Sexualisierte Gewalt an Waldorfschule Ex-Pfarrer soll Schülerin vergewaltigt haben - Prozessauftakt

Wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung muss sich in Frankfurt ein ehemaliger Pfarrer verantworten. Er soll 2009 eine Schülerin vergewaltigt haben. Bis zum Prozess dauerte es lange.

Ein Kreuz im Vordergrund, eine Bibel im Hintergrund
Einem Ex-Pfarrer wird wegen sexualisierter Gewalt der Prozess gemacht. (Archivfoto) Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)
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Nach mehrfachem Anlauf soll am Donnerstag am Landgericht Frankfurt der Prozess gegen einen heute 65 Jahre alten ehemaligen Pfarrer der "Christengemeinschaft International" beginnen.

Ihm wird vorgeworfen, am Rande des Konfirmandenunterrichts und nach einer Religionsstunde an der Frankfurter Waldorfschule in den Jahren 2009 und 2010 einer damals 14 beziehungsweise 16 Jahre alten Schülerin sexualisierte Gewalt angetan zu haben. In einem Fall soll er sie vergewaltigt haben.

Der Mann hatte sich mit allen Mitteln gegen den Prozess gewährt. Ein amtsärztliches Gutachten bescheinigte ihm, verhandlungsunfähig zu sein. Das vorgelegte Schreiben reichte der zuständigen Strafkammer aber nicht aus. Sie beauftragte einen Sachverständigen, nach dessen Gutachten der 65-Jährige verhandlungsfähig ist.

Vorwürfe in Gemeinde bekannt

Zehn Jahre lang hatte das Opfer über die Taten geschwiegen, bis die Frau 2020 Strafanzeige erstattete. 2022 erhob die Frankfurter Staatsanwaltschaft Anklage.

In der "Christengemeinschaft International", deren Pfarrer der Angeklagte war, waren ähnliche Vorwürfe bereits vorher bekannt. 2012 hatte sich eine andere junge Frau einem Pfarrer der Gemeinde anvertraut und von sexualisierter Gewalt berichtet.

Die Christengemeinschaft versteht sich als Gemeinschaft mit einem eigenen christlichen Gemeindeleben. Sie steht der Anthroposophie Rudolf Steiners nahe, ist nach eigenen Angaben aber eigenständig und ordnet sich außerdem keiner der klassischen religiösen Gemeinschaften zu. Weltweit zählt sie etwa 35.000 Mitglieder. In der Wissenschaft wird die Christengemeinschaft als Sekte eingestuft, während sie selbst dem widerspricht.

Nach der Anzeige im jetzigen Verfahren hatte die Christengemeinschaft ein Schreiben an ihre Mitglieder verschickt, das dem hr vorliegt. Darin hieß es: "Wir können leider aufgrund der berichteten Tatmuster nicht ausschließen, dass es weitere Betroffene geben könnte als bislang bekannt."

Zwei weitere Verfahren eingestellt

In der Gemeinde gibt es eine zentrale Anlaufstelle für Missbrauchsfragen. Die Waldorfschule hat dagegen erst nach der Berichterstattung auf hessenschau.de über die Vorfälle informiert.

Nach hr-Informationen gab es in der Vergangenheit bereits Vorwürfe und zwei Strafverfahren gegen den früheren Pfarrer. Dabei ging es um Übergriffe aus den Jahren 1993 bis 2013. Beide Verfahren wurden allerdings eingestellt - aus Mangel an Beweisen.

Quelle: Heike Borufka