Besonderheit sind die über 100.000 Galaxien im Hintergrund, von denen viele erstmals von einem Teleskop erfasst wurden. Die weitesten davon sind etwa 10 Milliarden Lichtjahre entfernt und bieten somit einen Blick in die Kindheit des Universums. Das Universum ist nach aktuellem Forschungsstand etwa 13,8 Milliarden Jahre alt.
An diesem Foto zeigt sich auch die ganze Stärke der Euclid-Sonde. Durch die Kombination aus Foto- und Infrarotaufnahmen kann das Teleskop einen sehr großen und dazu sehr detaillierten Bereich des Universums mit einer einzigen Aufnahme erfassen. Noch dazu lassen sich über die verschiedenen Rottöne der Infrarotaufnahmen die Entfernung von Objekten, wie etwa Sternen oder Galaxien, bestimmen. Somit lässt sich eine dreidimensionale Karte des Universums erstellen, die Rückschlüsse über die Beschaffenheit des Universums in den verschiedenen Zeitebenen zulässt.
Pferdekopf-Nebel
Der Pferdekopf-Nebel ist ein beliebtes Motiv, das vielen vielleicht von Postern aus dem Baumarkt oder bedruckten Leggins bekannt sein dürfte. "In dieser Schärfe, mit dieser Detailfülle und mit diesem großen Blickfeld gab es das aber zuvor noch nicht", sagt Missionsanalytiker Khan. "Das ist außergewöhnlich."
Der Nebel in Form eines Pferdekopfs liegt im Sternbild des Orion in 1.500 Lichtjahren Entfernung – also quasi in direkter Nachbarschaft zur Erde. "Das ist ein Gebiet, in dem sehr viele junge Sterne entstehen", erklärt Khan. Die Farben sind nachbearbeitet, da Euclid Aufnahmen im Infrarot-Bereich macht. "Wir haben bei der Nachbearbeitung aber darauf geachtet, dass die Farben nah an der Wirklichkeit sind."
Versteckte Galaxie
Dies ist eines der ersten Bilder, die Euclid aufgenommen hat. Es trägt den Spitznamen "Versteckte Galaxie". Von der Erde aus ist diese Galaxie nicht zu erspähen. Erst durch die besondere Infrarot-Technik von Euclid konnte diese Galaxie sichtbar gemacht werden.
"Mit Infrarot kann man gut durch den Staub im Weltall hindurchschauen", so Khan. "Das ist der Vorteil, wenn man ein Teleskop im Orbit hat."
Kugelhaufen
Die Aufnahme zeigt einen sogenannten Kugelhaufen im Sternbild Altar. Darauf sind ungefähr 400.000 Sterne zu sehen. "Das besondere an diesem großen Bildausschnitt ist die unglaubliche Trennschärfe, die es möglich macht, auch noch kleinste Sterne im Detail zu erkennen", schwärmt Khan. Das sei eine der größten Stärken von Euclid gegenüber anderen Teleskopen, wie etwa das Webb- oder Hubble-Teleskop.
Irreguläre Galaxie
Auf diesem Foto ist die Barnards Galaxie zu sehen, eine sogenannte "Irreguläre Galaxie". Sie liegt in rund 1,6 Millionen Lichtjahren Entfernung. Sie umfasst rund 10 Millionen Sterne, was sie zu einer Zwerggalaxie macht. Unsere Milchstraße hat im Vergleich 400 Milliarden Sterne.
Irreguläre Galaxien haben weder klare Strukturen noch Symmetrien. Sie besitzen sehr viel weniger Masse und ein deutlich schwächeres Gravitationsfeld als reguläre Galaxien. Sie sind die Bausteine für größere Galaxien.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 07.11.2023, 19.30 Uhr
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