AWO-Affäre Frankfurter Ex-AWO-Chef Richter zu 1,8 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt
Der Ex-Geschäftsführer der Frankfurter Arbeiterwohlfahrt, Jürgen Richter, muss seinem ehemaligen Arbeitgeber rund 1,8 Millionen Euro Schadenersatz zahlen. Nach dem Urteil des hessischen Landesarbeitsgerichts sprach die AWO-Leitung von Genugtuung.
Die Frankfurter Arbeiterwohlfahrt (AWO) hat vor dem hessischen Landesarbeitsgericht rund 1,8 Millionen Euro von ihrem ehemaligen Geschäftsführer Jürgen Richter erstritten. Das teilte der AWO-Kreisverband am Dienstag mit. Das Gericht bestätigte dies auf hr-Anfrage.
In erster Instanz hatte das Frankfurter Arbeitsgericht im November 2022 die Millionen-Klage gegen Jürgen und Hannelore Richter abgewiesen. Eine Revision gegen das Urteil ist nicht zugelassen.
Vorwurf: Gelder hin- und hergeschoben
Das Ehepaar steht im Mittelpunkt des Skandals, der den traditionsreichen Sozialverband - insbesondere die beiden Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden - seit 2019 erschüttert. Auch Hannelore Richter hatte eine Leitungsposition inne, sie war Chefin des Kreisverbands Wiesbaden.
Die neue AWO-Führung warf den Eheleuten unter anderem vor, sie hätten Gelder zwischen den beiden Verbänden hin- und hergeschoben, und verklagte sie deshalb auf Schadensersatz.
Satzungswidrige Spenden, unrechtmäßige Honorare
Jürgen Richter hafte mit der Summe für mehrere Verstöße, teilte die AWO Frankfurt am Dienstag weiter mit. Dabei ging es insbesondere um Spenden des Kreisverbands Frankfurt an den Kreisverband Wiesbaden - nach Darstellung der AWO ohne Grund.
Laut früheren Angaben des Anwalts der Richters wurde damit Hannelore Richter bezahlt, die Arbeitnehmerin der AWO Frankfurt gewesen sei und dort "den Laden am Laufen hielt".
Außerdem ging es um zu Unrecht gezahlte Honorare sowohl an eine ehemalig freiberuflich Tätige wie auch an einen früheren Rechtsanwalt der AWO Frankfurt. Die AWO wollte von den Richters auch Steuern zurück, die sie nachzahlen musste, nachdem ihr die Gemeinnützigkeit für die Jahre 2014 bis 2020 aberkannt worden war.
AWO: "Gefühl von Gerechtigkeit"
Der Vorstandsvorsitzende Steffen Krollmann von der AWO Frankfurt begrüßte das Urteil: "Wir sehen es als entscheidendes Signal für die Tatsache, dass ein Missbrauch unserer Werte wie der durch Herrn Richter nicht ungestraft bleiben darf."
Das Urteil bestätige die Anstrengungen des Präsidiums, des neuen Vorstands sowie des beauftragten Rechtsanwalts, zumindest den finanziellen Schaden teilweise wiedergutzumachen, der der AWO zugefügt worden sei.
Die Vorsitzende des Präsidiums der Frankfurter AWO, Petra Rossbrey, sagte dem hr, dass Jürgen Richter zur Rechenschaft gezogen sei, sorge bei den Arbeitnehmern und Ehrenamtlichen für Genugtuung. Sie hätten sich aufgrund der AWO-Affäre oft fragen lassen, bei was für einem Verband sie da eigentlich seien. Das Urteil trage dazu bei, den Mitarbeitern und Ehrenamtlichen das Gefühl von Gerechtigkeit zurückzugeben.
Richters Anwalt: "Urteil noch nicht rechtskräftig"
Richters Anwalt Bernhard Lorenz sagte dem hr, er kenne die schriftliche Begründung des Urteils noch nicht. Er weise aber darauf hin, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.
Da keine Revision zugelassen worden sei, bestehe grundsätzlich die Möglichkeit, vor dem Bundesarbeitsgericht Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen.
Sendung: hr-iNFO, 17.10.2023, 19 Uhr
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