Eskalation in Rockerstreit? Gießener Hells-Angels-Präsident erschossen

Der Präsident des Gießener Hells-Angels-Charters, Aygün Mucuk, ist tot. Die Leiche des 45-Jährigen wurde am Freitagmorgen (07.10.2016) am Clubheim der Rocker erschossen aufgefunden. Die Fahndung nach den Tätern läuft.

Aygün Mucuk bei einer Boxveranstaltung in Offenbach im Februar dieses Jahres.
Aygün Mucuk bei einer Boxveranstaltung in Offenbach im Februar dieses Jahres. Bild © picture-alliance/dpa
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Der Gießener Hells-Angels-Präsident Aygün Mucuk ist tot. Eine Putzfrau fand die Leiche des 45-Jährigen am Freitag um 8.30 Uhr auf dem Gelände des Clubhauses der Gießener Hells Angels in Wettenberg-Wißmar.

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Mord im Rockermilieu in Mittelhessen

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"Nach einer ersten Leichenbesichtigung sieht es danach aus, dass er durch Schüsse getötet wurde", sagte ein Sprecher der Gießener Staatsanwaltschaft. Die genaue Todesursache soll eine Obduktion klären. Das Landeskriminalamt war mit einer Tatortgruppe vor Ort.

Staatsanwaltschaft: "Ermitteln in alle Richtungen"

Es sei derzeit noch zu früh, um zu sagen, dass die Tat aus dem Hells-Angels-Milieu heraus begangen wurde oder auf interne Streitigkeiten der Rocker zurückgehe, sagte der Sprecher der Gießener Staatsanwaltschaft, Thomas Hauburger. "Natürlich laufen die Ermittlungen in diese Richtung, aber wir haben auch andere Richtungen im Blick", erklärte Hauburger.

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Die Ermittler würden diesen Fall, "wie jedes Tötungsdelikt mit maximaler Akribie behandeln". Daher seien auch nach wie vor sehr viele Beamte vor Ort. Ihm sei aber nicht bekannt, dass es eine konkrete Gefährdungslage für die Anwohner gebe, so Hauburger.

Polizei kontrolliert Fahrzeuge

Ein Großaufgebot der Polizei sicherte am Freitag das Gelände des Vereinsheims, auf dem sich 30 bis 50 Rocker aufhielten. Zugleich lief die Fahndung nach den Tätern, die Beamten kontrollierten dabei mehrere Fahrzeuge. Die Polizei befragte auch Nachbarn und suchte Zeugen. Unklar war, ob es einen Schusswechsel gegeben hatte.

Der genaue Tatzeitpunkt stand anfangs noch nicht fest. "Momentan gehen wir allerdings davon aus, dass das Tötungsdelikt sich entweder in der Nacht oder am frühen Morgen zugetragen haben müsste", sagte der Behördensprecher. Ob Mucuk bewaffnet war und es einen Streit gegeben hat, muss noch ermittelt werden.

Spurensicherung der Polizei am Tatort in Wettenberg.
Spurensicherung der Polizei am Tatort in Wettenberg. Bild © michael_seeboth_hr

Aygün Mucuk wurde 2014 angeschossen

Aygün Mucuk, der als Anführer der türkischen Strömung innerhalb der Hells Angels galt, war bereits 2014 im Frankfurter Bankenviertel vor einem Club angeschossen und schwer verletzt worden. Seinerzeit war es den Ermittlungen zufolge um einen Streit der türkisch geprägten Rocker aus Gießen mit den alteingesessenen Frankfurter Hells Angels gegangen. Der Machtkampf, der vor allem wegen der Gründung einer Ortsgruppe in Gießen eskaliert sein soll, hatte fünf Verletzte nach Schüssen gefordert.

Altrocker und die so genannten jungen Wilden, vorwiegend mit türkischem Migrationshintergrund, geraten seit Jahren immer wieder aneinander. Dabei geht es um Machtansprüche. Zuletzt war es zu einer Schießerei am Himmelsfahrtstag in der Frankfurter Innenstadt gekommen. Auch dabei waren offenbar Auseinandersetzungen verschiedener Hells-Angels-Gruppen der Auslöser. Ein Tatverdächtiger, der rund eine Woche nach den Schüssen gefasst wurde, sitzt seither in Haft. Nach einem weiteren Verdächtigen wird noch gesucht.

Hells Angels am Freitag am Tatort in Wettenberg
Hells Angels am Freitag am Tatort in Wettenberg Bild © michael_seeboth_hr

Durchsuchungen bei Hells Angels auch in Mittelhessen

Im August hatte die Polizei in Frankfurt und Wölfersheim in der Wetterau Wohnungen und Vereinsheime der Hells Angels durchsucht. Die Aktion stand in Zusammenhang mit der Schießerei am Vatertag in Frankfurt. Nach Einschätzung des Landeskriminalamts umfasst die Rockerszene in Hessen rund 700 Menschen, die vier Gruppen zugeordnet werden. Im Fokus der Ermittler stehen sie vor allem wegen Rauschgiftdelikten und kriminellen Aktivitäten im Türsteher- und Rotlichtmilieu.

Quelle: Heike Borufka (hr-Gerichtsreporterin), hessenschau.de/fawe, dpa/lhe

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