Mehr als 20 Feuer gelegt Vom Feuerwehrmann zum Brandstifter? "Bin kein Pyromane"

Ein Mitglied der Feuerwehr aus Lützelbach soll über Jahre hinweg mehr als 20 Brände im bayerisch-hessischen Grenzgebiet gelegt haben. Damit verschaffte sich der geständige 47-Jährige laut Gericht ein Gefühl der Überlegenheit.

Feuerwehrleute löschen Waldbrand
Löscharbeiten bei Waldbrand. (Archivfoto) Bild © picture-alliance/dpa
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"Ich bin kein Pyromane, glauben Sie mir das!" Das sagte ein angeklagter Feuerwehrmann aus Lützelbach (Odenwald) am Montag beim Prozessauftakt vor dem Landgericht Aschaffenburg.

Schon in seiner Jugend sei er bei der Feuerwehr gewesen, 35 Jahre seien es mittlerweile. Zugleich erklärte der 47-Jährige, etwa ein Dutzend Brände gelegt oder es zumindest versucht zu haben.

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Mit Blick auf seine rund 120 Seiten umfassende schriftliche Einlassung, die der Strafkammer vorliegt, sagte der 47-Jährige: "Ich habe jeden einzelnen Fall, für den ich verantwortlich bin, eingeräumt."

Nicht für alle angeklagten 25 Brände und versuchten Brandstiftungen will das Mitglied einer Freiwilligen Feuerwehr allerdings verantwortlich sein. Zudem habe er niemanden schädigen wollen, sagte der 47-Jährige.

Holzstapel, Hochsitze und Hütte brannten

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, einen notorisch zündelnden Mann vor sich zu haben. Der IT-Techniker soll im hessisch-bayerischen Grenzgebiet Holzstapel, Wälder, Wiesen und Hochsitze, aber auch das Wochenendhäuschen einer Familie und eine Waldhütte angezündet haben – beides immer wieder genutzt für Übernachtungen der Besitzer. Verletzt wurde bei den Bränden niemand.

Konkret geht es um zwei Fälle der schweren Brandstiftung, 20 Fälle der vollendeten Brandstiftung und drei Fälle der versuchten Brandstiftung im Zeitraum zwischen Juli 2018 und Mai 2024. Zu den Tatorten zählen Höchst im Odenwald und Lützelbach sowie im benachbarten Kreis Miltenberg (Bayern) unter anderem Heimbuchenthal. Bei den Feuern entstand ein Schaden von insgesamt mehreren zehntausend Euro.

Perfide Technik zur Verschleierung der Taten

Nach Erkenntnis der Ermittler baute der Angeklagte eine sich selbst entzündende Vorrichtung, die er an den Tatorten platzierte und die erst 12 bis 24 Stunden nach der Ablage in Brand geriet. Bei der Spreng- und Brandvorrichtung handelt es sich laut Anklage um eine Konstruktion aus Batterien, einem Relais, eine Art Schalter, sowie Behältnissen, die mit brennbaren Flüssigkeiten wie Desinfektionsmitteln gefüllt waren. 

"Zur weiteren Verschleierung seiner Täterschaft überzog der Angeklagte die Konstruktion mit einem brennbaren Lack", erläuterte Staatsanwalt Simon Schultheiß. "Damit wollte der Angeklagte sicherstellen, dass Spuren auf der Oberfläche der Konstruktion wie Fingerabdrücke oder DNA vernichtet würden."

Überführt durch DNA-Probe

Ziel des Feuerwehrmannes sei es gewesen, "aus den Brandstiftungen für sich ein Gefühl der Überlegenheit zu ziehen und die vermeintliche Hilflosigkeit und Verwirrung der Ermittlungsbehörden und der Bevölkerung zu genießen". 

Der Mann konnte im vergangenen Jahr nach einer DNA-Probe überführt werden und sitzt seither in Untersuchungshaft. Wie genau die Ermittler ihm auf die Spur kamen, ist öffentlich nicht bekannt.

Feuer aus Frustration?

"Es ging nie um mich", sagte der 47-Jährige am Montag vor Gericht. Vielmehr habe er aus Frust und Verbitterung gehandelt, weil seine Feuerwehr nach der Corona-Pandemie aus seiner Sicht nicht genug gewürdigt worden sei. Er habe der Feuerwehr für ihre Arbeit Lob und Anerkennung der Bevölkerung verschaffen wollen und gute Presse. 

"Feuerwehr ist wie Familie", erzählte der gelernte Elektroniker. "Man entwickelt Verantwortungsgefühl gegenseitig und man steht füreinander ein." Es tue ihm leid. "Ich habe viele Leute enttäuscht."

Richter misstrauisch

Dass der 47-Jährige nur einen Teil der angeklagten Taten einräumte, konnte der Vorsitzende Richter nicht nachvollziehen. "Es ist schwer zu glauben, dass noch einer rumläuft", sagte Karsten Krebs mit Blick auf die Theorie, ein weiterer Brandstifter sei in der Region unterwegs und nutze Brandvorrichtungen wie die des Angeklagten. 

"Ich weiß nicht, ob es einen weiteren Täter gibt", entgegnete der 47-Jährige. "Ich glaube eher nicht, das ist sehr unwahrscheinlich." Er gebe dennoch nur die Taten zu, die er begangen habe.

Dass er im Hitzesommer 2023, als es lange nicht regnete, ein Feuer in einem Wald im Kreis Miltenberg gelegt habe, könne er sich heute nicht mehr erklären. Die Waldbrandgefahr in der Region war nach Worten des Vorsitzenden Richters damals besonders groß. Um die 100 Feuerwehrleute seien im Einsatz gewesen. "Einige waren vollkommen erschöpft aufgrund der Hitze. (...) Wie kann man das machen, wenn die Feuerwehr, so wie Sie es schildern, Ihr Ein und Alles war?"

Der Prozess soll am 8. April fortgesetzt werden.

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de/Stefanie Hofmann; dpa/lhe