Offenbar Fahrzeug in Brand geraten Mehr als 20 Millionen Euro Schaden bei Brand von Feuerwehr-Gerätehaus
Im mittelhessischen Stadtallendorf ist der Feuerwehrstützpunkt in Flammen aufgegangen. Das Gebäude wurde erst im vergangenen Jahr fertiggestellt - der Schaden liegt in immenser Millionenhöhe. Eine Brandmeldeanlage gab es dort nicht.
Feuer im Feuerwehrhaus: In der Nacht zum Mittwoch wurden in Stadtallendorf (Marburg-Biedenkopf) Feuerwehrleute aus dem Bett geklingelt, um mitzuhelfen, ihr eigenes Gebäude zu retten.
Kurz nach 4 Uhr am Mittwochmorgen war offenbar eines der im Gerätehaus parkenden Fahrzeuge in Brand geraten, die Flammen schlugen mehr als zehn Meter aus dem Dach des Gebäudes. Verletzt wurde niemand.
Die Fahrzeughalle, die zusammen mit den anderen Gebäuden erst in diesem Jahr offiziell eröffnet wurde, stand in Vollbrand – und ist nun ein Totalschaden. Kreisbrandinspektor Lars Schäfer schätzte den Gesamtschaden am Mittwochmorgen auf 20 bis 24 Millionen Euro.
Glücklicherweise sei es wohl gelungen, den Sozialtrakt des Gebäudekomplexes zu retten. Den Hallenbau des Komplexes werde man aber wohl nicht halten können, weil er nicht saniert werden könne, das müssten Statiker aber noch prüfen. Bereits im Tagesverlauf waren Vertreter der kommunalen Bauaufsicht vor Ort, die den Brandort absperrten.
Keine Brandmeldeanlage im Stützpunkt
Zwischen den Garagen für die vollgetankten Feuerwehrwagen und dem Sozialtrakt, der von den Flammen verschont blieb, habe es eine Brandschutzmauer gegeben, teilte die Stadt mit.
Der Feuerwehrstützpunkt hatte keine Brandmeldeanlage. Diese sei nicht vorgeschrieben, sagte Norbert Fischer, Präsident des Landesfeuerwehrverbandes Hessen, auf hr-Nachfrage. Man sollte darüber grundsätzlich nachdenken, weil in den Stützpunkten unter anderem viele Akkus geladen würden.
"Albtraum jedes Feuerwehrangehörigen"
Auch am Morgen war die Herrenwaldstraße noch wegen der Nachlöscharbeiten gesperrt, der Bahnverkehr musste zwischenzeitlich eingestellt werden. Wegen der Rauchentwicklung waren die Anwohnerinnen und Anwohner aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten.
Es sei ein emotionaler Einsatz für die rund 170 Einsatzkräfte, die vor Ort gegen die Flammen kämpften, sagte Kreisbrandinspektor Schäfer dem hr: "Das ist der Albtraum jedes Feuerwehrangehörigen, keiner möchte sein Feuerwehrhaus selber löschen müssen."
Besonders bitter sei, dass es sich um das modernste Feuerwehrhaus im ganzen Landkreis gehandelt habe.
Brandschutz muss neu organisiert werden
Am Morgen sei der Brand schon von Weitem zu sehen gewesen. Die Feuerwehrleute hätten versucht, "zu retten, was noch zu retten ist", sagt Schäfer.
Für die Einsatzkräfte vor Ort beginne nun auch die emotionale Aufarbeitung, "je ruhiger der Einsatz wird, desto mehr kreisen die Gedanken", sagt Schäfer, es sei mittlweile eine Betreuungsstelle für die Feuerwehrleute eingerichtet worden.
Es sei das Schlimmste, was einem Feuerwehrmann passieren könne, wenn die eigene Wache brenne. Mit Tränen in den Augen habe das einer der Brandbekämpfer treffend in Worte gefasst: "Wir mussten doch quasi unser Zuhause löschen" - das zeige die tiefe Verbundenheit der Ehrenamtler zu ihrem Feuerwehrhaus, sagt Schäfer.
Wie es zu dem Brand kommen konnte, sei nun die Frage, die sich alle stellen. Angesichts des hohen Schadens sollen Spezialisten des Landeskriminalamtes die Brandursache untersuchen.
Neubau nach dem Neubau in Stadtallendorf
Was passiert jetzt, wenn es in Stadtallendorf wieder brennt? "Wir kriegen aus ganz Hessen Hilfsangebote, Unterstützungsangebote und Anfragen, wie man uns helfen kann", so Schäfer. Man arbeite mit Hochdruck an einem Plan, damit Stadtallendorf den "Grundschutz" möglichst bald wieder selber sicherstellen könne, ohne auf andere Kommunen zurückgreifen zu müssen.
So würden vom Landkreis ein Logistikfahrzeug und ein Kommandowagen bereitgestellt und die Gemeinde Ebsdorfergrund entsende ein Katastrophenschutzfahrzeug. Auch eine Miet-Drehleiter und Mietfahrzeuge würden organisiert. Für Unterbringungsmöglichkeiten gebe es ebenfalls bereits Ideen. "Wir fangen jetzt schon an, im Hintergrund stark zu wirbeln, damit wir das alles wieder in die Bahnen kriegen."
Vorerst sollen die benachbarte Wehren und welche aus den Ortsteilen einspringen, teilte das Innenministerium auf hr-Anfrage mit.
Der Bürgermeister von Stadtallendorf Christian Somogyi (SPD) brach seinen Herbsturlaub ab und machte sich auf den Weg zurück in die Heimat. Die Nachricht sei ein Schock gewesen. Der Brand habe eine große Betroffenheit in der Bevölkerung ausgelöst. Der 16 Millionen Euro teure Neubau des Feuerwehrstützpunktes sei "ein Schmuckstück" gewesen, sagte Somogyi. Als Industriestandort habe Stadtallendorf ein neues Gerätehaus benötigt.
Martin Rößler, Staatssekretär im Innenministerium, war am Mittwochmorgen vor Ort, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. "Es zeigt sich ein katastrophales Bild der Zerstörung. Erfreulicherweise konnte der Sozialtrakt gerettet werden", sagte er. Der Großbrand sei ein schwerer Schlag für die gesamte Feuerwehrgemeinschaft.
Das Feuerwehrhaus, das als Bau für die Zukunft galt, müsse so schnell wie möglich neu gebaut werden, sagte Kreisbrandinspektor Schäfer dem hr. Der hessische Feuerwehr-Präsident Fischer sagte dem hr, der Brand sei ein "Riesenfiasko für die Feuerwehr". Die Solidarität der Feuerwehr mit ihren Kameraden sei riesig.
Als das Feuerwehrhaus im Januar offiziell eröffnet wurde, titelte die Oberhessische Presse: "Modern, innovativ und auf dem neusten Stand". Ein hochmodernes Gebäude, ausgestattet mit einem 23 Meter hohen Übungsturm, Technik auf dem neusten Stand, energieeffizient, mit eigener Wäscherei, Schlauchpflegeanlage und Fitnessraum.
Nicht mal ein Jahr später ist ein Großteil davon komplett zerstört.