Rassismus-Debatte auf dem Weihnachtsmarkt Stadt Frankfurt empfiehlt Umbenennung des Getränks "Lumumba"
Der Name "Lumumba" für heißen Kakao mit Rum ist seit Längerem umstritten. In Frankfurt empfiehlt die städtische Tourismusabteilung den Weihnachtsmarktbetreibern, darauf zu verzichten.
Der Name eines populären Heißgetränks soll auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt künftig nicht mehr verwendet werden. Eine entsprechende Empfehlung hat die Frankfurter Tourismus und Congress GmbH an die Standbetreiber ausgesprochen.
Denn diese preisen Kakao mit einem Schuss Rum teilweise unter dem Namen "Lumumba" an - eine umstrittene Namensgebung [PDF - 526kb], weil er dem des bekannten Freiheitskämpfers Patrice Lumumba aus dem Kongo gleicht, der in den 60er Jahren erschossen wurde. Kritiker vermuten, dass der Name des Getränks mit dem "Schuss" Rum auf den Tod des Politikers anspielt und diesen verhöhnt.
Eindringliche Bitte, den Namen unkenntlich zu machen
Jetzt hat der Weihnachtsmarktveranstalter, die Frankfurter Tourismus und Congress GmbH, Standbetreiber in einem Schreiben gebeten, auf den Namen "Lumumba" zu verzichten, wie das Nachrichtenportal T-Online zuerst berichtete.
Demnach schrieb die Tourismus und Congress GmbH: "Sollten Sie ein Getränk im Angebot haben, welches Sie als 'Lumumba' bezeichnen, möchten wir Sie eindringlich bitten, den Namen zu ändern und es auf Menükarten/Getränkekarten/Schildern unkenntlich zu machen." Als Alternativen schlägt die Tourismus und Congress GmbH unter anderem "Kakao mit Schuss" oder "Heiße Schokolade mit Rum" vor.
Die Tourismus und Congress GmbH teilte dem hr gegenüber mit, sie habe den Standbetreibern Namensalternativen empfohlen, "da es bei der Herleitung des Begriffes eine Variante gibt, die rassistische Stereotype bedienen kann".
Die Empfehlung sei erst in dieser Woche ausgesprochen worden. Ob sie überall umgesetzt worden ist, soll in den nächsten Tagen überprüft werden.
Vorsitzender des Schaustellerverbands: Diskussion ist "aberwitzig"
Das Schreiben stößt nicht nur auf Gegenliebe, wie Thomas Roie, Vorsitzender des Schaustellerverbands Frankfurt/Rhein-Main, dem hr auf Anfrage sagte. Er nennt die Diskussion um den Namen "aberwitzig". Der Name sei über 30 Jahre alt. "Ich weiß nicht, was daran verwerflich ist."
Alle Standbetreiber hätten die Empfehlung erhalten, der Großteil halte sich auch daran und habe entsprechend gehandelt. Aber nicht alle Schilder ließen sich so schnell abändern.
"Lumumba" nach wie vor vertreten
Ein Rundgang über den Frankfurter Weihnachtsmarkt zeigt: Tatsächlich wird der Kakao mit Schuss derzeit meist unter den von der Tourismus GmbH empfohlenen Namen verkauft. Aber auch "Lumumba" ist nach wie vor vertreten. Äußern möchten sich die Mitarbeiter der betreffenden Stände dem hr gegenüber nicht.
Am Glühweinstand von Mitarbeiter Gerd wurde der Name "Lumumba" dagegen weggestrichen. Hier steht jetzt "heißer Kakao mit Schuss und Sahne" auf der Tafel. Nachvollziehen kann Gerd das allerdings nicht. "Ich kenne den Hintergrund, finde es aber übertrieben."
Er zweifelt daran, dass sich der Name des Getränks wirklich auf den Freiheitskämpfer Lumumba bezieht und mit ihm der Tod des Mannes ins Lächerliche gezogen werden sollte. Und falls der Name sich doch auf den Politiker beziehen sollte? "Ich finde, das könnte doch auch eine Ehrung des Mannes sein."
Wissenschaftlerin: "rassistische Erniedrigungen"
Solchen Auslegungen widerspricht Artemis Saleh, Wissenschaftliche Koordinatorin für Migrationsforschung an der Frankfurter Goethe-Universität, vehement.
Die Forschung zeige, dass Schwarze Menschen oft mit Begriffen für braunes Essen und Getränke "verglichen, exotisiert, sexualisiert und anderweitig erniedrigt werden", teilt sie dem hr auf Anfrage mit. "Von Definitionen der Ehrung sind solche Vergleiche weit entfernt. Es handelt sich dabei um rassistische Erniedrigungen."
Ein braunes Getränk "nach einer der vermutlich wenigen Personen mit melaninreicher Haut, die im Deutschland der 1960er Jahren massenmedial bekannt waren, zu benennen", sei vor dem europäischen kolonialhistorischen Hintergrund "mindestens ignorant und maximal beispielhaft für rassistische Strukturen", so die Wissenschaftlerin.
"Im Zweifel sollte der Name lieber weg"
Am Hintergrund der Namensgebung des Getränks "Lumumba" gibt es Salehs Ansicht nach wenig zu zweifeln. "Woher käme der Name denn dann?" Der Name sei sehr spezifisch. Das Wort "Lumumba" - und ebenso der Politiker und sein Nachname - komme aus der Tetela-Sprache, die in der Kasaï-Region in der Demokratischen Republik Kongo von den Tetela, also ein paar wenigen hunderttausend Menschen, gesprochen werde.
Eine Ansicht, die Weihnachtsmarktbesucherin Johanna aus Köln teilt. Sie findet es gut, wenn die Menschen heute in Zusammenhang mit Rassismus aufmerksamer sind: "Im Zweifel sollte der Name lieber weg. Den zu ändern, tut doch niemandem weh."