Herbstein nach dem 400.000-D-Mark-Fund Fragen, Spekulationen und ein ungelöstes Rätsel

Ein Paar entdeckt beim Entrümpeln seines neu gekauften Hauses 400.000 Mark. Woher stammt das Geld? Wer war der Vorbesitzer? Während die Fragen sich häufen, versucht die Bürgermeisterin, den Trubel zu beruhigen.

Eine Frau steht vor einem Haus und blickt in die Kamera.
Corinna Böhnlein wohnt unweit des Hauses, in dem die 400.000 D-Mark beim Entrümpeln gefunden wurden. Bild © Jörn Perske (hr)

Das ominöse Haus, das derzeit Gesprächsthema ist, kennt die ganze Nachbarschaft in Herbstein (Vogelsberg). "Bruchbude" nennen es manche - und beim Entrümpeln wurde ein riesiger Batzen Bargeld darin gefunden: knapp 400.000 D-Mark.

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Für die neuen Eigentümer war es allerdings kein Geldsegen. Weil das Ehepaar versuchte, die Herkunft des Fundes zu verschleiern, um es zu behalten, kassierte es in einem Gerichtsverfahren hohe Geldstrafen. Die Geschichte ist nun Gesprächsthema in Herbstein. Auch Nachbarin Corinna Böhnlein findet sie faszinierend und filmreif.

"Endlich mal was los"

"Als ich davon hörte, dachte ich mir: Endlich mal was los in Herbstein. Außer Karneval ist ja hier nicht viel", sagt die Frau, die in Sichtweite des Hauses wohnt, in dem sich Aufsehenerregendes zugetragen hat.

Nach dem Tod des Vorbesitzers kaufte ein Ehepaar das Grundstück samt Haus. Sie wollten alles wieder herrichten, merkten aber schnell: Das wird viel Arbeit und ins Geld gehen. Da kam es gelegen, dass das Paar beim Entrümpeln knapp 400.000 Mark in einem Nachttisch entdeckte. Die Scheine befanden sich in Kaffee- und Gebäckverpackungen - aus dem Jahr 1996.

Mehr als 10.000 Euro Geldstrafe

Das Paar fasste nach späteren Angaben vor Gericht den Plan, das Geld in einem Fundbüro abzugeben, um es sich später wieder abholen zu dürfen, wenn es niemand vermisst. Dafür fuhren sie nach Bielefeld. Doch das dortige Fundbüro schickte das verdächtige Paar zur Polizei.

Am Ende mussten sich die Eheleute unter anderem wegen Unterschlagung in einem Prozess am Amtsgericht Bielefeld verantworten und wurden zu Geldstrafen von zusammengerechnet mehr als 10.000 Euro verurteilt.

Das Paar legte auch umfassende Geständnisse ab und zeigte Reue, wie das Gericht mitteilte. Alles sei ein "katastrophaler Fehler" gewesen, räumten die Angeklagten ein. Die Staatsanwaltschaft unterstellte ihnen aber eine gewisse "kriminelle Energie".

Paar machte in Herbstein einen guten Eindruck

"Das deckt sich nicht mit meinem Eindruck", sagt ein Herbsteiner, der namentlich nicht in Erscheinung treten will, das Paar aber kennt. "Das sind anständige und bodenständige Menschen, die sich in Vereinen engagieren. Die sind - meines Wissens - noch nie negativ in Erscheinung getreten."

Herbstein ist ein kleiner Ort im Vogelsberg mit weniger als 5.000 Einwohnern. Nur wenige wollen öffentlich mit den Medien über die kuriose Geschichte sprechen. Dabei hat diese viele Fragen aufgeworfen. Auch Corinna Böhnlein findet es rätselhaft: "Da hätte der Vorbesitzer doch mal Geld in sein Haus investieren können, wenn er soviel daheim hat." Woher kam das viele Bargeld?

Diese Frage stellen sich auch die Ermittler. Sie gingen nach dem mysteriösen Geldfund davon aus, dass die hohe Summe Bargeld nicht auf legalem Wege zusammengekommen und bei dem Mann gelandet sein könnte. Allerdings konnten sie nach eigenen Angaben keine Straftat herausfinden und belegen, wie das Gericht mitteilte.

"Eigenbrötler" lebte zurückgezogen

Der Vorbesitzer des Hauses wohnte dort zusammen mit seiner Mutter, wie Nachbarn berichten. Nach dem Tod der Mutter starb auch er vor einigen Jahren. "Es hieß, dass er ein Eigenbrötler war und zurückgezogen für sich lebte", berichtet Nachbar Manfred Kunz.

"Man hat sich im Ort erzählt", sagt Kunz, "dass er sogar Wasser und Strom abstellen lassen wollte, um Geld zu sparen." Und das obwohl er daheim offenbar haufenweise Geld hortete?

Das Grundstück ist nach dem Tod des alten Hausbesitzers vor einigen Jahren nach und nach verfallen. "Es sah schlimm aus. Bei dem ganzen Gestrüpp hat man vom Haus fast gar nichts mehr gesehen", sagt Corinna Böhnlein. Man habe befürchtet, dass es irgendwann einstürze.

Gedanken über die große Versuchung

Auch aktuell vermittelt das Haus mit seinem großen Vorgarten einen trostlosen Eindruck. Vor dem Haus steht ein Baugerüst, im Vorgarten liegt ein Mix aus Erdaushub, Unrat, Sperrmüll, Werkzeug und Baumaterial. Neben der Frage, ob und wann in dem Haus jemals jemand einzieht, fragen sich die Nachbarn auch: Wie hätte ich entschieden, wenn ich an der Stelle des Paares knapp 400.000 Mark in einem Nachttisch gefunden hätte?

"Das ist schwierig", gibt Nachbar Manfred Kunz zu. "Wenn man das Geld vor sich sieht, ob man da nicht in Versuchung kommt. Nach etwas Nachdenken, meint er, müsse man aber zu dem Schluss kommen: "Das gebe ich mal lieber ab."

Womit er beim Was-wäre-wenn eine goldrichtige Entscheidung getroffen hätte. Alles andere wäre Fundunterschlagung. Denn selbst beim Kauf eines Hauses darf man solch einen hohen Geldfund nicht automatisch sein Eigen nennen.

Geldwäscheverdacht bei hohen Geld-Funden

Herbsteins Bürgermeisterin Astrid Staubach (parteilos) wollte zu dem aufsehenerregenden Fall kein Interview geben, sondern nur schriftlich Fragen beantworten. Sie hinterließ den Eindruck, als wolle sie den Rummel beruhigen, der rund um den spektakulären Geldfund entstanden ist. Zum "Schutz der Privatsphäre" wolle sie keine detaillierten Angaben zum Fall machen, so Staubach.

Hätte sich das Ehepaar ans Fundbüro in Herbstein gewandt, teilt die Bürgermeisterin mit, dann wäre es - genau wie in Bielefeld - aufgefordert worden, die Polizei zu verständigen und zudem den Notar zu informieren, der mit dem Hausverkauf befasst war. Weil bei solchen Summen auch der Verdacht der Geldwäsche bestehen könne, sei der Weg zur Polizei unumgänglich gewesen.

Aufgefallen wäre der hohe Geldbetrag auch im Alltag des Herbsteiner Fundbüros bestimmt: Für gewöhnlich würden dort Geldbeutel, Schlüssel, Ausweispapiere, Regenschirme oder Bekleidung abgeben, zuweilen auch Fahrräder oder Roller. Der höchste Bargeld-Betrag belief sich zuletzt auf 175 Euro.

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Was bei Fundsachen zu beachten ist

Zum Prozedere bei Fundsachen erklärte die Herbsteiner Bürgermeisterin: Grundsätzlich müssen sie im Fundbüro abgegeben werden, wenn ihr Wert zehn Euro übersteigt. Fundsachen werden für sechs Monate aufbewahrt. Ein Geldbetrag stehe frühestens nach sechs Monaten dem Finder zu. Vorher werde geprüft, ob eine Straftat oder ein Geldwäscheverdacht im Raum steht.

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Quelle: hessenschau.de