Unwetterwarnung verlängert Hochwasserlage angespannt - Mann mit Schlauchboot gerettet
Das Hochwasser ist zurück in Hessen: Mehrere Flüsse sind über die Ufer getreten. Regional gelten weiterhin Unwetterwarnungen. In Fulda musste ein Mann aus dem Wasser gerettet werden.
Mit Meldungen über Hochwasser und Dauerregen hat das Jahr 2023 geendet - und so geht das neue Jahr weiter: Seit Dienstag regnet es überall in Hessen nahezu durchgehend. In Mittel- und Osthessen gelten inzwischen teils bis Freitagmorgen Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) wegen des anhaltenden Dauerregens.
Mehrere Pegelstände in Osthessen überschritten am Mittwochmorgen zwischenzeitlich die Meldestufe 3 - darunter die Pegel Kämmerzell und Bronnzell an der Fulda sowie Pegel an den Zuflüssen Fliede und Lüder. Am Mittag erreichte auch die Lahn bei Marburg die dritte Meldestufe.
Diese ist die höchste Meldestufe, die das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) vergibt. Sie entspricht laut Definition einem außergewöhnlichen Hochwasser. Elf andere Pegelstände in Hessen erreichten am Mittwochvormittag die Meldestufe 2 des HLNUG. An mehr als 20 Stellen wurden Pegelstände der Meldestufe 1 gemessen.
Die aktuellen Pegelstände zeigt unsere Hochwasser-Karte:
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Rettung per Schlauchboot in Fulda
In Fulda waren nach Angaben der Stadtverwaltung rund 50 Feuerwehrleute wegen des Hochwassers im Einsatz. Mehrere Straßen sowie Rad- und Fußwege seien gesperrt worden. Im Bereich Johannisau/Hornungsbrücke habe ein Mann von der Feuerwehr per Schlauchboot aus dem Hochwasser gerettet werden müssen. Er habe sich in dem mehr als knietiefen, mit starker Strömung fließenden Wasser nicht mehr fortbewegen können, sich an einem Baum festgehalten und um Hilfe gerufen.
Gegen Mittag habe sich die Lage im Stadtgebiet durch sinkende Pegelstände etwas entspannt. Allerdings könne wegen möglicher neuer Niederschläge in Rhön und Vogelsberg noch keine Entwarnung gegeben werden, hieß es am frühen Mittwochnachmittag weiter.
In Reinheim (Darmstadt-Dieburg) berichtete eine Schäferin von zwei ertrunkenen Schafen. Weil die Gersprenz über die Ufer gereten sei, habe das Wasser hüfthoch auf ihrer Weide gestanden.
Überschwemmung auf der A5
Auf der A5 zwischen Friedberg und Bad Homburg wurde am Mittwochmorgen ein Fahrstreifen wegen Überschwemmung gesperrt. In Fahrtrichtung Frankfurt konnte die linke Spur nicht befahren werden. Am Mittwochnachmittag war das Wasser abgepumpt, die Sperrung sollte nach Angaben der Autobahnpolizei aber noch bis Donnerstagabend dauern.
Hessen Mobil teilte am Mittwoch mit, auf Bundes-, Landes- und Kreisstraßen könne es wegen überfluteter Fahrbahnen kurzfristig zu weiteren Sperrungen kommen. Die Straßenmeistereien seien im Dauereinsatz.
ADAC warnt vor unterspülten Straßen
Vollgesperrt wurden demnach zwischenzeitlich die L3387 zwischen den Marburger Ortsteilen Haddamshausen und Hermershausen sowie die L3359 am Heuchelheimer See. Aufgrund eines drohenden Hangrutsches muss zudem die L3054 bei Weilmünster (Limburg-Weilburg) gesperrt werden.
Der ADAC riet Autofahrern in den betroffenen Regionen zu besonderer Vorsicht. Wer in Überflutungsgebieten mit dem Auto unterwegs sei, sollte seine Route mit Bedacht wählen, teilte der Autoclub mit. Gefahrengebiete sollten möglichst gemieden werden - Straßen könnten unterspült sein und plötzlich wegbrechen. Tiefe Pfützen oder überflutete Unterführungen könnten für Autofahrer ebenfalls gefährlich werden.
Bis zu 80 Liter pro Quadratmeter
Binnen 24 Stunden wurden laut HLNUG bis Mittwochvormittag in Grebenhain im Vogelsberg 72 Liter pro Quadratmeter Niederschlag gemessen. "Das ist fast so viel, wie es normalerweise im Januar in einem ganzen Monat regnet", erklärte hr-Meteorologe Tim Staeger. Auch in Westhessen wurden mancherorts bis zu 80 Liter pro Quadratmeter erwartet.
hr-Wetterexperte Stefan Laps sprach von einem 20-jährlichen Hochwasser: "Das ist etwas, das wir nur alle paar Jahrzehnte erleben."
Pegelstände steigen wieder
Schon wie in den vergangenen Wochen verschärfe sich damit wieder die Hochwasserlage. "Die Böden haben keine Aufnahmekapazität mehr, sodass das Wasser sofort in Bäche und kleineren Flüsse abfließt und mit etwas Verzögerung dann auch die Pegel von größeren Flüssen wieder steigen lässt", sagte Meteorologe Staeger. Steigende Pegelstände an Rhein und Main seien am Donnerstag und Freitag zu erwarten.
"Licht am Ende des Tunnels"
Grund für den anhaltenden Dauerregen sei ein besonders fest eingefahrener Westwind-Strom, der Tiefdruckgebiete vom Atlantik aus "wie über eine Autobahn nach Europa" bringe, so Staeger.
Dauerregen und steigende Wasserstände seien zwar nicht unüblich für die Jahreszeit, erklärte hr-Meteorologe Stefan Laps. "Es ist aber ungewöhnlich, dass wir seit Oktober durchgehend eine ähnliche Wetterlage haben: Es sind immer wieder Tiefdruckgebiete unterwegs, die kräftigen Regen bringen - über Wochen und Monate hinweg". Der Dezember sei deutlich zu nass gewesen, und auch der Januar könne sich dahin entwickeln, so Laps.
"Es gibt aber ein Licht am Ende des Tunnels", machte Staeger Hoffnungen auf ein Ende des Dauerregens. "Ab dem Wochenende scheint sich die Großwetterlage umzustellen und der richtige Winter kommt zurück." Dann werde es wieder deutlicher trockener und kälter, möglicherweise mit Frost und etwas Schnee.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 03.01.2023, 19.30 Uhr
Redaktion: Pia Stenner, Marcel Sommer, Julian Moering