Prozess am Landgericht Fulda Ex-Busfahrer muss nach sexuellem Missbrauch von Mädchen in Haft
Bei Schulbusfahrten hat sich ein Mann vor rund zehn Jahren wiederholt an einem Mädchen sexuell vergangen - immer, wenn sie als Letzte alleine im Bus saß. Jetzt wurde der mittlerweile 78 Jahre alte Angeklagte in einem Prozess in Fulda verurteilt.
Im Prozess am Landgericht Fulda ist ein ehemaliger Busfahrer wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Mädchens zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Das Gericht verhängte in seiner Urteilsverkündung am Donnerstag fünf Jahre und sechs Monate Haft.
Der heute 78 Jahre alte Mann hat sich nach Überzeugung des Gerichts an einem neun und später zehn Jahre alten Mädchen vergangen: Er habe das Mädchen in den Jahren 2014 und 2015 über 30 Mal sexuell missbraucht. Dabei habe er ausgenutzt, dass das Kind am Ende der Touren häufig als Letzte allein im Bus gesessen habe.
Vorwürfe teilweise gestanden
Der Angeklagte hatte im Prozessverlauf die Vorwürfe teilweise eingeräumt. Es sei zu sexuellen Kontakten mit dem Kind gekommen. Wie oft genau, wann und wie - daran könne er sich nicht mehr erinnern.
Die Staatsanwaltschaft hatte bei den Plädoyers fünfeinhalb Jahre Haft für angemessen gehalten. Die Forderung der Nebenklage ging um einiges höher. Acht Jahre wurde gefordert.
Verteidigung kritisierte: Fallzahlen nur geschätzt
Die Verteidigung hingegen beantragte in ihrem Schlussvortrag keine konkrete Höhe der Freiheitsstrafe. Der Rechtsanwalt des Angeklagten befand, dass man lediglich von 15 Taten ausgehen könne. Bei dem angegebenen Zeitraum der Taten könne es sich lediglich um eine Schätzung handeln.
Die Verteidigung versuchte ebenfalls geltend zu machen, dass ihr Mandant nur vermindert schuldfähig sei. Der Sohn des Angeklagten sagte aus, dass sein Vater an Hexerei, Magie und böse übernatürliche Kräfte glaube.
Verdacht auf "pädophile Nebenströmung"
Der psychiatrische Gutachter attestierte dem Mann, an wahnhaften Störungen zu leiden. Er habe auch Depressionen, zudem geben es den Verdacht auf eine "pädophile Nebenströmung", wie der Psychiater erklärte.
Laut Gericht ist der Angeklagte in vollem Umfang schuldfähig. Beim Strafmaß habe es neben dem Geständnis auch das hohe Alter des Mannes berücksichtigt. Er sei besonders haftempfindlich. Ihm solle die Möglichkeit gegeben werden, sein Lebensende noch in Freiheit zu erleben, sagte der Vorsitzende Richter.
Eine Gefährdungslage, die eine Sicherungsverwahrung rechtfertigte, sieht das Gericht nicht.
Sexuelle Gewalt im Kleinbus auf einem Feldweg
Die Taten ereigneten sich laut Urteil bei den Fahrten des Busses von einer Förderschule im Landkreis Fulda zurück zur Wohngruppe des Mädchens in der Region. Dort war sie viele Jahre untergebracht. Erst Jahre nach den leidvollen Erfahrungen offenbarte sich die heute 19-Jährige, ging zur Polizei, erstattete im Jahr 2021 Strafanzeige und setzte die Ermittlungen in Gang.
Den Ermittlern berichtete das Opfer, dass es immer wieder zu den Übergriffen kam, wenn sie das letzte Kind in dem Kleinbus war, der für den Fahrdienst genutzt wurde. Dann lenkte der Angeklagte den Bus von der Landstraße auf einen nicht einsehbaren Feldweg und verging sich an dem Mädchen.
"Schutzbehauptungen" des Angeklagten
Der Angeklagte gab in einer Einlassung an, dass sich das Kind ihm aufgedrängt habe. Es habe gesagt, es wolle "Liebe machen" und habe sich leicht und aufreizend gekleidet. Das Gericht schenkte dieser Schilderung keinen Glauben und nannte die Angaben des Angeklagten Schutzbehauptungen.
Das Gericht beurteilte die Aussagen des Opfers hingegen als "vollständig glaubhaft", "wertungs- und widerspruchsfrei".
Panikattacken als Folge
Die Tatserie gegen das Kind endete erst, als es die Schule wechselte und nicht mehr mit dem Schülertransport unterwegs war. Die Taten wirkten aber noch lange nach. Das Mädchen litt unter anderem unter Panikattacken und fühlte sich lange unwohl, wenn sie allein mit Männern war.
Der Prozess fand zu weiten Teilen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, um die Privatsphäre des Opfers zu schützen. Das Urteil und die Begründung wurden am Donnerstag öffentlich verlesen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Rechtsmittel der Revision ist zugelassen.
Nebenklage-Anwalt: Hauptziel erreicht
Der Nebenklage-Anwalt, der acht Jahre Haft gefordert hatte und keine Revision einlegen darf, sagte zum Urteil: "Das Hauptziel wurde erreicht: Meiner Mandantin wurde geglaubt, der Angeklagte wurde verurteilt und muss in Haft."