"Kein soziales Netzwerk mehr" Hanau löscht X-Account - auch andere hessische Städte besorgt

Nach der Übernahme von Twitter durch Elon Musk hat sich nicht nur der Name des Kurznachrichtendiensts verändert. Hanau hat die umstrittene Plattform X jetzt verlassen. Andere Städte in Hessen zögern - aber schielen bereits auf zwei Alternativen.

Jemand tippt mit dem Finger die App "X" auf dem Smartphone an.
Jemand tippt mit dem Finger die App X auf dem Smartphone an. Bild © Imago Images
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Bis vergangene Woche hielt die Stadt Hanau ihre Bürger und Bürgerinnen auch über den Kurznachrichtendienst X auf dem Laufenden - egal, ob Veranstaltungshinweise oder aktuelle Infos bei dem Fund von Weltkriegsbomben wie zuletzt Ende Oktober. Wer jetzt das Profil @brueder_grimm der Stadt aufruft, erhält eine Fehlermeldung.

"Dieser Account existiert nicht mehr", teilt die Plattform X mit, die vielen noch als Twitter geläufig ist. Die Stadt löschte ihren langjährigen Account. X/Twitter sei zwar nach der Übernahme durch den US-Investor und Tesla-Chef Elon Musk vor gut einem Jahr immer noch ein Netzwerk, "aber längst kein soziales mehr", erklärte Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD).

"Ort für Hetze und Desinformation"

Twitter-Nachfolger X sei ein "Ort für Hetze und Desinformation, ohne, dass die Plattformbetreiber dem Einhalt gebieten", betonte Kaminsky. Russland und die Terrororganisation Hamas würden X gezielt als "Propagandamedium" einsetzen. "Wir möchten nicht auf einem Netzwerk stattfinden, das Falschmeldungen, Kriegspropaganda und Hetze toleriert und als freie Meinungsäußerung deklariert." Mit der Übernahme durch Musk habe sich die Plattform verschlechtert, die Zukunft von X sei ungewiss, fasst es Hanaus OB zusammen.

Gegen abtrünnige US-Werbekunden teilte Elon Musk erst kürzlich kräftig aus: Er beschimpfte Firmen wie Disney, Coca Cola oder IBM, die als Reaktion auf antisemitische Posts von ihm ihre Werbeanzeigen auf seiner Plattform einschränkten.

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Das hat sich bei Twitter/X verändert

Seriöse Accounts sind seit der Musk-Übernahme schwerer zu erkennen, viele zuvor gesperrte Accounts wurden reaktiviert, der X-Algorithmus verändert sowie Mitarbeitende zur Prüfung kritischer Inhalte entlassen, wie tagesschau.de nach einem Jahr bilanziert. Das sogennante blaue Häkchen, das verifizierte und seriöse Accounts zuvor auswies, ist nun gegen Geld erhältlich. Das hat Einfluss auf die Diskussionskultur, denn verifizierte Accounts werden vom Algorithmus bevorzugt.

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Frankfurt reserviert Alternativ-Accounts

Wie auch Hanau ist die Stadt Frankfurt alarmiert über die Entwicklungen auf X, will zunächst jedoch bleiben, wie ein Sprecher auf hr-Anfrage sagte: "Wir beobachten die Lage natürlich auch kritisch, aber da wir keine Werbekunden sind, sondern als Staatsinstitution ja auch der Bürgerkommunikation verpflichtet sind, ist das eine Reichweite, die wir nicht einfach so ersatzlos abstellen können."

Twitter/X sei die älteste Social-Media-Plattform Frankfurts. Über 230.000 Menschen folgen dem Account @Stadt_FFM. Die Stadt habe entsprechende Accountnamen auf den als Twitter-Alternativen gehandelten Plattformen Mastodon und Bluesky installiert und vorerst so reserviert. Ohne die Kanäle aktiv zu bespielen. "Wir sehen noch nicht, dass die Plattformen schon die Größe oder die Relevanz haben", so der Sprecher.

Kritisches Feedback zum X-Verbleib habe die Stadt bereits über den Mängelmelder erreicht. "Aktuell gibt es tatsächlich eine Anfrage, warum wir noch auf X sind und, ob wir planen Twitter oder X zu verlassen."

Wiesbaden prüft andere Kanäle, Gießen "kritisch"

In der Wiesbadener Stadtverwaltung werden derzeit ebenfalls alternative Kanäle zu X geprüft. Auf der Plattform werde es immer schwieriger, einen großen Kanal kostenlos zu verwalten, kritisierte ein Sprecher. So sei das Online-Tool "Tweetdeck" (jetzt X Pro) nach der Übernahme inzwischen kostenpflichtig. Mit Tweetdeck/X Pro können verschiedene Account-Aktivitäten individualisiert mit Listen beobachtet werden.

Auch in Gießen ist die Stadt skeptisch. "Wir beobachten die weitere Entwicklung kritisch", teilte die Pressestelle mit. Entscheidend für die Informationsarbeit seien die Nutzungszahlen, weshalb die Aktivität "deshalb (noch) nicht" eingeschränkt werden könne. "Aber auch wir diskutieren, welche Plattformen neben den bestehenden, zusätzlich für eine gute Bürgerkommunikation genutzt werden können."

In Offenbach ist bislang kein Twitter/X-Ausstieg geplant, wie ein Sprecher der Stadt mitteilte. Die Entwicklung rund um die neue Ausrichtung unter Elon Musk werde jedoch "sehr aufmerksam" beobachtet. In Abhängigkeit der weiteren Entwicklung und der Nutzung von X behalte sich die Stadt den Schritt "ausdrücklich" vor.

Darmstadt äußerte sich ähnlich - Veränderungen in der Social-Media-Präsenz stünden nicht an, würden aber nicht ausgeschlossen, schrieb ein Stadtsprecher.

Andere Städte haben sich bereits abgewendet

Kassel hingegen nutzt X nach eigenen Angaben bloß noch in Notfallsituationen. Dabei werde es bleiben, teilte ein Sprecher mit. Auch Rüsselsheim nutzt seinen X-Account nur noch "sehr sporadisch", wie eine Sprecherin erklärte. "Weder findet sich dort in nennenswerter Zahl unsere Zielgruppe, noch heißen wir die aktuell zu beobachtende Entwicklung gut."

Marburg hat die Aktivität auf Twitter/X nach eigenen Angaben bereits vor der Musk-Übernahme deutlich heruntergefahren und auf Instagram und Facebook fokussiert. Eine Wiederbelebung scheide aus, sagte eine Sprecherin. Auch Fulda nutzt den städtischen Account nicht mehr.

Hanau ist jetzt auf Mastodon

Die Stadt Hanau hat den Schritt gewagt - ihr X-Account liegt nicht brach, sondern ist seit Ende November gelöscht. Stattdessen ist Hessens kleinste Großstadt bereits auf der Alternativ-Plattform Mastodon mit einem aktiv bespielten Profil zu finden - und auch ein Bluesky-Profil wird nach Angaben der Stadt derzeit geprüft. Anders als bei X ist Hanaus Reichweite auf Mastodon mit rund 120 Followern allerdings noch verschwindend gering.

Quelle: hessenschau.de