"Über Lärm geärgert" 54-Jähriger wegen Schreckschüssen in Kirche zu Bewährungsstrafe verurteilt
In einer Kirche in Fulda hatte ein 54-Jähriger eine Schreckschusspistole abgefeuert - aus Ärger über nächtlichen Lärm, wie er sagt. Der Gottesdienst hatte mehr als sieben Stunden gedauert. Das Landgericht Fulda hat ein Urteil gegen ihn nun bestätigt.
Das Landgericht Fulda hat in einem Berufungsprozess den Schuldspruch gegen einen Mann bestätigt, der aus Ärger über nächtlichen Lärm einer feiernden eritreisch-orthodoxen Kirchengemeinde einen Schuss aus einer Schreckschusspistole abgefeuert hat.
Zwei Menschen erlitten dabei im vergangenen Jahr durch austretendes Gas Atemwegsbeschwerden, Schmerzen beim Schlucken und tränende Augen.
Der 54-Jährige wurde der fahrlässigen Körperverletzung, des unerlaubten Führens einer Schusswaffe und der Störung der Religionsausübung für schuldig befunden, wie das Gericht mitteilte. Das Strafmaß ist dasselbe wie beim Urteil der Vorinstanz vom Februar: ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung.
Angeklagter soll zur Tatzeit betrunken gewesen sein
Der Angriff erfolgte am 9. Juli 2023 gegen 2.25 Uhr im Vorraum der katholischen Fuldaer St. Joseph-Kirche, die die eritreisch-orthodoxe Religionsgemeinschaft für eine besondere Feier gemietet hatte. Der Angeklagte war während der Tat laut Gutachten betrunken mit einem Wert zwischen 1,9 und 2,6 Promille.
Bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten waren NS-Devotionalien wie ein Becher mit Hakenkreuz entdeckt worden. Das Gericht konnte im Prozess jedoch keinen politischen Hintergrund feststellen, wie eine Sprecherin am Montag auf Anfrage mitteilte.
Der Angeklagte hatte beim Prozessauftakt erklärt, er habe lediglich aus Ärger über den Lärm geschossen. Er habe auf niemanden gezielt und die Waffe schräg in Richtung Boden abgefeuert. Einen politischen Hintergrund gab es nach seiner Darstellung nicht. Seine Schwester und eine Bekannte beschrieben ihn als ruhigen und friedlichen Menschen.
Siebenstündiger Gottesdienst
Wegen des Anklagepunktes Störung der Religionsausübung ging es in dem Prozess auch um die Frage, ob zu der späten Stunde der Gottesdienst noch andauerte oder ob es sich um eine andere Art von Zusammenkunft handelte.
Zwei Zeuginnen, die Mitglieder der Gemeinde sind und den Schuss in unmittelbarer Nähe erlebten, sagten zum Prozessauftakt, der Gottesdienst sei zur Tatzeit noch nicht beendet gewesen. Eritreisch-orthodoxe Messen könnten viele Stunden dauern. Begonnen hatte die Messe laut Zeugenaussagen am Vortag um 19 Uhr.
Das Landgericht folgte bei seinem Urteil dieser Auffassung und ging ebenfalls von einem Gottesdienst aus, weshalb der Angeklagte auch der Störung der Religionsausübung schuldig gesprochen wurde. Auch ging es davon aus, "dass der Angeklagte spätestens zu dem Zeitpunkt, als er die Kirche betreten und dort gesehen hat, dass ein Gottesdienst gefeiert wird, hätte erkennen können, dass es sich um eine Religionsausübung und nicht bloß um eine Zusammenkunft handelt", teilte die Sprecherin mit.
Staatsanwaltschaft forderte Freiheitsstrafe
Gegen das Urteil des Amtsgerichts hatten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte Berufung eingelegt. Der Angeklagte wollte mit der Berufung die Verurteilung zu einer Geldstrafe erreichen, die Staatsanwaltschaft strebte die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung an.