Halsbandsittiche in Südhessen Jetzt auch in Darmstadt: Papageien breiten sich in Hessen weiter aus
Entlang des Rheins und Mains haben es sich die einst tropischen Halsbandsittiche schon seit vielen Jahren in der freien Natur gemütlich gemacht. Doch jetzt erobert die Papageienart auch die Gebiete abseits der Flüsse - wie etwa Darmstadt und die südhessische Bergstraße.
Sie kamen einst von weit her, ihr hellgrünes Gefieder und der rote Schnabel verleihen den Halsbandsittichen noch immer eine exotische Anmutung. Doch die kleinen Papageien sind schon seit vielen Jahren nicht mehr nur in Afrika und Asien zuhause, sondern auch in Hessen.
Vor allem in Wiesbaden, Frankfurt und rund um Rüsselsheim gehören die Vögel längst zum Stadtbild. Sie sind schön anzuschauen, ihre schrilles Gezwitscher sorgt mitunter allerdings für angespannte Nerven. Jetzt haben die bis zu 40 Zentimeter großen Tiere offenbar auch Südhessen für sich entdeckt.
Wie zum Beispiel Darmstadt, wie der Naturschutzbund (Nabu) Hessen mitteilt. Ein Schwarm von etwa 20 Exemplaren wurde demnach kürzlich im Süden des Stadtteils Eberstadt gesichtet.
Ausbreitung im Oberrheingraben
Dass sich die Halsbandsittiche im Rhein-Main-Gebiet ausbreiten, ist nicht neu. Die erste Sichtung in Frankfurt meldete der Nabu bereits 2012. Dass sie sich in Darmstadt und Umgebung tummeln, allerdings schon.
"Bislang haben sich die Vögel im Wesentlichen entlang von Rhein und Main aufgehalten", erläutert der stellvertretende Nabu-Landesvorstand Bernd Petri dem hr. Seit einiger Zeit würden aber vermehrt Sichtungen in Darmstadt, dem Kreis Darmstadt-Dieburg und auch an der Bergstraße gemeldet.
Ähnlich wie entlang der Flüsse fänden die Vögel auch hier klimatisch gute Bedingungen vor. "Die Sittiche haben offenbar den wintermilden Oberrheingraben für sich entdeckt", sagt Petri. Dort sei das Futterangebot gut, vermehrt würden sich die Vögel auch Schlafplätze abseits der Flüsse und flussnahen Städte suchen.
Über 700-prozentige Steigerung in Darmstadt-Dieburg
Noch immer ist Wiesbaden mit in diesem Winter bislang 359 Sichtungen der absolute Hotspot in Hessen, auch im Kreis Groß-Gerau (78) und in Frankfurt (67) sind die Papageien laut Nabu gut vertreten. Die Zahlen zeigen aber auch, welche Gebiete die Vögel gerade erobern: So wurden beispielsweise im Kreis Darmstadt-Dieburg in diesem Winter 61 Halsbandsittiche gesichtet, im Vorjahr waren es acht.
Das entspricht einer Steigerung von über 700 Prozent, während in Wiesbaden und Frankfurt die Zahlen weitgehend stabil blieben. In ganz Hessen wurden demnach in diesem Winter 639 Tiere gesichtet.
In der Statistik sind aber nur die gemeldeten Sichtungen erfasst. Die tatsächliche Zahl der Halsbandsittiche dürfte deutlich höher liegen. So geht etwa die Vogelschutzwarte des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) von bis zu 6.000 freilebenden Sittichen aus. Darunter fallen auch die ebenfalls in Hessen vorkommenden Alexandersittiche.
Lärm und Dreck sorgen für Unmut
Nicht überall, wo die Halsbandsittiche auftauchen, verbreiten sie Freude. Sie kreischen laut und verschmutzen öffentliche Plätze mit ihrem Kot. Allerdings stehen die Vögel unter Artenschutz, da es sich um eine nicht-invasive Art handelt. Ihre Schlafstätten dürfen deswegen nicht zerstört werden.
Für unser heimisches Ökosystem sind die Sittiche ungefährlich, erklärt das hessische Umweltministerium. Es gebe zwar einzelne Fälle, in denen die Sittiche Brutplätze heimischer Arten besetzen. Allerdings: "Es wurden auch Grünspechte, Dohlen, Stare und sogar Blaumeisen bei der erfolgreichen Verteidigung ihrer Nisthöhlen beobachtet."
Auch Nabu-Ornithologe Petri schätzt die Verbreitung der Halsbandsittiche als unkritisch ein: "Sie kommen ganz gut mit anderen Tierarten klar."
Teils von Frost verkrüppelte Füße
Obwohl Halsbandsittiche ursprünglich aus deutlich wärmeren Gebieten stammen, kommen sie mit dem hessischen Winter gut zurecht. "Sie sind sehr robust", sagt Petri, Kälte mache ihnen grundsätzlich nichts aus: "Bei manchen Sittichen haben wir allerdings verkrüppelte Füße festgestellt." Das komme von starkem Frost.
Hierzulande gehören die grünen Vögel zu den sogenannten "Neobiota". Als solche werden Lebewesen bezeichnet, die nicht aus eigener Kraft, sondern mit Hilfe des Menschen in Gebiete eingewandert sind, in denen sie nicht heimisch waren. Wahrscheinlich sind die Halsbandsittiche aus Zoos oder privaten Haltungen entkommen und breiten sich seitdem aus.
In den nächsten Jahren wird sich die Papageienart in Hessen zumindest territorial nicht weiter ausbreiten, vermutet Petri: "Aktuell bilden die Hänge der Bergstraße die Ausbreitungsgrenze nach Osten hin." Ab April werde sich zeigen, ob die Sittiche tatsächlich heimisch geworden sind im Oberrheingraben - oder ob sie zum Brüten an Rhein und Main zurückkehren.