Brände, Verletzte und Festnahmen Hessen feiert meist friedlich - Angriffe auf Polizei und hunderte Einsätze
Bei den Feiern ins neue Jahr sind in Hessen etliche Menschen durch Feuerwerk verletzt worden. In mehreren Orten wurden Einsatzkräfte der Feuerwehr und der Polizei angegriffen. Innenminister Poseck forderte erneut härtere Strafen.
In der vergangenen Silvesternacht sind Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte in Hessen wieder im Dauereinsatz gewesen. Zehntausende Menschen feierten ausgelassen. Es gab jedoch auch einige Verletzte und Festnahmen, wie die verschiedenen Polizeipräsidien im Lauf des Neujahrstags vorläufig bilanzierten. An mehreren Orten im Land wurden Feuerwehrleute oder Polizisten angegriffen. Die Übersicht:
In der Frankfurter Innenstadt nahm die Polizei in der Nacht mehrere Menschen fest, die gezielt Raketen in Richtung von Menschenmengen oder Einsatzkräften gezündet hatten. Insgesamt sprach die Polizei rund 130 Platzverweise aus. Die Ordnungsbehörde schrieb es ihrem "fortentwickelten Sicherheitskonzept" auf die Fahne, dass es insgesamt ruhiger geblieben sei und es weder zu größeren Ausschreitungen noch zu "nennenswerten gruppendynamischen Prozessen" gekommen sei.
E-Roller von Brücke auf Polizeiauto geworfen
Im Stadtteil Heddernheim warfen gegen 22.40 Uhr zehn bis 15 Jugendliche einen E-Scooter von einer Brücke am Nordwestzentrum auf ein Polizeiauto. Der rund 30 Kilogramm schwere E-Roller traf das Dach des vorbeifahrenden Wagens, dessen Windschutzscheibe zerbrach. Die zwei Polizisten, die in dem Auto saßen, erlitten bei dem Vorfall leichte Verletzungen.
Eine Mordkommission ermittle nun wegen eines versuchten Tötungsdelikts. "Hier ging es nur um Zentimeter, sonst wären schwere Kopfverletzungen die Folge gewesen", hielt der Frankfurter Polizeipräsident Stefan Müller fest. Zeugen der Tat werden gesucht. Die Jugendlichen flüchteten laut Polizei unmittelbar.
Mensch stürzt im Frankfurter Ostend von Balkon
Insgesamt gab es in Frankfurt zwischen 20 und 6 Uhr 499 Einsätze, wie die Feuerwehr angab - 176 davon wegen eines Brandes. In einem Hochhaus in Niederrad zum Beispiel brach kurz vor Mitternacht auf einem Balkon im 13. Stock aus noch ungeklärter Ursache ein Feuer aus.
Gegen 4 Uhr früh wurde die Feuerwehr zu einem größeren Rettungseinsatz im Ostend gerufen: Ein Mensch war aus dem dritten Stockwerk von einem Balkon gestürzt und auf ein Vordach gefallen. Wie es dazu kam und wie schwer die Person verletzt wurde, teilte die Feuerwehr nicht mit.
Eiserner Steg in Frankfurt zwischenzeitlich gesperrt
Wie die Polizei weiter meldete, wurde zum Teil auch in Feuerwerk-Verbotszonen geböllert - zum Beispiel auf der Zeil. Am Mainufer hingegen war das Zünden von Raketen und Knallkörpern erlaubt. Verboten war das Böllern konkret auf dem Eisernen Steg, auf der Zeil, an der Konstablerwache und an der Hauptwache.
Am Eisernen Steg mussten die Einsatzkräfte bereits vor Mitternacht den Zugang auf die Fußgängerbrücke über den Main zeitweise sperren, weil der Andrang so groß war. Auch der Holbeinsteg war zwischenzeitlich für weitere Passanten gesperrt.
Am Platz vor der Frankfurter Paulskirche versammelten sich gegen Mitternacht so viele Menschen, dass die Polizei die angrenzende Berliner Straße für den Verkehr für rund 90 Minuten sperren musste.
Menschen seien vereinzelt in Frankfurt durch Feuerwehrskörper verletzt worden. Konkretere Angaben machte die Polizei Frankfurt zunächst nicht.
Über 280 Feuerwehreinsätze in Wiesbaden
Die Feuerwehr Wiesbaden meldete eine "herausfordernde Silvesternacht". Allein in der Landeshauptstadt rückte die Feuerwehr zwischen Silvestermorgen und Neujahrsmorgen zu insgesamt 284 Einsätzen aus.
In einem Mehrfamilienhaus in der Innenstadt brach im fünften Obergeschoss aus noch ungeklärter Ursache ein Feuer aus. Verletzt wurde niemand, der entstandene Schaden liegt bei rund 100.000 Euro. Außerdem löschte die Feuerwehr brennende Mülltonnen, zahlreiche Feuerwerksbatterien und Brände auf Terrassen und Balkonen.
Im Stadtteil Dotzheim griff ein Feuer von einer Terrasse auf die dazugehörige Wohnung über. Die Feuerwehr löschte den Brand, die Wohnung ist nicht mehr bewohnbar.
Insgesamt meldete die Feuerwehr in der Landeshauptstadt 40 Brände. Meist seien Mülltonnen und Feuerwerksbatterien zu löschen gewesen. Deutlich mehr in Anspruch nahmen die Einsatzkräfte die insgesamt 230 Rettungsdiensteinsätze in der Silvesternacht. Dabei ging es oft um "kleinere Verletzungen durch Feuerwerkskörper", wie die Feuerwehr schrieb. Kurz vor Mitternacht gab es außerdem einen schweren Verkehrsunfall auf der A66 beim Wiesbadener Kreuz mit sieben Verletzten.
Gruppe Jugendlicher greift Feuerwehr an
In Viernheim (Bergstraße) hinderte eine große Gruppe Jugendlicher die Feuerwehr an der Arbeit und griff diese an. Wie ein Sprecher der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt auf Facebook nach eigenen Angaben mitteilte, schossen auf dem Apostelplatz junge Menschen aus einer bis zu 60-köpfigen Gruppe heraus Böller und Raketen in Richtung eines Löschfahrzeugs. Verletzte gab es laut Polizei nicht.
In der Nähe des Platzes hatte es nach Angaben der Feuerwehr mehrere kleinere Brände gegeben. Erst durch "massiven" Polizeischutz konnten die sechs Feuerwehrkräfte ihrer Arbeit nachgehen, wie der Sprecher erklärte. Über Verletzungen und Festnahmen war am Morgen nichts bekannt.
Gegen 0.40 Uhr kam es in Viernheim zudem zu einem Unfall mit zwei Leichtverletzten. Ein betrunkener Autofahrer fuhr laut Polizei zwei Fußgänger an, fuhr davon und rammte mehrere Fahrzeuge bei seiner Flucht. Die Polizei stoppte den Autofahrer wenig später.
Feuerwehr in Darmstadt bei Balkonbrand attackiert
In Südhessen kam es innerhalb von zwei Stunden zu 30 Bränden, wie das Polizeipräsidium in Darmstadt mitteilte. "Die meisten sind durch Feuerwerk entstanden", sagte ein Sprecher am Morgen. In einzelnen Fällen gab es auch laut Polizei Angriffe auf Einsatzkräfte.
In Darmstadt-Kranichstein wurde die Feuerwehr in der Silvesternacht zu einem Balkonbrand durch einen "verirrten Feuerwerkskörper" gerufen, der auf die Wohnung überzugreifen drohte. Die Einsatzkräfte wurden nach dem Eintreffen gezielt mit Feuerwerkskörpern beschossen. Verletzt wurde niemand, allerdings konnte der Einsatz "nur verzögert abgearbeitet werden". Die Polizei schätzte den entstandenen Schaden auf rund 30.000 Euro. Außerdem brannten Container, Mülleimer und Gebüsche.
Brand mit mehreren hunderttausend Euro Schaden
Einen noch höheren Schaden verursachte eine Rakete in Lautertal (Bergstraße): Dort fing zuerst eine Garage Feuer, später griffen die Flammen auf ein Wohnhaus über. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei hatte ein Feuerwerkskörper den Brand entfacht. Der entstandene Schaden liegt laut Polizei bei mehreren hunderttausend Euro.
Für einen ähnlich hohen Schaden sorgte ein Feuer in Michelstadt (Odenwald) im Stadtteil Stockheim: Dort geriet eine Gaststätte gegen 3.45 Uhr in Vollbrand. Verletzt wurde dabei niemand.
Polizist in Hadamar angegriffen
Aus dem Kreis Limburg-Weilburg meldete die Polizei einen Angriff auf eine Streifenwagen-Besatzung am Neujahrsmorgen: Ein betrunkener 36-Jähriger sei in Hadamar nach einem Notruf am Einsatzort zunächst mit einem Kleinkind auf dem Arm auf ein Polizeiauto gesprungen und habe gegen die Windschutzscheibe getreten.
Nachdem er vom Auto gestiegen sei, habe er auf einen Polizisten eingeschlagen. Der Mann wurde festgenommen, das Kleinkind wurde unversehrt der Mutter übergeben. Den Anlass des Notrufs nannte die Polizei nicht.
In Weilmünster-Wolfenhausen brannte es kurz nach Mitternacht zwischen einem Einfamilienhaus und einer Scheune, wie die Polizei mitteilte. Als Ursache wird eine herabfallende Feuerwerksrakete vermutet. Der Brand wurde gelöscht, der Schaden wird auf rund 10.000 Euro geschätzt.
Mann in Gießen mit Stichen schwer verletzt
In Gießen war die Feuerwehr auf einer Baustelle immer wieder im Löscheinsatz: Nachdem dort aus noch ungeklärter Ursache ein Rohbau gegen 18.40 Uhr am Silvesterabend Feuer fing, keimten die Glutnester dort immer wieder auf, sagte ein Sprecher der Polizei am Nachmittag des 1. Januar. Die Höhe des entstandenen Schadens war noch unklar - ebenfalls, ob das Feuer durch eine Rakete ausgelöst wurde.
Ein 28-Jähriger wurde am Neujahrsmorgen in der Gießener Innenstadt durch Stiche in den Oberkörper schwer verletzt. Er war am Donnerstag nach einer Operation außer Lebensgefahr, wie die Polizei mitteilte. Der Mann und eine Freundin waren aus einer Gruppe heraus mit Silvesterraketen beschossen worden. Als der 28-Jährige die mutmaßlichen Schützen zur Rede stellen wollte, wurde er niedergestochen. Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln wegen versuchter Tötung.
Insgesamt sprach die Polizei in Mittelhessen von einer "sehr stressigen Nacht" für die Einsatzkräfte. An Plätzen mit vielen Menschen sei es mitunter zu Körperverletzungen gekommen, auch die Feuerwehr sei zu zahlreichen Kleinbränden in der Region ausgerückt.
Verletzter und Brände im Rheingau-Taunus-Kreis
Im Rheingau-Taunus-Kreis wurde eine Person nach Angaben der Polizei durch einen Feuerwerkskörper schwer im Gesicht verletzt. Die Polizei meldete außerdem zwei Brände im Kreisgebiet:
In Bad Schwalbach warfen Unbekannte angezündete Böller in zwei Altkleidercontainer, in Taunusstein-Hahn entzündeten vermutlich drei Jugendliche mit Feuerwerkskörpern eine Mülltonne. Den Gesamtschaden schätzt die Polizei für beide Brände auf rund 6.000 Euro.
Brände und Faustschlag im Hochtaunuskreis
Für Bad Homburg und Usingen (Hochtaunuskreis) meldete die Polizei mehrere brennende Mülltonnen und Hecken in der Silvesternacht. Verletzt worden sei niemand. Ob es sich um Brandstiftungen handelt, werde ermittelt.
In Oberursel wurden laut Polizei am Neujahrsmorgen zwei Menschen durch Reizgas verletzt, einer von ihnen zudem durch einen Faustschlag. Der Täter flüchtete.
Steine auf Polizeiauto in Obertshausen geworfen
In Offenbach kam es nach Angaben der Feuerwehr zu mehreren kleineren Bränden etwa vom Mülleimern, Gebüschen und auf Balkonen. Verletzte gab es keine.
Nach Angaben des Innenministeriums griffen mehrere Menschen in Obertshausen (Offenbach) außerdem einen eintreffenden Polizeiwagen ein. Wie die Polizei schilderte, bildete eine etwa 50-köpfige Gruppe Menschen zunächst eine Kette aus Einkaufwagen auf einer Straße.
Als sich ihnen ein Polizeiauto näherte, warfen sie mit Steinen nach dem Wagen sowie weiteren Autos und schossen Feuerwerksraketen in ihre Richtung ab. Eine Ampel und eine Bushaltestelle wurden laut Polizei beschädigt. Verletzt wurde niemand, der Schaden liegt insgesamt bei rund 23.000 Euro.
Polizei schützt Feuerwehr in Hanau
Auch in Hanau wurden in der Silvesternacht Feuerwehrleute angegriffen. Die Feuerwehr war am Neujahrsmorgen zu insgesamt elf Einsätzen gerufen worden, wie ein Sprecher am Mittwoch mitteilte. Es brannten unter anderem Müllcontainer, Altkleidercontainer, Hecken und benutzte Feuerwerksbatterien.
Bei einem dieser Einsätze sei Personal der Berufsfeuerwehr attackiert worden, die Polizei habe für Sicherheit sorgen müssen. "Glücklicherweise können wir mitteilen, dass wir keine Verletzten zu verzeichnen haben", heißt es in der Mitteilung der Feuerwehr.
In Bad Soden-Salmünster (Main-Kinzig) löste wohl ein Feuerwerkskörper ein sich rasch ausbreitendes Feuer aus. Nach Angaben der Polizei brannte nach Mitternacht erst ein Carport, doch von dort griff das Feuer auf eine Garage, auf ein Auto, eine angrenzende Gartenhütte und auf einen Carport samt Fahrzeug auf dem Nachbargrundstück über. Der Schaden: rund 150.000 Euro.
Böller explodiert, Rakete herabgestürzt
Auch in Nordhessen rückte die Polizei zu zahlreichen Einsätzen aus. Zwei Menschen wurden verletzt, wie die Einsatzkräfte angaben.
In Kassel stürzte eine Rakete auf eine Person herab. In Bad Arolsen (Waldeck-Frankenberg) erlitt ein Mann leichte Verletzungen, weil ein Böller in seiner Hand explodierte.
In Witzenhausen (Werra-Meißner) fuhr zudem ein Kastenwagen auf Feuerwehrleute zu, die auf der Werrabrücke einen Brand löschen wollten. Verletzte gab es nicht, die Polizei nahm einen Verdächtigen fest.
Ebenfalls in Witzenhausen geriet eine Mülltonne durch einen Feuerwerkskörper in Brand. Von dort griffen die Flammen auf ein Wohnhaus über. Die Höhe des Schadens war zunächst unklar. Die Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Brandstiftung.
In Osthessen meldete die Polizei einen "weitestgehend ruhigen Jahreswechsel". Die Einsatzkräfte seien überwiegend zu Ruhestörungen und Streitigkeiten ausgerückt. Die Feuerwehr löschte zudem mehrere kleine Brände, wie zum Beispiel von Altkleidercontainern und Mülleimern.
In Bad Hersfeld wurden außerdem Fensterscheiben einer Bushaltestelle zerstört.
Innenminister: Angriffe auf Einsatzkräfte "unerträglich"
Innenminister Roman Poseck (CDU) zeigte sich erleichtert über den "überwiegend friedlichen Jahreswechsel" in Hessen. Die Sicherheitskonzepte der Polizei hätten sich bewährt, teilte er am Neujahrsmorgen mit. Gleichzeitig kritisierte er die verschiedenen Angriffe auf Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst scharf.
Es sei "unerträglich", dass ausgerechnet diejenigen, die nicht Silvester feierten, sondern sich für Andere einsetzten, attackiert wurden. Poseck bekräftigte seine Forderung nach härteren Strafen bei Angriffen auf Einsatzkräfte. "Hier muss die ganze Härte des Rechtsstaats zugreifen", sagte er am Donnerstag dem hr. "Mir ist es auch wichtig, dass wir in Zukunft noch härter bestrafen." Es handele sich um "Angriffe auf uns alle".
Bundes- und hessische Landesregierung hatten im September Gesetzesinitiativen auf den Weg gebracht mit dem Ziel, das Strafmaß bei Angriffen auf Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdienst zu erhöhen.
Zugleich sei mehr Prävention wichtig, ergänzte Minister Poseck am Abend in der hessenschau. Bei den Tätern handele es sich überwiegend um "junge Männer, die den Staat kritisch sehen". Dagegen müsse mehr getan werden, möglicherweise auch gegen "fehlgeschlagene Integration", so Poseck.
Mehrere Tote an Silvester in Deutschland
Deutschlandweit kam es in der Silvesternacht zu mehreren Unglücken mit Feuerwerk und Böllern, bei denen mindestens fünf Menschen starben. Auch andernorts wurden abermals Rettungskräfte angegriffen - in den vergangenen Jahren hatten heftige Attacken auf Einsatzkräfte vor allem in Berlin eine Debatte um die innere Sicherheit an Silvester ausgelöst.