Rettungsdienste im Dauereinsatz Glatteis-Chaos sorgt für hunderte Unfälle

Platzwunden und Knochenbrüche durch Stürze, hunderte Unfälle und Chaos im Busverkehr: Glatteis hat den Menschen in Hessen einen rutschigen Start in die Woche beschert. Polizei und Rettungskräfte waren im Dauereinsatz.

An einen Baum geprallter Linienbus
In Dreieich prallte ein Bus gegen einen Baum. Bild © 5vision.media
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Hunderte Unfälle auf eisglatten Straßen

hessenschau 19.12.2022
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Die Warnungen der Meteorologen haben sich bewahrheitet: Der Regen, der in der Nacht zu Montag und am Vormittag landesweit fiel, bildete auf dem gefrorenen Boden gefährliches Glatteis. Selbst zu Fuß war vielerorts kein Halten mehr. Sogar am Mittag war es vielerorts noch rutschig, denn auch in den Städten bewegten sich die Temperaturen weiter um den Nullpunkt.

Wer sich trotz der Warnungen ins Auto setzte, musste mit einer Rutschpartie rechnen. Die Winterdienste hatten zwar in der Nacht bereits auf den Autobahnen und Straßen gestreut, dennoch krachte es vielerorts: Bis zum Mittag zählten die hessischen Polizeipräsidien rund 500 Glätteunfälle.

170 Unfälle in Nordhessen gemeldet

Besonders betroffen war Nordhessen, wo allein 170 Unfälle registriert wurden. Meist verliefen sie glimpflich: Laut Polizei gab es keine Schwerverletzten.

Schwerpunkt sei die Stadt Kassel mit knapp hundert Unfälle gewesen. Mehrere Kollisionen ereigneten sich in Wohngebieten und auf Nebenstraßen. Insbesondere im morgendlichen Berufsverkehr gingen laut Polizei im Minutentakt Meldungen von Autofahrern ein, die auf dem Weg zur Arbeit in geparkte Autos oder gegen Verkehrsschilder gerutscht waren. Im Kreis Kassel fuhr ein Autofahrer gegen eine Hauswand.

In Mittelhessen kam es laut Polizei zu rund 70 Glätteunfällen. Im Gießener Stadtteil Lützellinden kam in der Nähe des Freibads ein 7,5 Tonnen schwerer Laster von der Fahrbahn ab und blieb halb in der Luft über dem Graben hängen.

Ausnahmezustand beim Rettungsdienst in Frankfurt

Auch im Rhein-Main-Gebiet und in Südhessen krachte es am Vormittag im Minutentakt. So rutschte in Darmstadt ein Auto gegen eine Hauswand - und noch während die Polizei den Unfall aufnahm, passierte einem anderen Autofahrer das gleiche. Wie die Polizei in Darmstadt mitteilte, gab es ab dem frühen Morgen knapp 70 Unfälle.

Beim Frankfurter Rettungsdienst wurde bereits gegen 9.30 Uhr der Ausnahmezustand ausgerufen. Dort befinde man sich durch Personalengpässe ohnehin in einer angespannten Lage, erklärte die Feuerwehr Frankfurt. Bis zum Mittag kamen an diesem Tag doppelt so viele Rettungsdienstfahrten wie an einem normalen Tag zusammen.

16 Verletzte bei Busunfall in Dreieich

In Stadt und Kreis Offenbach kamen mehrere Autos von den eisglatten Straßen ab, aus Oberursel und Friedrichsdorf (beide Hochtaunus) wurden ebenfalls Unfälle gemeldet. In Hanau rutschte ein Autofahrer im Stadtteil Lamboy in einen geparkten Pkw. Während er auf die Polizei wartete, schlitterten drei weitere Fahrzeuge in die Unfallstelle, darunter auch ein Rettungswagen. Verletzt wurde dabei glücklicherweise niemand.

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Während es meist bei Blechschäden blieb, gab es in Dreieich-Offenthal (Offenbach) mehrere Verletzte, als ein Linienbus gegen einen Baum prallte. Dabei wurden 16 Menschen verletzt, 10 Fahrgäste zwischen 15 und 52 Jahren mussten mit leichten Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Es entstand 30.000 Euro Sachschaden. Der Unfallort war für rund zwei Stunden gesperrt.

Mit dem Löschfahrzeug ins Krankenhaus

In Wiesbaden wurden bis zum Mittag rund 200 Einsätze des Rettungsdienstes "mit Bezug zur Wetterlage" gezählt, wie die Stadt mitteilte. "Hierzu gehörten insbesondere Verstauchungen, Knochenbrüche oder Platzwunden durch Stürze." In einem Fall sei ein Verletzter mit einem Löschfahrzeug der Feuerwehr ins Krankenhaus gebracht worden, weil kein Rettungswagen mehr frei war. Manchmal kamen auch die Rettungskräfte selbst nur noch rutschend voran.

Zum Vergleich: An einem normalen Werktag arbeite man in Wiesbaden etwa 80 Einsätze ab, sagte ein Sprecher der Stadt. Die Rettungswagen waren fast ununterbrochen unterwegs, einige Fahrzeuge kamen gar nicht zur Unfallstelle durch. Wegen Eisregen und Glätte konnte auch die Müllabfuhr nicht wie gewohnt um 6 Uhr in den Tag starten und die Touren komplett fahren. Abholtermine mussten verschoben werden, unter anderem war dies auch in Frankfurt der Fall.

Auf den Autobahnen, die frühzeitig gestreut worden waren, blieb die Lage am Morgen relativ ruhig. Auf der A5 krachte es allerdings zwischen Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) und Langen/Mörfelden gleich mehrfach, Staus waren die Folge. Auch hier ist über Verletzte nichts bekannt.

Taxis statt U-Bahn in Frankfurt

Denen, die auf den Öffentlichen Nahverkehr umgestiegen waren, erging es oft nicht besser. "Glatteis: Busverkehr stellenweise eingestellt", hieß es beim Nordhessischen Verkehrsverbund (NVV) knapp. Besonders das Stadtgebiet Kassel mit den angrenzenden Gemeinden sowie der Landkreis Waldeck-Frankenberg seien von den Fahrtausfällen betroffen.

Auch im Gebiet des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) fielen viele Buslinien aus. Selbst Trams und U-Bahnen mussten ihren Betrieb in Frankfurt teilweise einstellen, zwischen den Haltestellen Dornbusch und Heddernheim waren stattdessen Taxis im Einsatz. Und für die Regional- und S-Bahnen sparte sich der RMV die Auflistung einzelner Verbindungen: Die Probleme beträfen schlicht alle Linien, hieß es.

Über 200 Flüge annulliert

Ins Durcheinander schlitterte auch der Frankfurter Flughafen. Von den für Montag geplanten insgesamt rund 1.100 Starts und Landungen wurden nach Angaben des Unternehmens bis zum Nachmittag rund 230 annulliert. Dazu gab es den gewohnten Hinweis: Reisende sollten sich bitte vor ihrem Flug informieren, ob ihre gebuchte Maschine startet und möglichst früh zum Check-in-Schalter kommen.

Der Flugbetrieb sei aber nicht komplett eingestellt, betonte die Sprecherin. Es gelte zunächst eine sogenannte Anflugsteuerung, was dazu führe, dass pro Stunde nur eine bestimmte Zahl von Maschinen - weniger als sonst - landen dürfe. Die Nordwest-Landebahn war demnach am Morgen gesperrt. Winterdienst und Streufahrzeuge seien im Dauereinsatz. Auch die nötige Enteisung der Flugzeuge führe zu Verzögerungen.

Eine Passagiermaschine wird auf dem Enteisungsplatz des Flughafens in Frankfurt enteist.
Ohne Enteisung geht nichts mehr am Frankfurter Flughafen. Bild © picture-alliance/dpa

"Wer kann, sollte zu Hause bleiben", hatte hr-Meteorologe Michael Köckritz bereits im Vorfeld gewarnt. Nach Einschätzung der hr-Verkehrsredaktion hielten sich auch viele an diese Warnung.

Schulen im Distanzunterricht

Viele Schulen hatten vor dem Hintergrund der angekündigten Glatteislage für Montag ohnehin ihren Präsenzunterricht ausgesetzt - wie beispielsweise in den Kreisen Lahn-Dill und Limburg-Weilburg. Dort, wo die Schulen ohne Gefahren erreichbar waren, wurde dort eine Notbetreuung sichergestellt. Ansonsten boten die Schulen laut Mitteilung Distanzunterricht an.

Distanzunterricht gab es am Montag auch in der Stadt und im Landkreis Fulda, wie das Staatliche Schulamt mitgeteilt hatte. "Eine Notbetreuung bis einschließlich Klasse 6 ist gewährleistet." Auch der Kreis Hersfeld-Rotenburg hatte laut Mitteilung die Schulen am Montag geschlossen und wich auf Distanzunterricht aus. Eine Notbetreuung sei gesichert gewesen.

Der Werra-Meißner-Kreis überließ den Schulen für Montag die Entscheidung über möglichen Distanzunterricht. "Wir empfehlen den Schulen diesen Verzicht auf den normalen Unterricht, um mögliche Gefährdungen durch Glatteis auf dem Schulweg zu vermeiden", hatte Landrätin Nicole Rathgeber am späten Sonntagnachmittag erläutert.

Auch Stadt und Landkreis Gießen hoben am Sonntagabend die Präsenzpflicht an den Schulen für Montag auf. "Soweit möglich kann Unterricht in den Schulen stattfinden, sie werden nicht generell geschlossen", hieß es auf der Internetseite giessen.de.

In Frankfurt wurde der Präsenzunterricht nicht flächendeckend vom Staatlichen Schulamt aufgehoben. Am Montagmorgen um 6 Uhr ging eine Mail an alle Schulleitungen raus mit der Aufforderung, selbst zu entscheiden, ob der Unterricht vor Ort stattfinden soll oder nicht. Das sagte die Leiterin des Staatlichen Schulamts, Evelin Spyra, dem hr.

Die Schulen informierten daraufhin die Eltern und Schüler über ihre Entscheidung. Einige Eltern kritisierten gegenüber dem hr, dass sie erst kurz vor Unterrichtsbeginn informiert worden seien.

Der Hochtaunuskreis stellte es den Schulen in seinem Gebiet frei, ob sie öffnen. "Jede Schule entscheidet in eigener Verantwortung, ob die Wetterbedingungen vor Ort einen geregelten Schulbetrieb zulassen", hieß es in einer Mitteilung. An jedem Standort werde eine Notbetreuung angeboten. Darüber hinaus durften die Eltern eigenständig entscheiden, ob sie ihre Kinder zum Unterricht schicken wollen.

In anderen hessischen Landkreisen fiel an einzelnen Schulen wegen des Wetters der Unterricht aus oder es wurde ebenfalls von Präsenz- zu Distanzunterricht gewechselt.

Ausblick: Glatteis sollte kein Thema mehr sein

Nach diesem rutschigen Montag sollte Glatteis in den kommenden Tagen kein Thema mehr sein. In der Nacht zum Dienstag erwartet die hr-Wetterredaktion für Hessen Tiefstwerte von meistens 5 bis 1 Grad. Nur in einigen Kältelöchern des Spessarts und der Rhön könnten demnach die Tiefstwerte doch noch mal in den Frostbereich bis auf -1 Grad rutschen. Daher gelte dort weiterhin Vorsicht vor Glätte.

Am Dienstag bleibe es meist wolkenverhangen und gelegentlich falle Regen oder Nieselregen. Es werden Temperaturen von maximal 4 Grad im Spessart und in der Rhön sowie bis zu 10 Grad im Rheingau erwartet.

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 19.12.2022, 19.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de/Michelle Goddemeier/Antje Buchholz, dpa/lhe