Gefährliches Leck in Hadamar Gasalarm, Explosion und viel Geduld – ein Rückblick
Niederzeuzheim plötzlich in den Schlagzeilen: Im Stadtteil von Hadamar strömt auf einem Firmengelände Propangas in großen Mengen aus – ein Haus explodiert. Für die Einsatzkräfte und die Anwohner eine tagelange Anspannung. Ein Rückblick.
"Anwohner zwischen Warten, Angst und Zuversicht", titelte hessenschau.de am Dienstag – da war noch nicht klar, dass der Einsatz wegen des ausströmenden Gases in Hadamar (Limburg-Weilburg) am Südrand des Westerwaldes noch tagelang andauern würde. Doch seit Samstag früh haben die Menschen im Stadtteil Niederzeuzheim Gewissheit: Die Sperrzone ist aufgehoben, eine Rückkehr ins eigene Zuhause steht an.
Ein Rückblick auf eine ereignisreiche Woche im 1.500-Einwohner-Ort, die am Montag mit einer Warnmeldung begann:
Der Alarm | Das Problem | Die Maßnahmen | Der Schock | Die Ungewissheit | Die Erleichterung | Die offenen Fragen
Der Alarm
Die erste Nachricht über den Gasaustritt in Niederzeuzheim lief im hr-Verkehrsservice am Montagmittag. "Die Anwohner werden gebeten Fenster und Türen geschlossen zu halten, offenes Feuer zu vermeiden und möglichst Häuser und Wohnungen nicht zu verlassen", lautete die Warnung, die auch über Smartphone-Apps wie Hessenwarn verbreitet wurde. Eine Landstraße und die Bahnlinie RB90 wurden gesperrt. Um 13:28 Uhr dann die Eilmeldung auf hessenschau.de: "Gasaustritt in Hadamar: Firma und Wohngebiet geräumt."
Das Problem
Aus einem Tank auf einem Firmengelände war hochentzündliches Propangas ausgetreten. Der Tank war mit etwa 300 Kubikmetern Propangas gefüllt – das entspricht etwa 150 Tonnen. Das Leck ist möglicherweise auf ein defektes Ventil zurückzuführen. Der Defekt könnte laut Firmenangaben bei Wartungs- oder Reparaturarbeiten entstanden sein.
Eine Herausforderung für die Einsatzkräfte: Propangas verdampft an der Luft und kühlt sich und die Umgebung dabei sehr schnell auf die Siedetemperatur von unter minus 40 Grad ab. Es besteht Erfrierungsgefahr. Die Feuerwehr ließ deshalb das Gas vollständig aus dem Tank ausströmen – das sollte tagelang dauern. Sichtbar war das ausströmende Gas als weiße Wolke.
Die Maßnahmen
Zunächst 300 Meter, dann 400 Meter: Um das Firmengelände richteten die Einsatzkräfte eine Sperrzone ein. Anwohnerinnen und Anwohner mussten ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Rund 700 Menschen waren betroffen, sie kamen größtenteils bei Verwandten oder Bekannten unter. In einer Mehrzweckhalle wurden für alle anderen Feldbetten eingerichtet. Auch eine Grundschule und ein Kindergarten lagen im Sperrgebiet.
Um Funkenschlag zu verhindern, wurde im Gefahrenbereich der Strom abgeschaltet. Zudem musste die Kanalisation aufwändig entlüftet werden.
Der Schock
Wie gefährlich die Lage im Hadamarer Stadtteil war, zeigte sich in der Nacht zum Dienstag: Bei einer Explosion wurde ein Einfamilienhaus in der Sperrzone komplett zerstört. Ein 44 Jahre alter Anwohner sei "widerrechtlich" in sein evakuiertes Wohnhaus zurückgekehrt, teilte die Polizei mit. Er habe sich selbst aus den Trümmern befreien können und sei mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus gekommen. Die Ursache für die Explosion ist noch nicht geklärt.
Die Ungewissheit
Die Hoffnung der Anwohnerinnen und Anwohner auf eine schnelle Rückkehr war zwar da – doch weil weiterhin Gas aus dem Tank austrat, mussten sich die Betroffenen auf weitere Nächte in fremden Betten einstellen. Selbst nachdem das Gasleck am Mittwoch geschlossen war, mussten die Menschen in Niederzeuzheim Geduld aufbringen. Der Tank wurde auf mögliche weitere undichte Stellen geprüft, zudem wurden die Messungen im Sperrgebiet intensiviert. Am Freitagabend waren dann gut 80 Prozent der Gebäude überprüft, ehe die Einsatzkräfte nach nächtlichen Messungen am Samstag früh die lang ersehnte Meldung machen konnten: Entwarnung in Hadamar.
Die Erleichterung
"Alle waren total erleichtert und teilweise den Tränen nah. Es war sehr emotional." Dieser Eindruck der Stadt-Sprecherin von Hadamar am Morgen der Rückkehr fasste die Erleichterung der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner zusammen. "Es ist ein tolles Gefühl, wenn man wieder ins eigene Haus kann", sagte eine Betroffene. Die Rückkehrer sollten ihre Gebäude zunächst weiter gut lüften, manche freuten sich über das Wiedersehen mit ihren Haustieren, die während der Tage mit Unterstützung der Einsatzkräfte versorgt wurden.
Viele Betroffene mussten zunächst ihre Kühlschränke und Tiefkühltruhen reinigen – die Geräte hatten für mehrere Tage keinen Strom. Der ebenfalls erleichterte Bürgermeister Michael Ruoff (CDU) lobte die Zusammenarbeit mit Hilfsstellen, Leitstellen, der Polizei und Betroffenen. "Es war ein Einsatz, für den es keine Blaupause gibt", sagte Ruoff.
Die offenen Fragen
Die Ursache für das Austreten des Propangases ist nicht geklärt. Das zuständige Regierungspräsidium (RP) Gießen untersagte der betroffenen Firma bis auf Weiteres, den Betrieb wieder aufzunehmen. Weitere Untersuchungen auf dem Gelände sollen folgen. Das Unternehmen, das sich für die "die Unannehmlichkeiten und Belastungen" entschuldigte, füllt unter anderem Gasflaschen für Haushalte ab. Ebenfalls unklar sind Versicherungsfragen und die Gesamtkosten des mehrtägigen Einsatzes von Rettungskräften sowie die Schadenssumme, die etwa am in Trümmern liegenden Haus entstanden ist.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 02.03.2024, 19.30 Uhr
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