Viele Kerzen, die leuchtend auf einem Straßenboden stehen.

Transparenz statt verschlossener Türen: Das Darmstädter Landgericht hat die Öffentlichkeit die ganze Brutalität des 15 Jahren alten Obdachlosen-Mörders spüren lassen. Die Prozessführung war vorbildlich für eine oft gescholtene Justiz.

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15-Jähriger erhält Höchststrafe wegen Mordes an Obdachlosem

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Abscheulich, unmenschlich, gefühlskalt - das sind nur einige der Adjektive, die der Vorsitzende Richter Marc Euler am Freitag bei der Urteilsbegründung im Darmstädter Obdachlosen-Mordprozess am Landgericht verwendete.

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Portrait von Julian Möring in einem Kreis. Daneben steht "Meinung".

Julian Moering
Redakteur hessenschau.de

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Der 15-jährige Hauptangeklagte wurde des Mordes schuldig gesprochen und bekam die Höchststrafe. Zehn Jahre muss der Jugendliche in Haft, und wer das Video der brutalen Tötung gesehen hat, wird zustimmen: Das ist richtig so. Überhaupt haben Richter und Gericht viel richtig gemacht in diesem Prozess.

Rechtssprechung vor den Augen der Öffentlichkeit

Die Reaktionen der Öffentlichkeit auf den Tod des Obdachlosen Andreas N. waren sehr emotional, das Verlangen nach Gerechtigkeit groß. Die Entscheidung des Richters, die Türen des Landgerichts zu öffnen und den Prozess in großen Teilen öffentlich zu führen, war unter diesen Vorzeichen eine kluge.

Ebenso die Entscheidung, die grausamen Aufnahmen der Überwachungskameras öffentlich zu zeigen. Der Richter hätte ob der Minderjährigkeit des Angeklagten auch Spielraum gehabt, die Öffentlichkeit vom Prozess ganz auszuschließen.

Er tat es nicht, und somit hatten Interessierte die Möglichkeit, das Geschehene in vollem Ausmaß nachzuvollziehen, es wurde nichts zurückgehalten oder gar beschönigt. Wer auf den Zuschauerplätzen des Landgerichts saß, bekam die volle Wucht des abartigen Mordes, aber auch die Gleichgültigkeit und Gefühlskälte des jungen Täters zu spüren. Eine Transparenz, die wehtut, in einem solchen Fall aber dringend geboten ist.

Die Zuschauer wurden auch Zeugen davon, dass die in dieser Hinsicht oft gescholtene Justiz in der Lage ist, mit voller Härte durchzugreifen, wenn es erforderlich ist. Richter Euler ließ keine Zweifel daran aufkommen, wie er den Mord einordnet: "Wir haben in dieser Kammer schon viel gesehen, aber dieses Ausmaß an Gewalt und Unbarmherzigkeit war selbst für uns Neuland." Der Angriff sei einer "Hinrichtung" gleichgekommen.

Die Tat steht im Mittelpunkt

Die Tat und das Opfer standen bei der Bewertung durch das Gericht stets im Mittelpunkt. Die Vorgeschichte des Täters mit seiner Migrationsgeschichte und der Gewalt in der Familie waren Thema im Prozess, dienten dem Richter aber zu keiner Zeit als Erklärung oder gar Entschuldigung. Der Täter sei "ein gefährlicher junger Mann", vor dem die Öffentlichkeit geschützt werden müsse.

Mit dem Verhängen der Höchststrafe hat die Justiz ein deutliches Signal an diese Öffentlichkeit gesendet: Wir haben die Abscheulichkeit der Tat erkannt und durchgegriffen. Oder wie Richter Euler sagte: "Das Urteil ist Sühne und gerechter Schuldausgleich." Das dürften die Anwesenden im Gerichtssaal auch so empfunden haben.

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