Auf Hockenheim-Rennstrecke So schnell raste ein Elektro-Bobbycar zum Weltrekord
Ein Fuldaer Elektrotechnik-Student hat ein Kinderspiel-Auto in eine Rennmaschine verwandelt. Auf einem Bobbycar mit Elektroantrieb stellte er auf dem Hockenheimring einen Weltrekord auf. Nicht nur die alte Bestmarke war pulverisiert, sondern auch die Sohle seiner Schuhe.
Was Rekord-Jäger Marcel Paul mit Spielzeug-Autos veranstaltet, ist alles andere als Kinderkram. Der Fuldaer Elektrotechnik-Student hat mit einem umgebauten Bobbycar mit Elektroantrieb einen Weltrekord aufgestellt. Auf dem Hockenheimring (Baden-Württemberg) raste der 31-Jährige am Donnerstagabend mit einer Spitzengeschwindigkeit von 148,45 Stundenkilometern über die Rennstrecke.
"Das ist absolut geil. Ich bin überglücklich, dass es geklappt hat", sagte Paul nach der rasanten Rekord-Fahrt auf einem für ihn gesperrten Streckenabschnitt.
Vom Rekord-Institut zertifizierte Bestleistung
Der Bobbycar-Pilot bekam gemeinsam mit seinem Freund, Technik-Tüftler und Kommilitonen David Reimund eine Urkunde vom Rekord-Institut für Deutschland. Das RID zertifizierte die Bestleitung offiziell durch eine Mitarbeiterin.
Mit 148,45 km/h pulverisierte Paul auch den bisherigen Spitzenwert, der laut Guinness-Buch der Rekorde bei 66 km/h lag. Als Mindestanforderung für einen neuen Weltrekord hatte das Rekord-Institut dann 70 km/h festgelegt. Für Paul kein Problem – er war mal eben mehr als doppelt so schnell.
Power aus einer Rennboot-Batterie
Bei seinem Wettkampf gegen die Uhr ging es aus der stehenden Startposition los. Über einige hundert Meter durfte Paul Tempo aufbauen, ehe die Messanlage seinen Top-Speed in einem 100 Meter langen Korridor registrierte. Die Power bezog Paul aus einer zwölf Kilogramm schweren Lithium-Ionen-Batterie, die normalerweise für Rennboote genutzt wird und nun im Fahrgestell des Bobbycars verbaut war.
Da das Elektro-Bobbycar keine Bremsen hat, musste Paul danach, wie immer bei seinen rasanten Fahrten, mit den Schuhen bremsen. Durch den Abrieb der Gummisohlen roch es an der Rennstrecke massiv nach verbranntem Kunststoff – und das Paar Turnschuhe war mal wieder hin.
Nicht der erste Bobbycar-Weltrekord
Das sind für Paul die üblichen Kollateralschäden, die es hinzunehmen gilt. Für den passionierten Bobbycar-Fahrer aus Gedern (Wetterau) war es auch nicht der erste Weltrekord. Im vorigen Sommer stellte er bereits zwei Bobbycar-Bestmarken auf – allerdings ohne Elektro-Antrieb.
Im Vogelsberg raste er eine abgesperrte Landstraße hinab. Mit einem klassischen Bobbycar erreichte er 106,01 Stundenkilometer. Und mit einem eigens für den Rennsport umgebauten Bobbycar sogar 132,72 km/h, wie das Rekord-Institut bei den Fahrten im Mai 2022 festhielt.
Probefahrt auf dem Radweg
Dass es auch diesmal bei seinem neuen Projekt klappen dürfte, hatte sich in den vergangenen Monaten der Vorbereitung angedeutet. Der Konstruktionsprozess lief ohne größere Probleme. Und bei den Probefahrten zeigte sich dann das ganze Potenzial seiner Rennmaschine. Die testete er auf einem nicht befahrenen Radweg und merkte, wie sich der Turbo unterm Hintern anfühlt: "In rund zehn Sekunden auf Tempo 100. Da bekomme ich das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht."
Die jüngste Weltrekordfahrt hat für Paul auch einen seriösen Hintergrund. Er begleitet das Projekt im Rahmen seines Studiums mit einer wissenschaftlichem Abhandlung. Deswegen waren auch Vertreter der Hochschule Fulda aufmerksame Beobachter des kuriosen Events auf dem Hockenheimring.
"Erstmal einen Gang runterschalten"
Ebenso dabei waren auch Firmen und Sponsoren, die den Studenten mit Material, Maschinen zur Herstellung und Knowhow unterstützen. Auch Familie und Freunde waren vor Ort, drückten erst die Daumen und ließen dann die Korken von Champagner-Flaschen knallen.
Als Paul seinen Triumph am Abend auskostete und zur Ruhe kam, wollte er aber (erstmal) keine weiteren Gedanken an neue Rekordfahrten verschwenden. "Ständig solche Großprojekte, nein – das kann ich auch meiner Freundin nicht zumuten. Jetzt schalte ich erstmal einen Gang runter."
Sendung: hessenschau, hr-fernsehen, 10.08.2023, 19.30 Uhr
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